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Die Teckids: „Das machen, was ich will – zum Beispiel Programmieren“

Irgendwann um die FrOSCon herum bin ich zum ersten Mal über die Teckids gestolpert – einen Verein von und für Kinder und Jugendliche, der sich der Naturwissenschaft und Technik, im Speziellen der Informatik, verschrieben hat. Ziemlich schnell war klar, dass ich mit Dominik George und seinen Mitstreitern persönlich sprechen muss – also schlug ich ein Google Hangout vor. Mit dem Verweis, dass sie ausschließlich freie Software verwenden, haben die Teckids das abgelehnt und Mumble ins Spiel gebracht. Klar, wir haben sehr häufig mit Anhängern freier Software zu tun – so konsequent trifft man das aber selten :-) (Und wie sie mir später erklärten, können sie erstens ohnehin nicht guten Gewissens den Google-AGBs zustimmen, und zweitens dürfen sich Minderjährige laut Google auch gar nicht registrieren.)

Wie unglaublich informiert und engagiert die Teckids sind, könnt Ihr nun an dieser Stelle nachlesen. Und übrigens: Aktuell lohnt der Blick auf teckids.org ganz besonders, denn in Kürze startet ein Adventskalender, der u.a. Buchgewinne verspricht.. – für den Ihr Euch aber schon jetzt eintragen müsst. Doch jetzt zum Interview.

Corina (oreillyblog):
Hallo liebe Teckids! Schön, dass wir Euch für das oreillyblog interviewen können. Vielleicht stellt Ihr Euch erstmal ganz kurz unseren Lesern vor.

Simon:
Ich bin Simon Bruder, 10 Jahre alt und komme aus der Nähe von Uffenheim im Landkreis Neustadt an der Aisch / Mittelfranken. Und: Ich beschäftige mich gern mit Linux.

Sascha:
Ich heiße Sascha Goetzke, komme aus Remscheid und bin 12 Jahre alt.

Daan-Bela:
Ich bin Daan-Bela, 11 Jahre alt, komme aus Köln und mache ebenfalls gerne etwas mit Technik, Computern und ähnlichen Dingen.

Nik:
Ja, und ich bin Dominik George, kurz Nik, bin 24 Jahre alt und beschäftige mich ebenfalls gern mit allem, was mit Technik zu tun hat – na, manchmal hasse ich auch Technik (lacht). Besonders gern übernehme ich pädagogische Projekte.

Die Teckids möchten übrigens nicht nur Wissen vermitteln, sondern haben sich die "ganzheitliche Teckids als Veranstalter von Projekten und Freizeiten mit Kindern und Jugendlichen sieht sich nicht nur in der Rolle als Wissensvermittler in Bildungsveranstaltungen, sondern möchte die ganzheitliche Entwicklung der jungen Teilnehmer mit seinen Angeboten fördern.

Die Teckids möchten übrigens nicht nur Wissen vermitteln, sondern haben sich die „ganzheitliche Entwicklung“ ihrer Teilnehmer vorgenommen – zu der eben auch gemeinschaftliche Freizeitaktivitäten zählen. Das komplette pädagogische Leitbild findet Ihr hier.

Corina:
Dankeschön – Ihr seid alle für die Teckids aktiv, ein eingetragener Verein, der einigen unserer Leser vielleicht schon einmal bei der FrOSCon oder bei den Chemnitzer Linux-Tagen begegnet ist. Wie seid Ihr denn zu den Teckids gekommen?

Simon:
Zu meinem 10. Geburtstag habe ich eine Reise zu den Chemnitzer Linuxtagen geschenkt bekommen, dort durfte ich dann an der Wochenendfreizeit teilnehmen. Das hat mir auch gut gefallen. Auf der Rückfahrt bin ich einem der Betreuer des Fairnopoly-Standes im Zug begegnet. Er meinte, dass ich mich gut auskenne und schrieb das dann auch in das Fairnopoly Blog. Das hab ich dann an Nik geschrieben, und er hat gefragt, ob ich denn auch auf der FrOSCon 2014 dabei sein will.

