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Wann machen Maschinen endlich meinen Job?

Es gibt Beschäftigungsgruppen, die, in Ermangelung von Grundeinkommen, nicht zu Unrecht fürchten, dass Maschinen ihnen die Arbeit wegnehmen – im Laufe der Geschichte der Industrialisierung ist das schließlich durchaus schon vorgekommen. Andere machen sich darum noch eher wenige Gedanken – gerade die kreativen Jobs scheinen halbwegs sicher vor Fließband und KI. Kurzum: Alles rund um das Entstehen eines Buchs scheint uns doch verhältnismäßig „safe“. Klar, es gibt es Newsportale, die automatisiert verfasste Artikel veröffentlichen. Aber kann Roboterjournalismus mit allen Facetten des Schreibens mithalten? Und ja, es gibt Übersetzungssoftware, die bereits ganz taugliches Material produziert, doch damit ein Buch korrekt übersetzt und flüssig lesbar ist, müssen nach wie vor menschliche Übersetzer Hirn und Hand anlegen.

Machine LearningAlexa, lies mir ein Buch vor!

Die Software VoiceDream kann bereits recht gut vorlesen und wird demzufolge von vielen Sehbehinderten genutzt – man kann ihr Texte vorgeben und sogar die Aussprache unbekannter Wörter beibringen, und dann legt die gewünschte Stimme los und bemüht sich, auch Nebensätze angenehm betont vorzubringen. Dennoch bringen Hörbuchsprecher*innen wohl noch etwas mehr Drama ins Gelesene, wage ich zu behaupten – aber die Software ist eine gute Hilfestellung für Menschen, deren Lesefähigkeit beeinträchtigt ist, oder die das angefangene E-Book gern im Auto weiter vorgelesen bekämen.

Aber für das Buch an sich – den Originaltext – führt doch wohl kein Weg an menschlichen Autor*innen vorbei, oder?

Der Geist in der Maschine …

Bücher, geschrieben von Maschinen – das ist unmöglich, dazu ist eine Denkweise nötig, die Maschinen schlichtweg (bislang) abgeht. Aber KIs und Softwares können dank Machine Learning bereits geschickt kombinieren und aus Bestehendem Neues zusammenbauen.

Beispielsweise mittels Tensorflow von Google: Bereits erschienene Romane eines Autors, einer Autorin werden von der KI „eingelesen“, und daraufhin erlernt sie, welche Wörter auf welche Weise zusammenhängen und erstellt, ohne selbst die Wörter beispielsweise durch ein Wörterbuch zu kennen, neue Zusammenhänge. Die natürlich nicht immer richtig sind. (Ein Freund hat einmal einen kleinen Test durchgeführt, der sich auf dem Twitter-Account Ghost in the Shelly (@ghostshelly) nachlesen lässt – was der „Shelly“ da von sich gibt, taugt zwar noch nicht zu einem Roman, aber er gibt keinen schlechten expressionistischen Dichter ab! Das Projekt aus diesem Repository [Github] ist übrigens das Grundgerüst, auf dem der Lernprozess des Shellys basiert.)

Im vergangenen August fütterte Software-Entwickler Zack Thoutt seiner AI alle 5.376 Seiten der fünf erschienenen „Song of Ice and Fire“-Romane (mittlerweile besser bekannt als „Game of Thrones“). Die KI entwickelte neue Kapitel, von denen sich die ersten fünf hier nachlesen lassen und sagte damit voraus, was in der Buchreihe als nächstes geschehen könnte. Obwohl es noch an der Grammatik hapert, sind die Sätze größtenteils leicht zu verstehen, und angeblich stimmen die Voraussagen im weiteren Verlauf mit den gängigen Fan-Theorien überein! Die KI begann zudem jedes Kapitel mit dem Namen des Point-of-view-Charakters, wie in den von George Martin geschriebenen Büchern. Das Ende einiger Story-Stränge hat die KI jedoch noch nicht begriffen und schreibt das Schicksal bereits toter Charaktere fort.

Award-würdig?

Machine Learning

In Japan gingen KIs und die sie begleitenden Menschen bereits einen Schritt weiter: Beim Nikkei Hoshi Shinichi Literaturpreis sind auch Einsendungen von nicht-menschlichen Autor*innen erlaubt – im Jahr 2016 stammten von 1.450 Einsendungen 11 nicht von Menschen. „The Day a Computer Wrote a Novel“ kam dabei durch die erste Runde. Die Kurznovelle erhielt den Preis zwar nicht, weil ihr die Tiefe bei der Charakterzeichnung fehlte, aber die Geschichte war gut strukturiert und lesbar – was aber auch daran lag, dass ein menschliches Team bei der Definition der Charaktere und dem Festlegen der Parameter für die Geschichte „half“.

So oder so ist der erste Maschinenbestseller vielleicht nur noch eine Frage der Zeit. Wer kriegt dann Honorar und Tantiemen? Ich hätte nichts gegen Mojito am sonnigen Pool, und wenn man mich fragt, was ich dort mache, antworte ich: „Ich habe eine Bestsellerautorin programmiert!“

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