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Das Geek-Xmas-Kulturprogramm – digital und kostenlos

Die Essensgelage haben natürlich ihren Reiz, genau wie die Familienzusammenkünfte in eingeschneiten Provinzstädten. Aber seien wir ganz ehrlich: Das Tollste an den Weihnachtsferien ist die Möglichkeit, endlich noch mal in Ruhe von morgen bis abends auf der Couch zu hängen und Medien zu konsumieren. Und was dabei besonders angenehm ist: Wer gerade knapp bei Kasse ist oder sein Geld lieber spenden will, dem stehen Jahr für Jahr mehr kostenlose (und dennoch attraktive) Angebote zur Verfügung. Wir haben uns im Netz umgesehen und ein kleines Geek-Xmas-Kulturprogramm zusammengestellt.

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Bücher

Philip K. Dick: Beyond Lies The Wub

Den meisten ist der amerikanische Science-Fiction-Großmeister wohl durch seinen Roman Do Androids Dream of Electric Sheep (1968) bzw. dessen Verfilmung Blade Runner (1982) bekannt. Vielschreiber Dick war aber schon früher literarisch aktiv, vor allem als Autor von Kurzgeschichten, von denen einige (völlig legal) im Netz kursieren. Zum Beispiel Beyond Lies The Wub (1952), Dicks allererste publizierte Short Story.

Cory Doctorow: Little Brother

Cory Doctorow ist nicht nur Blogger, Journalist und Science-Fiction-Autor, sondern auch großer Digital-Aktivist. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass sein Roman Little Brother 1. um szenetypische Themen kreist (Überwachung, staatliche Repression, Kryptographie, Grundrechte) und 2. natürlich (auch) kostenlos verfügbar ist. Auf Doctorows Website gibt es eine Vielzahl von englischsprachigen Digitalversionen, bei Archive.org steht auch eine deutschsprachige Fassung des spannenden Tech-Polit-Thrillers zur Verfügung.

E.M. Forster: The Machine Stops

Fällt der Name des englischen Literaten E.M. Forster (13 Nominierungen für den Literaturnobelpreis!), denken wohl die wenigsten an Geek-Content. Dennoch: in seiner bereits 1909 publizierten dystopischen Kurzgeschichte The Machine Stops sagte er Instant Messaging und das Internet voraus. Für alle, die das selber überprüfen wollen: Hier geht’s zur schicken, kostenlosen EPUB-Version von Feedbooks.

Jules Verne: Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Auch vom französischen Sci-Fi-Pioneer Jules Verne hat Feedbooks einige (gemeinfreie) Titel als EPUB im Angebot. Wie wär’s zum Beispiel mit der Geschichte um den Hamburger Mineralogen und Geologen Otto Lidenbrock, der die Reise nach dem Mittelpunkt der Erde antreten will?

H.G. Wells: The Time Machine

Wo wir schon bei Sci-Fi-Klassikern sind, darf auch H.G. Wells nicht fehlen. Immer wieder lesenswert: Sein kompakter, sozialkritischer Roman The Time Machine, der von Kritikern auch als Vorläufer des Steampunk-Genres gesehen wird.

Sam Williams: Free As In Freedom

Am Schluss dieser Rubrik noch ein Sachbuchtipp. Auch wenn sich die Szene verändert und der Protagonist etwas in die Jahre gekommen ist: Free As In Freedom, Sam Williams’ Portrait des Free-Software-Papstes Richard Stallman, ist noch immer spannende, aufschlussreiche Lektüre – und liegt als offenes Online-Buch auf dem Server der amerikanischen Kollegen.

Musik

Code 1: A Deep Red

Aufgrund des wuchtigen, vielschichtigen Ambient-Postrock-Sounds mag man es kaum glauben, aber: Hinter Code 1 steckt tatsächlich keine Band, sondern ein Solokünstler aus Nottingham. Sein zweites Album A Deep Red entwirft besonders schöne Klanglandschaften – und streamt kostenlos in voller Länge bei Bandcamp.

Gwem: micromusic.net

Krachige 8-Bit-Sounds und eine Flying V – das sind die Markenzeichen von gwEm aus London. Wer den Mann noch nicht kennt, findet mit micromusic.net einen guten Einstieg in sein Werk. Wiederum verfügbar als gebühren- und werbefreier Stream bei Bandcamp.