Corina:
Hm, ich kenne Chor-, Fußball und Pfadfinderfreizeiten. Wie bist Du denn auf die Idee gekommen, eine Freizeit bei den Chemnitzer Linux-Tagen zu machen? Bist Du vorher schon über Linux gestolpert, oder sind Deine Eltern Informatiker?

Simon:
Im Sommer 2012 hat mir meine Cousine einen Laptop geschenkt, bei dem aber die Festplatte kaputt war. Wir haben uns eine neue Platte gekauft, darauf auf Empfehlung eines Bekannten ein Linux installiert – und seitdem benutze ich Linux.

 

Simon nutzt übrigens nicht nur Linux, er hat vor ein paar Tagen auch als jüngster Prüfling Linux Essentials  überhaupt die LPI-Prüfung bestanden. Mehr dazu >>

Simon „nutzt“ übrigens nicht nur Linux, er hat vor ein paar Tagen auch als jüngster Prüfling überhaupt die erste LPI-Prüfung bestanden. Mehr dazu >> (Foto: Teckids e.V.)

Corina:
Also hat das Weitertragen des Open Source-Gedankens bei Dir Wirkung gezeigt! Ich habe gelesen, dass die Teckids auch genau das wünschen, nämlich dass die Verwendung freier Software verbreitet wird.

Nik:
Ja, genau, das ist ein Ziel unseres Vereins. Wir sind ja aus dem Kinder- und Jugendprogramm der FrOSCon hervorgegangen – dies hatte ich gemeinsam mit einem kleineren Team zwei Jahre lang übernommen – und kommen so ganz klar aus der „Freie-Software-Ecke“. Mittlerweile organisieren wir eigene Jugendfreizeiten bzw. Wochenendfreizeiten, natürlich alles mit freier Software. Und wir wollen eine Plattform schaffen, über die sich Kinder und Jugendliche noch besser über freie Software austauschen können.

Corina:
Auf der FrOSCon bietet Ihr zum Beispiel die FrogLabs an…

Sascha:
Genau – und außer den FrogLabs planen wir gerade die „Wissenspuren“. In diesem Projekt thematisieren wir Technik, Informatik und Naturwissenschaften, gehen mit Kindern und Jugendlichen ins Museum und versuchen, ganz viele Experimente selbst zu machen.

Daan-Bela:
Durch die Museen machen wir zum Beispiel Rallyes. Gerade Kinder und Jugendliche, die sich für Naturwissenschaften interessieren, kommen dann gerne zu uns.

Hier seht Ihr Wissensspuren-Teilnehmer vor einem Teilchenbeschleuniger (Foto: Teckids e.V.)

Hier seht Ihr Wissensspuren-Teilnehmer vor einem Teilchenbeschleuniger (Foto: Teckids e.V.)

Corina:
Wie ist denn Euer Verein in die Jugendarbeit eingebunden, seid Ihr in den Schulen verankert? Wer erzählt den Kindern von Euch bzw. wie kommen Eltern auf Eure Angebote?

Nik:
Im Moment läuft dies hauptsächlich über Flyer und Plakate, die wir selbst an Schulen verteilen. Leider sind die staatlichen Regelschulen häufig nicht sehr aufgeschlossen, was Bildungsangebote von nichtschulischen Trägern angeht. So erreichen wir über die Schulen auch nur einen sehr kleinen Teil unserer Teilnehmer. Viele stoßen im Rahmen von Konferenzen auf uns, die FrogLabs hängen ja auch immer an IT-Konferenzen. Außerdem natürlich Mund-zu-Mund-Propaganda.

Corina:
Ihr seid ja auch nicht alle aus dem Rheinland – wie verabredet bzw. besprecht Ihr Euch denn?

Simon:
Die Vorbereitung läuft über Jabber, und zu den Veranstaltungen fahre ich natürlich dann mit Zug oder Bus, damit ich dann auch mitmachen kann.

Corina:
Ich habe zum Beispiel gesehen – und das fand ich wirklich toll –, dass Ihr gemeinsam eine Busreise zur MakerFaire gemacht habt. Wie hat es Euch denn in Hannover gefallen?

