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Pionierinnen der IT: Das Programmiererinnenteam des ENIAC

Teil 3 unserer kleinen IT-Geschichte: Annette Pohlke beschäftigt sich mit dem ersten elektronisch programmierbaren Großrechner ENIAC – und wie sechs Frauen ihn dazu weiterentwickelten. P.S.: Hier gibt es Teil 1 zu Ada Lovelace und Teil  2 zu Grace Hopper.

Zu den frühen, heute legendären Computern, gehört ENIAC – der Electronic Numerical Integrator and Computer. ENIAC wurde ab 1942 aus knapp 18.000 Elektronenröhren, 1500 Relais, 7200 Dioden, 70.000 Widerständen und 10.000 Kondensatoren gebaut und war mit einem Gewicht von rund 30 Tonnen wahrlich ein Großrechner (beeindruckende Bilder auch hier).

Blick auf einen Teil des ENIACs. Rechts vorn im Bild ist Elizabeth Holberton (geb. Snyder). (Bild: Wikimedia Commons)

Blick auf einen Teil des ENIACs. Rechts vorn im Bild ist Elizabeth Holberton (geb. Snyder). (Bild: Wikimedia Commons)

Das erste Programmiererteam für den ENIAC bestand ausschließlich aus Frauen. Dies mag zuerst überraschen, hatte seinen Grund aber darin, dass diese Erfahrung mit der Aufgabe hatten, für die ENIAC ursprünglich gebaut wurde: Sie rekrutierten sich nämlich aus einer Gruppe Mathematikerinnen, die während des 2. Weltkrieges an der Moore School of Electrical Engineering im Auftrag der US-Armee für Flugbahnberechnungen eingesetzt worden waren. Und genau dies sollte ENIAC maschinell erfüllen.

ENIAC – Aufbruch in ein neues Zeitalter

Mit ballistischen Rechnungen und der Arbeit an Rechenmaschinen waren die Frauen also bereits vertraut. Die Arbeit mit ENIAC, zu der sechs der Frauen ausgewählt wurden, war aber etwas ganz anderes: Ihre erste Aufgabe war es, an Hand der Entwürfe auszutüfteln, wie der Rechner verschaltet werden musste, um dieselbe Aufgabe zu lösen, die bisher manuell mit Rechenmaschine und Papier von Menschen gelöst wurde. Dabei konnten sie anfangs noch nicht einmal an der Maschine selbst arbeiten.

Ein reines Frauenteam

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Kathleen Antonelli, auch bekannt unter Kay McNulty (Tusche: Michael Oreal)

Um sich gegenseitig zu helfen – aber auch zu kontrollieren-, arbeiteten die Frauen in Zweierteams: Betty Jean Bartik und Elizabeth Holberton, Ruth Teitelbaum  und Marlyn Meltzer, Kathleen „Kay“ Antonelli und Fran Spence. Daneben gehörten noch weitere Frauen zum Team rund um ENIAC. Besonders erwähnt werden muss Adele Goldstine, die die übrigen Frauen auch häufig anleitete und bei Bedarf in Mathematik unterrichtete. Als ENIAC im Jahr 1947 von der Moore School auf das Militärgelände der Aberdeen Proving Grounds umzog, änderte sich die Zusammensetzung des Programmierteams, aber immer noch bestand das Team vollständig aus Frauen. Die Gruppe der ersten sechs Programmiererinnen, die so eng zusammenarbeiteten und ENIAC erstmals zum Laufen brachten, umgab jedoch ein besonderer Nimbus.

 Ein Quantensprung in der Programmierung

Den Rechner zu programmieren bedeutete, ihn physisch für die jeweilige Aufgabe zu konfigurieren. Dazu musste man vor allem viele, viele Kabel umstecken. Da die Frauen sowohl mit den Plänen als auch dem Rechner selbst so vertraut waren wie sonst niemand im Team, waren sie zugleich auch besonders qualifiziert, Fehlfunktionen aufzuspüren. Und die gab es beim ENIAC häufig: Fiel nur eine der 18.000 Elektronenröhren aus, arbeitete der komplette Rechner nicht mehr oder nur fehlerhaft.

Zugleich ermutigte John W. Mauchly, der den Rechner mitkonstruiert hatte, die Frauen aber auch, das Potenzial des Rechners zu erweitern. So entstand die Idee, den Rechner nicht durch physisches Umbauen, sondern durch Veränderungen im Speicherinhalt zu programmieren – die Programmierung also von der Hardware in die Software zu verlagern. Dafür war ENIAC eigentlich gar nicht gebaut worden. Es war aber genau diese hier erstmals demonstrierte Anpassungsfähigkeit, die Computer zu den Universalwerkzeugen des 20. und 21. Jahrhunderts machen sollte. Die Hauptarbeit für diesen Quantensprung in der Programmierung wurde von Adele Goldstine und Betty Jean Bartik geleistet.

Als sich am 15. Februar 2011 der Tag zum 65. Mal jährte, an dem ENIAC der Öffentlichkeit vorgestellt worden war, feierte die Stadt Philadelphia offiziell
„ENIAC Day“. Im Zuge der Feierlichkeiten begann auch ENIAC kurzzeitig zu twittern. Allerdings sind Rechenkünste (und eine ASCII-Tabelle) gefordert ;-)

Also: 01001000 01100001 01110000 01110000 01111001 00100000 01000101 01101110 01101001 01100001 01100011 00100000 01000100 01100001 01111001 00100001

(Happy ENIAC Day!)

Über die Autorin:  Annette Pohlke ist Historikerin mit großem Interesse an Computern und Neuen Medien. Für ihr Studium der Interkulturellen Erziehungswissenschaft beschäftigte sie sich mit interkulturellem Lernen in der virtuellen Welt “Second Life”, über die sie eines der wenigen verfügbaren Fachbücher verfasste (Second Life. Verstehen, erkunden, mitgestalten / dpunkt). Zur Zeit arbeitet sie an einer Geschichte der Rechenmaschinen (und einer Promotion in Alter Geschichte).

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