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Startup-Recht: Fragen vor der Gründung klären (Interview)

Firma gründen, Marke anmelden, Verträge mit Investoren aushandeln, Mitarbeiter einstellen: Auf Startups kommen nicht nur sehr viele, sehr unterschiedliche Fragen zu – sie kommen meist auch sehr schnell und geballt. Wer sich nun nicht sofort von Paragrafen und Richtlinien den Wind aus Segeln nehmen lassen will, befragt am besten den Spezialisten. Auch wir tun dies und sprechen heute im oreillyblog mit dem „Anwalt für Startups“, Jan Schnedler.

 

Startup-Recht

Startup-Recht: Ab sofort in jeder gut sortierten On- und Offline-Buchhandlung sowie auf oreilly.de. Das Buch kommt mit Checklisten, Mustertexten und einem Glossar sowie vielfachen Beispielen zum praktischen Verständnis.

Herr Schnedler, Sie haben für uns gerade das Buch „Startup-Recht“ verfasst. Gelten für Startups denn eigene Gesetze?

Nein, für Startups gelten die allgemeinen Gesetze. Manchmal gibt es aber Ausnahmen in den Gesetzen, die das Leben der Startups sogar einfacher machen können. Ein Beispiel sind Erleichterungen beim Kündigungsschutz von Mitarbeitern oder bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen.

Letztlich habe ich in der jahrelangen Beratung für Startups festgestellt, dass sich alle Gründer – unabhängig vom konkreten Geschäftsmodell – immer wieder mit den gleichen rechtlichen Fragestellungen aus verschiedenen Rechtsgebieten beschäftigen. Insoweit gibt es schon so etwas wie Startup-Recht, allerdings nicht in einen Startup-Gesetz zusammengefasst, sondern über viele verschiedene Rechtsgebiete verteilt.

Und Gründen liegt ja voll im Trend: Immer mehr Absolventen träumen vom eigenen Startup anstatt von einer Karriere bei einem bereits etablierten Unternehmen. Die Politik hat das Thema Startups für sich entdeckt und schafft beispielsweise neue Fördermittel für Investoren und Steuererleichterungen für Startups. Unternehmen gründen zunehmend Acceleratoren und Corporate Venture-Firmen. Und Hochschulen bemühen sich um Ausgründungen.

Was fällt denn typischerweise unter den Begriff Startup-Recht?

Startup-Recht ist eine Mischung aus vielen verschiedenen Rechtsgebieten, der insbesondere durch das Gesellschaftsrecht geprägt ist. Neben dem Gesellschaftsrecht betrifft es auch das Markenrecht, das Patentrecht, das Gebrauchsmusterrecht, das Know-how-Recht, das Urheberrecht, das Designrecht, das Vertragsrecht, das Datenschutzrecht, das AGB-Recht und das Arbeitsrecht. Außerdem ist gerade das Startup-Recht von Anglizismen geprägt und verwendet ganz eigene Begrifflichkeiten, die man kennen sollte.

Nun werden Startups aber häufig von Machern gegründet, die sich nicht erst monatelang durch Rechtstexte ackern wollen. Wie überzeugen Sie diese, sich den Rechtsfragen sach- und ergebnisorientiert anzunehmen?

Viele Gründer kommen erst mit einem akuten rechtlichen Problem zu mir, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Sinnvoller ist es, vor der Gründung einmal einen Startup-Anwalt aufzusuchen und die Geschäftsidee zu erläutern. Ich habe das Buch auch geschrieben, weil viele Gründer Berührungsängste mit Anwälten haben. Mit dem Buch können sie sich dem ganzen Themenfeld erst einmal nähern, ohne das gleich Kosten entstehen.

Letztlich läuft es dann in der Erstberatung darauf hinaus, dass ich mit dem Startup die verschiedenen Kapitel des Buches konkret auf das Geschäftsmodell bezogen durchgehe.

Auf diese Weise können die Gründer selbst sondieren, welche rechtlichen Probleme/Angelegenheiten sie selbst angehen und bei welchen ein Anwalt unterstützen soll. Erfahrende Startup-Anwälte machen solche Erstberatungen drei- bis fünfmal die Woche, so dass sie in der Regel sehr gutes Feedback geben können und die rechtlichen Probleme bzw. Besonderheiten des Geschäftsmodell identifizieren.