Sascha:
Mir hat es sehr gut gefallen, ich hab ziemlich viele coole Sachen entdeckt. Zum Beispiel das Burgermobil – ein Auto, das aussah wie ein Hamburger. (lacht)

Nik:
Die MakerFaire-Reise war der Versuch, auch mal zu einer „fremden“ Veranstaltung zu fahren. Und ich glaube, das war für alle Beteiligten eine ganz, ganz coole Sache.

Corina:
Wie habt Ihr das denn finanziert? Habt Ihr Sponsoren – oder sucht Ihr noch welche?

Nik:
Ja, wir suchen auf jeden Fall Sponsoren. Wir bemühen uns, die Veranstaltungen für die Teilnehmer so kostengünstig wie möglich anzubieten. Wir müssen natürlich unsere eigenen Kosten decken, machen als gemeinnütziger Verein aber keinen Gewinn. Teilweise finanzieren wir uns dann über Teilnehmerbeiträge, teilweise aber auch über Sponsoren. Für die FrogLabs auf der FrOSCon hatten wir beispielsweise eine ganze Menge.

Was wir aber auf jeden Fall brauchen: Sponsoren, die Projekte auch längerfristig fördern. Wir haben immer einen Fonds, über den wir auch Kinder aus sozial benachteiligten Familien unterstützen können. Und gerade dafür würden wir uns immer über Unterstützer freuen.

Corina:
Wie erreicht Ihr denn eigentlich die so genannte „breite Masse“?

Nik:
Viele der Kinder kommen von unserer Partnerschule in Remscheid, in der wir unsere Projekte immer vorstellen können. Die Schule dort ist sehr kooperativ, die Kinder werden vom Unterricht freigestellt, wenn sie an einem unserer Projekte teilnehmen. Das ist wirklich toll. Sonst machen wir aber leider die Erfahrung, dass viele Schulen unsere Flyer direkt wegwerfen, insbesondere, wenn wir auch einen kleinen Teilnehmerbeitrag verlangen müssen. Dann werden wir gleich als kommerzielles Angebot eingestuft – was natürlich Unfug ist.

Corina:
Ja, das ist tatsächlich sehr schade. Vielleicht könnt Ihr hier im oreillyblog mal von weiteren Angeboten erzählen. Ich habe zum Beispiel von einem LEGO®-Roboter-Projekt gelesen…

Sascha:
Du meinst das Freedroidz-Projekt, von dem ich einer der Leiter bin. Wir zeigen zum Beispiel bei den FrogLabs, wie man am besten Roboter in LEGO® bauen und dann programmieren kann. In Wuppertal beim Langen Tisch haben wir mal einen Schokoladen-Bananen-Roboter vorgestellt.

Der Schoko-Bananen-Roboter

Der Schoko-Bananen-Roboter (Foto: Teckids e.V.)

Nik:
Genau, das Freedroidz-Projekt bauen wir gerne als Komponente bei verschiedenen Veranstaltungen ein. Bei den FrogLabs ist Freedroidz Bestandteil des großen Workshop-Programms, außerdem treffen wir uns aber auch einmal wöchentlich in Bonn bei unserem Sponsor tarent. Dies ist also ganz losgelöst von IT-Konferenzen. Genau wie auch die Wissenspuren …

Corina:
… die ich auch schon deshalb spannend fand, weil Ihr Euch damit gezielt an Nichtmitglieder richtet.

Nik:
Nicht nur bei den Wissenspuren ist das so, unsere Teilnehmer müssen überhaupt nicht Mitglied im Verein sein. Häufig gehen aber aus unseren Veranstaltungen zwei, dreie neue junge Mitglieder hervor. Unser Verein soll ja primär als Plattform für Kinder und Jugendliche dienen, bei denen sie ihre eigenen Projekte durchführen können. Deshalb werden die Wissenspuren auch hauptsächlich von Daan-Bela und Sascha organisiert und vorbereitet. Da hinter steht ganz, ganz viel Eigeninitiative – das machen die beiden wirklich super.

Corina:
Was müssen Teckids denn mitbringen? Wieviel Nerdyism ist nötig?

Nik:
Also, ein Nerd muss man nicht sein. Ich bin auch keiner.

Sascha, Daan-Bela und Simon (lachen):
Wir auch nicht!

