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O’Reillys Zeitzeichen #04: Das Internet von A-Z

„Need to know the latest Supreme Court Opinions? Or geographic, economic, and political data about the republic of Rwanda? News about the latest Space Shuttle flights, direct from Nasa? Or a new recipe for Aspragus Souffle? All of this, and much more, is available on the Internet, the world’s largest computer network.“

„Was für eine glorreiche Erkenntnis, wow!“ werden die meisten von Ihnen jetzt sagen und gleichzeitig überlegen, ob Sie den Verfasser dieser Zeilen auslachen oder bemitleiden sollen.

Allerdings: die zitierten Sätze sind 20 Jahre alt und waren damals wirklich faszinierend. Sie entstammen dem Klappentext des größten O’Reilly-Bestsellers aller Zeiten, „The Whole Internet“. Das Buch erschien erstmals im September 1992 und wurde anschließend in fast 20 Sprachen übersetzt und über eine Million Mal verkauft.

Ed Krol erklärt darin als einer der ersten Menschen überhaupt einem breiten Publikum, was es mit diesem merkwürdigen „Internet“ eigentlich auf sich hat: Wo das Netz herkommt, wer es verwaltet, wie es funktioniert. Und wofür merkwürdige Abkürzungen wie HTTP oder FTP stehen. Selbtverständlich wird auch auf die Vorzüge elektronischer Post („E-Mail“) eingegangen. Ebenfalls vorhanden: Anleitungen zur korrekten Recherche im Netz und zum Umgang mit dem damals noch wichtigen Dienst Gopher. Und gegen Ende wird sogar neumodischem Schnickschnack ein ganzes Kapitel gewidmet: um drei große Ws geht es da – und den hochattraktiven „Browser“ Mosaic.

Was aus dem Netz und vor allem aus dem Web geworden ist, darüber muss ich an dieser Stelle wohl keine Worte mehr verlieren. Die Lektüre des Buchs erfüllt mich als Spätstarter (online seit 1997) beinahe mit Ehrfurcht und zaubert mir ein seliges Lächeln auf die Lippen. Viele Inhalte sind übrigens zeitlos gültig und können auch 2012 noch dabei helfen, die Grundlagen des größten Mediums aller Zeiten besser zu verstehen.

Tatsächlich ein Jahrhundertbuch: „The Whole Internet“ von Ed Krol

Welchen Status das Buch im Kanon der IT-Literatur (was sag ich – der Weltliteratur) hat, zeigen exemplarisch eine Einschätzung der Los Angeles Times, die vom „ersten populären Buch über das Medium“ spricht sowie ein Kanon der New York Public Library, die „The Whole Internet“ in die Liste der wichtigsten Bücher des 20. Jahrhunderts (!) aufgenommen hat. Krol steht dort in der Rubrik „Wirtschaft und Technologie“ tatsächlich neben Autoren wie Max Weber oder John Maynard Keynes.

Eine deutsche, umfassend überarbeitete Fassung des Buchs (inkl. „Internet-Adresskatalog mit rund 100 deutschen Adressen“) erschien 1994. Kollege Gerd Miske erinnert sich lebhaft an eine Präsentation auf der Frankfurter Buchmesse im gleichen Jahr. Eric Pearce vom US-Büro hatte dort erhebliche Probleme, Vertretern der ZDF-Sendung aspekte Funktionsweise und Relevanz des Mediums klarzumachen. Das Gespräch muss ungefähr so abgelaufen sein:

„Ok… ich benutze nun diese grafische Oberfläche, um mich im Netz zu bewegen. Hier sehen Sie eine Seite aus Australien, (klick) und hier eine Seite aus der Schweiz (klick), und hier eine aus den USA. Und jetzt schicke ich den Betreibern mal eine Mail…“

„Aha… und was ist daran so besonders?“

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