How To Loot Brazil: Betamarx

Dieses hitverdächtige Album von Maik T. (aka The Leach aka der Typ, der bei Phillip Boa & The Voodclub Bass spielt) aus dem Jahr 2009 und verbindet gekonnt Indie-, Disco-, Wave- und Punkelemente. Bei Bandcamp streamen die Songs (Anspieltipp: 8 Bit Games) in voller Länge, ansonsten darf man sie auch (legal) bei Dropbox herunterziehen.

Les Trucs: The Musical

Das Frankfurter Synthie-Bitpop-Chiptunes-Elektro-Trash-Punk-2-Mensch-Ding-Orchester Les Trucs hatte in diesem Blog bereits einen Gastauftritt und gewann damals eine Menge Nerd- und Sympathiepunkte, als es mit uns ein Exemplar seines zweiten Albums gegen ein Exemplar von Make: Analog Synthesizers tauschte. Aber nicht nur deswegen sei The Musical hier noch mal empfohlen. Es ist auch ein herrlich schräges Album – jederzeit streambar auf dieser Seite.

Filme & Serien

Hardware Wars (Ernie Fosselius)

Der siebste Star-Wars-Film ist gerade im Kino gestartet und generiert erwartungsgemäß Tausende von Fan-Art-Posts in Tausenden von Blogs. Aber erinnert sich noch jemand an die kreativen Verwurstungen von Teil 1 (= Episode IV)? Zu unseren Lieblingen zählt Ernie Fosselius‘ Spoof  (bzw. Spoof-Trailer) aus dem Jahre 1978. Hardware Wars (<- Link zu Youtube) ist “a sprawling space saga of romance, rebellion and household appliances” – und darüber hinaus ein ganz frühes Beispiel für ein Viralvideo, das sich damals freilich noch ohne Netz verbreiten musste.

Kung Fury (David Sandberg)

Ein aktuelles Paradebeispiel für intelligenten Blödsinn ist der schwedische Crowdfunding-Kurzfilm Kung Fury. Im Fokus der Aufmerksamkeit steht hier ein 80er-Jahre-Martial-Arts Cop, der – gemeinsam mit seinen Hacker-, Viking- und Dino-Sidekicks – Adolf Hitler aka „Kung Führer“ erledigen muss. In wichtigen Nebenrollen: ein wildgewordener Arcade-Automat, ein Mobiltelefon und eine Zeitmaschine. Produktionsfirma Laster Unicorns hat den Streifen vor ein paar Monaten ins Netz gestellt, u.a. bei YouTube.

Breaking The Code (Herbert Wise)

Zurück ins ernste Fach: An das Mathegenie Alan Turing erinnerten wir bereits anlässlich seines 100. Geburtstags im Juni 2012, das deutsche Filmpublikum wurde Anfang 2015 erneut auf seine tragische Lebensgeschichte aufmerksam, als The Imitation Game in die Kinos kam. Die wenigstens dürften wissen, dass die BBC bereits 1996 einen recht aufwändigen Fernsehfilm über Turing produzierte. Breaking The Code ist inzwischen frei auf YouTube verfügbar, man braucht allerdings (in Deutschland) ein Proxy-Plugin für den Browser.

Solaris (Andrei Tarkovsky)

Stanisław Lems Roman über einen mysteriösen, intelligenten Ozean und dessen fatalen Einfluss auf ein Forscherteam zählt zu den Meisterwerken der polnischen wie internationalen Science-Fiction-Literatur. Die wichtigste Filmadaption besorgte 1972 Andrei Tarkovsky, der wiederum zu den Granden des russischen Kinos zählt. Der mitunter etwas langatmige, aber sehr atmosphärische und definitiv sehenswerte Film ist dank Mosfilm mittlerweile im offenen Web angekommen. Hier geht es zu Teil 1. Und hier zu Teil 2. Falls euer Russisch etwas eingerostet ist: Es gibt englische Untertitel.

The Internet’s Own Boy (Brian Knappenberger)

Aaaron Swartz war nicht nur ein talentierter, junger Programmierer, sondern auch einer der großen Hoffnungsträger der sozial engagierten IT-Szene. Abkommen wie SOPA und PIPA lehnte er entschieden ab, Open-Access-Modelle propagierte er wo immer möglich. Im Januar 2013 erhängte sich Swartz in einem New Yorker Appartment, weil er unter Depressionen litt. Aber vermutlich auch, weil er in die unerbittlichen Mühlen der US-Justiz geraten war. „He was the internet’s own boy, and the old world killed him” – so fasste es Ex-Freundin Quinn Norton prägnant zusammen. Die per 2014 per Crowfunding entstandene Doku über das kurze, intensive Leben des Hacktivisten ist u.a. bei YouTube verfügbar. Natürlich unter einer Creative-Commons-Lizenz.