Nik:
Wir haben wirklich ganz unterschiedliche Mitglieder – eigentlich so gar keine nerdigen, zumindest unter den Jugendlichen.

Corina:
Eine Offenheit für Informatik, Technik und Naturwissenschaften spielt aber sicherlich schon eine Rolle, oder?

Nik:
Ja, das spielt eine Rolle. Aber wir freuen uns auch über Organisationstalente oder über Jugendliche, die gerne andere Kinder mitbetreuen bzw. ihnen etwas beibringen wollen.

Elektronik-Workshop der Froglabs

Elektronik-Workshop der Froglabs – hier lernt man von und mit Gleichaltrigen. (Foto: Teckids e.V.)

Corina:
Simon, Sascha, Daan-Bela – Ihr geht ja alle noch zur Schule. Wenn Ihr auf den Stellenwert des Fachs Informatik in der Schule schaut: Was wünscht Ihr Euch? Wird das Fach in Euren Augen ausreichend abgedeckt – oder sind Schule und Freizeit hier eher zwei Welten?

Sascha:
Ich kann hier für meine Schule sprechen, die ja gleichzeitig die Teckids-Partnerschule ist. Wir haben ab dem 5. Schuljahr eine Stunde pro Woche das Fach „Projekt“. Nik bietet darin zum Beispiel Spieleprogrammierung an.

Nik:
An unserer Partnerschule in Remscheid bieten wir tatsächlich einen umfangreichen Informatikkurs für die fünften Klassen an. Ich mach‘ da sehr viel „Computer Science unplugged“, sozusagen „Informatik ohne Informatik“, in dem ich die Schüler erstmal langsam an einzelne Themen heranführe. Beispielsweise haben wir uns gerade mit Verschlüsselung beschäftigt, und zwar zunächst ohne großen Technikbezug. Erst mit der Zeit wird es immer technischer.

Corina:
Wie ist das bei den anderen, deckt sich Informatik in der Schule mit dem, was Euch auch in der Freizeit an Computern interessiert?

Daan-Bela:
Wir lernen im Fach Informatik zum Beispiel, wie man Python programmiert. Aber leider nicht das, was wir hier bei den Teckids machen.

Simon:
Bei uns in der Schule gibt es das Fach Informatik in der fünften Klasse gar nicht.

Corina:
Würdet Ihr Euch denn noch mehr Informatikunterricht in der Schule wünschen?

(zustimmendes Gemurmel)

Sascha:
Ich würde mir schon mehr wünschen, ich glaube aber, das würden wir gar nicht schaffen. Ich habe schon jetzt an drei Tagen pro Woche jeweils neun Stunden Unterricht, das würde irgendwann zu viel werden.

Teckids-Tutoren und Teilnehmer bei den diesjährigen Chemnitzer Linuxtagen

Teckids-Tutoren und Teilnehmer bei den diesjährigen Chemnitzer Linuxtagen. (Foto: Teckids e.V.)

Corina:
Wie seht Ihr die Anforderungen in der Schule generell: Habt Ihr noch genügend Zeit, Euch mit Hobbys und ehrenamtlicher Arbeit zu beschäftigen? Wann hängt Ihr denn zum Beispiel die Teckids an Euren Schulalltag dran?

Sascha:
Bei mir an der Schule ist das ganz okay, weil wir die Hausaufgaben in der Schule erledigen sollen. So kann ich dann zu Hause wirklich das machen, was ich will – zum Beispiel Programmieren.

Nik:
Was häufig auffällt, dass einige Eltern zusätzlich zum Schulunterricht noch für richtig Freizeitstress für ihre Kinder sorgen. Quasi als Ausgleich für den langen Schultag sollen sie dann noch fünf verschiedene Musikschulen und Sportvereine besuchen. Das sehe ich als größeres Problem als die Schule an sich.

Corina:
Da höre ich es im Hintergrund kichern ;-) Ich habe jetzt sehr viel von Euch gehört – vielen Dank für das nette Gespräch. Ich wünsche Euch viel Erfolg für Eure weitere Arbeit!

Wenn Ihr mehr über die Teckids erfahren wollt, schaut auf ihrer Website vorbei und – besser noch – besucht sie auf einer ihrer Veranstaltungen. 

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