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Alaaf!

Wenn mehr als zwei Drittel der O’Reilly-Belegschaft Urlaub haben, dann ist Weihnachten Karneval. Nun sind wir nicht alle jeck – einige von uns flüchten traditionell nach Österreich oder Holland, ich verschanze mich wie jedes Jahr drinnen. Die anderen aber machen das Agnesviertel unsicher oder gucken den großen Kölner Rosenmontagszug.

Als  Nichtrheinländerin bin ich anfangs über einige, mir unbekannte Besonderheiten gestolpert. Was ich in den letzten zehn Jahren – solange bin ich nun schon hier – in der Kölner Bucht gelernt habe, hab ich im Folgenden zusammengefasst. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ohne Garantie, ohne Rückgaberecht. Einige Erklärungen könnten von meinem unjecken Herzen etwas gefärbt sein. Ich bin aber dennoch voller Respekt für Karnevalisten.

Einsingen: Jedes Jahr neue Karnevalshits – wer da textsicher sein will, geht zu einer der „Loss mer singe“-Veranstaltungen im Vorfeld des Straßenkarnevals. Textzettel lassen sich vorab herunterladen, geübt wird gemeinschaftlich. Eine äußerst sympathische Idee, wie ich finde – einige O’Reillys gehen jährlich singen.

Weiberfastnacht / Wieverfastelovend: Der Start in den Straßenkarneval. Ab 11:11 Uhr steht die Stadt Kopf, schon früh morgens reisen die Feierwütigen aus dem Umland an. Geht man an Weiberfastnacht noch ins Büro, trifft man in den Bahnen und Straßen wundersame Figuren. Lektorin Susanne Gerbert bloggte dazu vor drei Jahren. Die große Sause findet auf dem Alter Markt statt. Die O’Reillys finden sich viel lieber in den kleineren Kölschkneipen ein. Die Weiberfastnacht war übrigens eine Art #Aufschrei im 19. Jahrhundert und hat ihren Ursprung in Bonn-Beuel, ein Stückchen den Rhein hinauf. Dort begehrten die Textilarbeiterinnen gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen und Ungleichbehandlung auf – noch heute ist die wichtigste Figur des Bonner Karnevals daher die Wäscheprinzessin.

Wir sind Papst! (Soeben gesehen in der Kölner Nordstadt)

Wir sind Papst! (Soeben gesehen in der Kölner Nordstadt)

Jan un Griet: Eine Sage. Jan (Jan von Werth) ist zu Anfang der Geschichte ein armer Knecht. Seine große Liebe, die Marktfrau Griet, verschmäht ihn aufgrund fehlenden finanziellen Backgrounds und Reputation. Dann zieht der Gute in den 30jährigen Krieg und kommt – wie soll’s anders sein – als angesehener Feldherr zurück. Die arme Griet bereut daraufhin ihre vergangene Entscheidung mit dem Ausruf „Jan, wer et hätt jewoss!“ Die Sage wird alljährlich vom Reiterkorps Jan von Werth am Severinstor nachgespielt. BAP hat ein Lied dazu.

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„Griet, wer et hätt jedonn!“ (Griet, hättest du es doch getan!) – Ein moderner Jan von Werth, heute im Agnesviertel?

Prinz, Jungfrau, Bauer: Diese 3 bilden zusammen das Kölner Dreigestirn und sind die wichtigsten Personen des Kölner Karnevals. „Einmol Prinz zo sin“ wird dazu gewöhnlich seufzend und sehnsuchtsvoll hervorgebracht. Außer einem Y-Chromosom soll man angeblich aber auch langjähriges Engagement, Klüngeltalente und Geld mitbringen. Hab ich gehört.