TBP AFK: The Pirate Bay Away From Keyboard (Simon Klose)

Ebenfalls unter CC-Lizenz erschienen ist die Doku über Peter Sunde, Fredrik Neij und Gottfrid Svartholm (aka brokep, Tiamo und Anakata), ihres Zeichens Gründer des riesigen BitTorrent-Indizierers The Pirate Bay, der natürlich permanent unter juristischem Beschuss steht. Wer mehr über die komplexe, z.T. absurde Welt der Urheberrechtsverletzungen und drei sehr unterschiedliche, leicht verrückte skandinavische Hacker lernen möchte, kann das völlig legal bei YouTube tun.

Rick and Morty (Justin Roiland / Dan Harmon)

Fakt: Rick and Morty, eine Art Mix aus Futurama und South Park, der gleichzeitig ganz lose auf Figuren aus Back To The Future basiert, zählt zum Lustigsten, was die Animationsschmieden dieser Welt bislang produziert haben. Sofern man über die exzessiven Multidimensionsabenteuer eines stark alkoholabhängigen Erfindergenies (Rick) und seines leicht dümmlichen Enkels (Morty) lachen kann. Adult Swim hält beide Staffeln der Serie kostenlos auf seiner Website bereit – allerdings mit Werbeunterbrechungen.

The Computer Show (Sandwich Video)

Erst seit Oktober im Netz und ein echtes Fest für Retro-Nerds ist die kostenlose Webserie Computer Show. Werbefilmproduzent Sandwich Video lässt hier in einer (gefakten) TV-Sendung à la Computer Chronicles oder WDR Computerclub Moderatoren aus den frühen 80ern auf Startup-Gründer der Gegenwart treffen. Besonders absurd und unterhaltsam: Die Ausgabe zum Thema “Communities” mit Studiogast Alexis Ohanian von Reddit.

Games

The Hitchhiker’s Guide To The Galaxy – 30th Anniversary Edition

Das wohl berühmteste Werk von Douglas Adams als Interactive-Fiction-Adaptation der Textadventureschmiede Infocom – mehr Geek-Kultur geht gar nicht (siehe auch dazu auch: Geek Movies & Hackerfilme Vol. 6). 2014 spendierte die BBC anlässlich des 30jährigen Jubiläums eine runderneuerte, kostenlose Web-Edition des Spiels. Don’t panic!

FreeCiv

Der Open-Source-Klon des Sid-Meier-Klassiker Civilization ist zwar schon ein echter Dino unter den Games (Erstveröffentlichung: Januar 1996), aber es gibt weiterhin Updates – und seit einiger Zeit auch eine sehr solide HTML5-Webversion. Achtung: Suchtgefahr!

HRmaggedon

Wer’s kurzweiliger mag und passend zum Fest der Liebe schon immer mal eine Großraumbüroschlacht mit Pixelblut anzetteln wollte, der begebe sich (mit Proxy) auf die Seite von Adult Swim und zocke eine Runde HRmaggedon. Das Ziel: Cubicles capturen, Kollegen killen!

Code Combat

Harmloser und kreativer kommt das RPG Code Combat daher: Hier müssen Monster geplättet, Edelsteine gesammelt und Labyrinthe gekundet werden – mit Hilfe von Javascript- bzw. Pythonbefehlen. Keine Sorge, das Spiel beginnt mit ganz einfacher Syntax, Strings, Loops und Variablen, damit auch Noobs ihren Spaß haben. In fortgeschrittenen Levels darf sich der Techie-Gamer aber auf anspruchsvollere Funktionen und Dinge wie Remote Method Invocation freuen. Bonus-Feature: Das Spiel ist Open Source und auch auf GitHub verfügbar.

Und damit endet unsere Weihnachtsempfehlungsliste für die O’Reilly-Gemeinde. Wir wünschen erholsame Ferien und viel Vergnügen beim Lesen, Musikhören, Videogucken und Zocken!

Beitragsbild: Thomas Leuthard (Remix von AP)

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