Startup-Recht

Jan Schnedler berät seit vielen Jahren technologieorientierte Startups und auch schon selbst mehrere Startups gegründet. Er hat eine eigene Kanzlei in Hamburg.

Gibt es typische Fehler, die vielen Gründern passieren?

Eine Unternehmergesellschaft mit Musterprotokoll zu gründen, ist häufig nicht sinnvoll –  insbesondere, wenn man mit mehreren Gründern eine Geschäftsidee umsetzen will und daher nicht alleine gründet.

Gesellschaftsverträge ohne Klauseln zur Trennung von Gesellschaftern abzuschließen, ergibt ebenfalls keinen Sinn. Die Gründer müssen meiner Erfahrung nach davon ausgehen, dass das Gründungsteam in dieser Konstellation nicht bis zum Exit zusammenbleibt.

Beteiligungsverträge sollte man auch nicht unbedingt alleine versuchen zu verhandeln oder gar einem Vorschlag des Investors folgen, dessen Anwalt zu teilen. 

Im Datenschutzrecht und beim Umgang mit personenbezogenen Daten wird auch vieles falsch gemacht.

Viele Gründer machen auch finanziell schmerzhafte Fehler beim Thema Steuern. Gesellschaftsanteile sollten beispielsweise nicht ohne Beteiligung von Steuerberatern übertragen werden.

Welche Aspekte sollten Gründer auf jeden Fall im Blick haben?

Als Erstes kommt der Gründer meist mit dem Gesellschaftsrecht (Gründung des Unternehmens, Rechtsformwahl, Ausgestaltung von Gesellschaftsverträgen, Finanzierung, Verträge mit Investoren, Gesellschafterversammlungen, Mitarbeiterbeteiligungsmodelle, Kapitalerhöhungen, Beteiligungsverträge etc.) in Berührung. Von großer Bedeutung ist zudem oft das allgemeine Vertragsrecht (Vertragsmuster, AGB, Mietverträge, Fragen des elektronischen Geschäftsverkehrs etc.).

Weitere wichtige Bereiche sind das Arbeitsrecht (Arbeitsverträge, Geschäftsführeranstellungsverträge, Kündigungen, Urlaub, freie Mitarbeiter / Scheinselbstständige, geringfügig Beschäftigte, Praktikanten, Mindestlohn etc.) und der gewerbliche Rechtsschutz (vor allem bei innovativen oder kreativen Unternehmen: Geheimhaltungsvereinbarungen, Markenanmeldungen/Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Patente, Urheberrecht, gegebenenfalls Abmahnungen etc.) sowie alle Themen rund um das Internet, also das IT-Recht (Onlineshop, Gestaltung einer rechtssicheren Website, Schutz von Software, Datenschutz, Impressumspflichten und Lizenzverträge). Wichtig ist aber auch, einige Punkte bei der Beauftragung von Rechtsanwälten, Patentanwälten, Steuerberatern, Entwicklern und Unternehmensberater zu beachten.

Hinzu kommen gegebenenfalls geschäftsmodellspezifische Rechtsgebiete, wie das Versicherungsrecht bei InsurTech-Unternehmen oder das Bankrecht bei FinTech-Unternehmen.

Eine Menge Stoff, den Sie für uns in Buchform gegossen haben …

Genau, nahezu alle mit den genannten Schlagwörtern zusammenhängenden Fragestellungen habe ich versucht, im Buch zu beantworten, so dass dem Gründer bei seinen Fragen auch wirklich geholfen wird oder das der Gründer zumindest ein vertieftes Verständnis entwickelt und die Problemstellungen nicht nur angerissen werden.

Dabei habe ich auch versucht, die trockene Rechtsmaterie so anschaulich aufzubereiten, dass das Buch ohne juristische Vorbildung zu verstehen ist. So habe ich fast vollständig auf juristische Fachbegriffe bzw. „Juristendeutsch“ verzichtet und von der Angabe von Paragrafen abgesehen. Die Kenntnis von Paragrafen und juristischen Fachbegriffen ist häufig für das Verständnis nicht notwendig.

Herr Schnedler, wir danken für das aufschlussreiche Gespräch.

 

Mehr zum Buch „Startup-Recht“ , das Inhaltsverzeichnis und ein Probekapitel „Wie finanziere ich mein Startup?“ findet Ihr an dieser Stelle.

Außerdem empfehlen wir Euch unseren Podcast zum Thema Startups (Konserve).

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