Ein geschlagenes Jahr ist seit der letzten (offiziellen) Folge des Zeitzeichens vergangen – und wir überkompensieren jetzt einfach mal, indem wir auf einen ganzen Schwung Jubiläen und Jahrestage hinweisen, die 2017 auf dem IT-Kalender stehen (und in einigen Fällen schon hinter uns liegen). Das Ganze erfolgt natürlich in Kurzform, sonst sind wir 2018 noch nicht mit dem Korrekturlesen fertig. Zur besseren Übersicht haben wir uns für eine Aufschlüsselung in drei Kategorien unterschieden: Hardware, Software und Wetware. Mit letzterem Begriff meinen wir kluge Köpfe, Kreativmenschen und schräge Vögel, die IT-Geschichte geschrieben haben. Um etwaiger Kritik vorab zu begegnen: Die Auswahl in allen Kategorien ist subjektiv – wir freuen uns auf Ergänzungsvorschläge – und (leider) deutlich von weißen Männern aus Europa und den USA geprägt. Was schlicht an deren Dominanz in der Welt der Bits und Bytes liegt. Und jetzt aber los:
Hardware
Gerade einmal 5 Jahre ist es her, dass der britische Einplatinenrechner Raspberry Pi seinen Siegeszug um die Welt startete. Ein genaues Release-Datum lässt sich schwer feststellen. Laut Engadget war der 16. April 2012 der erste Shipping Day. Wir konnten erst deutlich später die ersten Geräte ergattern – haben dann aber umso mehr feine (und erfolgreiche) Bücher zum Thema publiziert.
10jährigen Geburtstag feierte bereits im Januar das iPhone, das (in der industrialisierten Welt) vom Erstklässler bis zur Uroma wohl so ziemlich jeder schon mal in der Hand hatte. Als Prototyp des modernen, funktionalen Smartphones hat es unsere Kommunikationsgepflogenheiten stark verändert.
Deutlich unbekannter als die Apple-Kreation: Der IBM Simon bzw. Angler, das wohl erste Smartphone überhaupt. Geburtstag (des Prototyps): 23. November 1992. 2017 ebenfalls 25 Jahre alt und (in zeitgemäßer Ausführung) weiterhin recht populär: Der Think Pad-Laptop. Er wird übrigens schon länger nicht mehr von IBM, sondern von Lenovo produziert.
Aufgelöst und daher heute fast vergessen, als Infrakstrukturpionier aber durchaus bedeutend und vor 30 Jahren gegründet: UUNET, später der weltweit erste kommerzielle Internetanbieter.
Seinen 35. Geburtstag feiert dieses Jahr ein Gerät, das in Deutschland als „Brotkasten“ in die Annalen der Kinderzimmergeschichte eingegangen ist und weltweit zu den erfolgreichsten Computern aller Zeiten zählt: Im Januar 1982 schenkte Commodore der Menschheit den C64. Für die Nachgeborenen unter den Lesern: Die 64 im Namen bezog sich auf den Hauptspeicher des Rechners. Natürlich reden wir von Kilobyte. :-)
Eine 35 auf dem Tacho hat dieses Jahr auch die Compact Disc. 1992, also zehn Jahre nach der Markteinführung, war sie übrigens Tonträger #1 und beendete die Ära der Tapes. Heute ist das optische Medium (aka Plastikmüll) selbst fast wieder Geschichte: Musikmenschen schwören auf Streaming und Vinyl, Datenmenschen besitzen fette USB-Festplatten und eigene Server.
Fernseher mit ICs, hippe Taschenradios und schwere Mobiltelefone gab es im Juni vor 50 Jahren in New York zu bestaunen. Dort fand die erste CES statt.
