Nichts verschwenden, punktgenau produzieren und dabei die Kundenwünsche exakt im Blick haben: Was sich so erstrebenswert wie utopisch anhört, soll das sich seit einiger Zeit weltweit ausbreitende Lean Management bringen. Doch was steckt wirklich hinter dem Begriff? Wir suchen nach Antworten.
Der erste überraschende Fakt: Die zugrunde liegenden Theorien des Lean Managements kommen nicht aus der IT- oder Start-up-Szene. Auch nicht von Unternehmensberatungen. Nein, vielmehr legte mit Toyota ein Vertreter klassischer produzierender Industrie den Grundstein für eine Reihe neuartiger Denkprinzipien im Unternehmen.
Der Automobilhersteller prüfte im Laufe der Jahrzehnte immer und immer wieder, wie Produktionsprozesse optimiert werden können. Kernpunkt ist die Vermeidung jeglicher Verschwendung – bei den eingesetzten Rohstoffen, aber auch in der Verwaltung eines Unternehmens. Wenn Sie nun Spardruck auf Kosten der Qualität vermuten: Genau das will Lean Management nicht. Im Gegenteil, oberstes Ziel ist ein Maximum an Kundenzufriedenheit.
Toyota verfeinerte diese Grundsätze immer weiter. Man strich ganze Management-Ebenen und richtete gleichzeitig alle Prozesse im Unternehmen auf die Entwicklung und Fertigung der Fahrzeuge aus. Und weil die Mitarbeiter aller Bereiche und Verantwortungsgrade frühzeitig in Optimierungsmaßnahmen eingebunden waren, schuf man verlässliche Prozesse, die es zudem zuließen, flexibel und individuell auf Kundenwünsche reagieren zu können.
Toyotas Erfahrungen fanden schließlich im Jahr 1992 in einem Buch zusammen, in dem der Begriff „Lean Production“ inklusive seiner Kernprinzipien erstmals geprägt wurde:
- Den Wert aus Sicht des Kunden optimieren
meint: genau das Produkt herstellen, das der Kunde wünscht. Den Wertstrom identifizieren meint: den Herstellungsprozess prüfen und Verschwendung vermeiden. - Das Fluss-Prinzip umsetzen
meint: den Herstellungsprozess, in dem auch sämtliche Pausen zwischen einzelnen Abteilungen identifiziert und ausgemerzt werden, in den Mittelpunkt des Unternehmens rücken und abteilungsübergreifend planen. - Das Pull-Prinzip einführen
meint: die Maschinenauslastung und die Arbeitszeiten werden von den Bestellungen der Kunden bestimmt, nicht von Planungsvorgaben aus dem Management. - Perfektion anstreben
meint: Das Produkt kann nie perfekt sein, sondern muss ständig weiterentwickelt werden.
Der enorme – auch wirtschaftliche – Erfolg des Autobauers rief weitere Ökonomen auf den Plan. Aus „Lean Production“ extrahierte man weltweit Theorien und Erfahrungen zu sogenanntem Lean Management sowie einer ganzen Reihe weiterer Schlagworte rund um „lean“ bzw. „schlankes Unternehmertum“.
Auch die Start-up- und IT-Szene wurde aufmerksam. Denn während konventionelle Industrieunternehmen natürlich vorrangig umstrukturieren und aufräumen müssen, haben Neugründer die Chance, ihre Unternehmen gleich „lean“ auszurichten. Das ganze Team darf und soll gleich zu Beginn ihre Arbeitsweise so gestalten, dass, klar, das perfekte Produkt nach exakten Kundenwünschen hergestellt werden kann. Und: Dies kann natürlich auch für Dienstleistungen gelten.
Bei unseren US-Kollegen erschien dazu der Titel „Running Lean“ – ein Buch, das auch hierzulande auf großes Interesse stieß und deshalb seit Ende Juni in deutscher Sprache vorliegt. Es richtet sich speziell an Start-up-Unternehmen. Der Autor, Ash Maurya, greift dabei auf seinen eigenen Erfahrungsschatz als Gründer zurück.
Er eröffnet das Buch mit der Frage, warum so viele Start-ups scheitern, obwohl die Investitionen dank moderner Technologien heutzutage meist niedrig seien. Ein entscheidender Fehler vieler Gründer: mangelndes Wissen über die Bedürfnisse des Kunden.
„Die meisten Antworten finden Sie auf der Straße, nicht am Computer oder im Labor“, stellt Maurya fest. „Sie müssen raus und sich Ihre Kunden direkt vorknöpfen.“
Das Buch greift dabei auch die Gedanken von Eric Ries auf, dem Pionier der „Lean Startup“-Bewegung, dessen Expertise in großen Medien wie dem Wall Street Journal, TechCrunch, der New York Times, Forbes und dem Wired Magazine behandelt wurde. Ries fungiert zudem als Herausgeber des Buchs bzw. der bei O’Reilly USA erscheinenden Buchreihe „The Lean Series“.
Und für wen eignet sich das Buch? Maurya beantwortet die Frage gleich selbst: „Wenn Sie Unternehmer sind und ein neues Produkt auf den Markt bringen oder bereits ein Produkt haben und ihre Erfolgschancen erhöhen wollen, sind Sie hier genau richtig. ‚Running Lean‘ eignet sich für
• Geschäftsführer,
• CEOs,
• Entwickler und Programmierer, die erfolgreiche Unternehmer werden wollen,
• Blogger, Mitgründer, Kleingewerbetreibende, Autoren und Musiker, also alle Kreativen mit einer neuen Geschäftsidee,
• Erfinder und
• Startup-Gründer.“
Vom IT-Stammtisch Darmstadt erhielten wir bereits folgende Einschätzung:
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