Damensitzung, Herrensitzung, Prunksitzung, Kostümsitzung: Dahinter verbirgt sich für Außenstehende fast das Gleiche. Zur Damensitzung werden nur Frauen zugelassen, zur Herrensitzung nur Männer. Beide zeichnen sich durch zuweilen sehr zotige Witze über das jeweils andere Geschlecht aus. Alle lachen über Düsseldorf-Witze. Die Sitzungen finden schon in den Wochen vor den eigentlichen Karnevalstagen in sämtlichen Sälen dieser Stadt statt und werden zumeist von Karnevalsvereinen ausgerichtet. Verschiedene Büttenredner (z.B. Bernd Stelter oder Guido Cantz) und Musikgruppen („Headliner“ sehr oft die unvermeidlichen Höhner) kommen für ein paar Minuten auf die Bühne, um dann direkt wieder abgeholt und zur nächsten Sitzung gefahren zu werden. Eine Besonderheit ist die Stunksitzung – alternativer Karneval & fest im Herzen vieler O’Reillys verankert. Sysadmin Pete ist regelmäßig da.

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Ein Funkemariechen?

Geisterzug: Findet Samstagabend statt. Halloween meets Karneval, jedoch mit politischem Bezug: Als 1991 der Rosenmontagszug wegen des Golfkriegs ausfiel, liefen Antikriegs-Demonstranten und Karnevalisten gemeinsam als Geisterzug durch die Altstadt. Auch vorher gab es vereinzelt Geisterzüge – seit 1991 jedoch ist er fester Bestandteil des Straßenkarnevals.

... gruselige Gestalten gibt's auch hier

grusel, grusel

Schull- und Veedelszoch: Eigentlich der schönere Rosenmontagszug – mit Teilnehmern aus Schulen und Vereinen der einzelnen Stadtviertel („Veedel“) auf der Strecke des Rosenmontagszugs. Findet immer am Sonntag statt, die drei besten Gruppen dürfen am Rosenmontag nochmal beim großen Zoch mitlaufen.

Rosenmontagszug: „Der Zoch kütt!“ ruft man in Köln, wenn die ersten Wagen und Fußgruppen um die Straßenecke biegen. Ungefähr 7 Kilometer lang ist der Zug an sich, ungefähr 7 Kilometer werden zurückgelegt. Hunderte Teilnehmer, die tausende Kamelle (=Bonbons) und Strüßje (=Blumensträußchen) an die Zuschauer verteilen. Kommt ja auch im Feeernsehn, muss man nicht mehr zu sagen. Kollegin Susanne fügt aber noch an: „Rosenmontagszug im Fernsehen gucken geht gar nicht! Hat mit unserem Straßenkarneval echt nichts zu tun!“

Nubbelverbrennung: Weil der Kölner sich am Rosenmontag ordentlich verausgabt, ist am „Veilchendienstag“ außer einigen Veedelszügen nicht mehr allzu viel los. Abends wird der Karneval mit vielen traditionellen Nubbelverbrennungen verabscheidet. Ein Nubbel ist eine (menschen-)große, ausgestopfte Stoffpuppe, die zu Beginn des Straßenkarnevals über die Eingangstüren vieler Kneipen gehangen wird. Am Dienstag nun verbrennt man diese Puppe öffentlich – sie steht übrigens symbolisch für die Verfehlungen, die die Feiernden zu Karneval begangen haben. Alles ist also wieder gut.

Aschermittwoch: Lange dachte ich, an Aschermittwoch ist alles vorbei. Ist aber nicht so. Aschermittwoch gibt’s Fisch. In kleiner Runde in vielen Restaurants oder in großer Runde bei Fischessen-Events in den Kölner Sälen.

Was man sonst noch wissen muss: In nahezu allen Kneipen kann man an den kommenden Tagen Karneval feiern, einfach treiben lassen. In den Straßen herrscht jedoch Glasverbot (also keine Flaschengetränke mit sich tragen) und ein streng geahndetes Pipi-Verbot.

Kollegin Susanne im Karnevalsmodus, Fotograf angeschickert ;-)

Kollegin Susanne im Karnevalsmodus, Fotograf angeschickert ;-)

Zum Schluss noch der Tipp von unseren erfahrenen Karnevalisten: Nur nicht vom üblichen Bild des Karnevals – Schunkeln, Brauhaus und Tätä – in die Irre führen lassen. Die O’Reillys empfehlen eher kleinere Kneipen wie das Low Budget auf der Aachener Straße oder das Olympia im Gleisdreieck. Oder sie gehen auf die Humba Party. Vielleicht seh’n wir uns ja?

Wir wünschen schöne Karnevalstage & melden uns in ein paar Tagen zurück!  

 

 

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