Für den letzten Eintrag in dieser Rubrik gehen wir satte 75 Jahre in die Vergangenheit. 1942 begannen das amerikanische Militär und die Universität von Pennsylvania mit der Entwicklung des legendären Electronic Numerical Integrator and Computer, kurz: ENIAC. Und nun der Aha-Moment: Das erste Programmierer-Team (an der fertigen Maschine) bestand ausschließlich aus Frauen. Zwei von Ihnen – Maryln Meltzer und Frances Spence – wären dieses Jahr übrigens 95 geworden.
Software
Die Vision, jede Zahnbürste und Herrenhandtasche mit einer eigenen IP-Adresse auszustatten, wurde vor fünf Jahren – genauer: am 6. Juni 2012 – weltweite Wirklichkeit. An diesem Tag ging’s offiziell los mit IPV6.
Bereits vor 10 Jahren startete in Kenya ein bahnbrechendes, da einfaches Mobile-Payment-System: M-Pesa. Es ermöglicht Geldtransfers ohne Bankkonto via Oldschool-Handy und wurde ab 2008 in zahlreiche weitere Entwicklungs- und Schwellenländer exportiert.
15jährigen Geburtstag feiern 2017 das für Whistleblower und Dissidenten wichtige Anonymisierungsnetzwerk TOR (Alpha: 20. September 2002) sowie der im Desktopbereich immer noch zweitbeliebteste Browser der Welt: Firefox (Start: 23. September 2002 unter dem Namen „Phönix“)
Erinnert sich noch jemand an die gute, alte Zeit, als man E-Mails dazu nutzte, um – Trommelwirbel – Text zu verschicken? Das Ende dieser Ära wurde spätestens im Juni 1992 eingeläutet, als der MIME-Standard definiert wurde, der auch die Übertragung von Multimedia-Content gestattete. 25 Jahre später platzen viele Inboxen aus allen Nähten, weil Onkel Max und die Jutta von nebenan gerne mal 20 HD-Fotos oder den kompletten Mitschnitt der letzten Chorprobe an ihre Nachrichten hängen.
Ein Silberjubiläum für Spielkinder steht am 27. August auf dem Programm: An diesem Tag im Jahr 1992 erschien in Japan Super Mario Kart – noch immer eins der spaßigsten und erfolgreichsten Rennspiele aller Zeiten. Zig Versionen für andere Nintendo-Konsolen folgten.
30 Jahre alt werden 2017 die Domains von Apple (apple.com, registriert am 19. Februar 1987) und Cisco Systems (cisco.com, 14. Mai 1987) – womit es die beiden Unternehmen witzigerweise nicht mal mehr in die Top 50 der ältesten .com-Adressen schaffen.
Am 18. Dezember dürfen die Kollegen von O’Reilly Media in Kalifornien eine große Flasche Sekt köpfen und anschließend um einen Turm aus Kamelbüchern tanzen: Die von Larry Wall entwickelte Programmiersprache Perl wird 30!
Computerviren gibt’s noch länger: Die erste (bekannte) Schadsoftware hieß Elk Cloner und tauchte vor 35 Jahren in Pennsylvania auf. Schöpfer Rich Skrenta wird dieses Jahr übrigens 50.
Ebenfalls 1982 zum ersten Mal gesichtet: Das ASCII-Smiley (Doppelpunkt, Bindestrich, Klammer zu) kreiert von Scott Fahlman – der damit quasi Vater aller Emoticons ist. Der original Bboard-Thread, in dem die Zeichenfolge vorgeschlagen wurde, ist hier dokumentiert.
Wetware
Trauriger Auftakt in dieser Rubrik: Im März vor fünf Jahren wurde der palestinänsisch-syrische Open-Source- und Internet-Aktivist Bassel Khartabil in Damaskus inhaftiert. Drei Jahre später brachte ihn das Regime an einen unbekannten Ort und verhängte (vermutlich) die Todesstrafe. Khartabils Schicksal ist unbekannt.
Genau lokalisierbar ist hingegen der (inzwischen sehr umstrittene) Wikileaks-Chef Julian Assange. Am 19. Juni 2012 zog er in die Flat 3b, 3 Hans Crescent, London SW1X 0LS, UK. Dort befindet sich die ecuadorianische Botschaft in Großbritannien.
Politische Erfolge von Netzjüngern auf nationaler Ebene? Das gab’s zum ersten Mal im Oktober 2012, als die tschechischen Piraten (Piráti) einen Sitz im tschechischen Parlament gewannen. Sie zählen auch heute noch zu den erfolgreichsten Piraten in Europa.
Weltweit aktiv ist die Clicktivism-Plattform Avaaz, die sich u.a. gegen Krieg, Rassismus, Klimawandel, Korruption und Armut einsetzt. Ricken Patel und seine Mitstreiter gründeten sie im Januar vor zehn Jahren in New York. Größe und Reichweite der Organisation sind anno 2017 beeindruckend, viele Kritiker werfen Avaaz jedoch Oberflächlichkeit vor.
Wesentlich kleiner und definitiv radikaler: Das Electronic Disturbance Theater (EDT). Die Hacktivisten und Pioniere in Sachen DDoS-Attacken traten zum ersten Mal 1997 in Erscheinung.
Besonders ereignisreich für MINT-Menschen war das Jahr 1992:
Am ersten Januar starb IT-Pionierin Grace Hopper.
Am gleichen Tag gründete sich in Kobe die Internet Society.
Am 6. April starb der Sci-Fi-Titan Issac Asimov.
Am 26. Mai wurde Charles Geschke (Co-Gründer von Adobe) auf dem Parkplatz seiner Firma in Mountain View entführt – und glücklicherweise wenige Tag später befreit (die Entführer wurden gefasst und verurteilt).
Weird History dann am 31. Oktober: Papst Johannes Paul II entschuldigte sich offiziell bei Galileo Galilei – der sich zu diesem Zeitpunkt bereits 350 Jahre unter der Erde befand.
Am 3. Dezember schließlich versandte Neil Papworth die erste Textnachricht (SMS) der Welt.
Etwas vergessen? Natürlich: Der damals noch quietschfidele Douglas Adams publizierte 1992 den letzten Teil seiner Hitchhiker-Reihe: Mostly Harmless.
Die inzwischen enorm bedeutende KI-Forschung erlebte vor 30 Jahren eins ihrer ersten großen Events: In der Wüste von New Mexiko trafen sich Wissenschaftler aller Couleur vom 21. Bis 25. September 1987 zur Artificial Life Conference.
Wenige Tage später schickten Gene Roddenberry und sein Team ein neues Raumschiff Enterprise auf die Reise. Für Trekkies zum Mitschreiben: 28. September 1987, Erstausstrahlung der ersten Folge von Star Trek: The Next Generation. Bereits im Juli hatte Paul Verhoeven seinen Robocop auf die Menschheit losgelassen.
Eine der wohl wichtigsten IT-Firmen wurde vor gut 35 Jahren – am 24. Februar 1982 – gegründet: Sun Microsystems. Einen großen Jubiläumsakt dürfte es aber nicht geben – Anfang 2010 wurde die Firma von Oracle übernommen.
Am 25. Oktober 1982 kam in Ägypten der einflussreiche Blogger und Bürgerrechtler Bassem Sabry zu Welt. Er starb bereits 2014 unter tragischen Umständen.
Was IT und Popkultur betrifft, hat das Jahr 1982 mindestens zwei große Werke hinterlassen, die im Juni bzw. Juli runde Geburtstage feiern dürfen: Blade Runner von Ridley Scott und Tron von Stephen Lisberger.
Das größte Jubiläum steht freilich schon am 25. (nicht am vierten!) Mai an: An diesem Tag kam vor sage und schreibe 40 Jahren Star Wars in die (amerikanischen) Kinos.
Zum Schluss noch ein 50. Gebutstag: Am 6. März dürft ihr Investigativjournalist und Blogger Glenn Greenwald gratulieren, der unter anderem maßgeblich zur Aufklärung des NSA-Überwachungsskandels beitrug.