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Das Publikum stets im Fokus: Bekenntnisse eines Redners revisited

Platform as a Service ist die Zukunft? ACTA sollte ad acta gelegt werden? Schön und gut, aber man sollte auch wissen, wie man solche (und andere) Thesen öffentlich erklärt bzw. auf einem Podium überzeugend vertritt. In einem weiteren Beitrag über die „Soft-Skill“-Titel von O’Reilly beschäftigt sich Frederik von Rumohr mit Bekenntnisse eines Redners – Oder die Kunst, gehört zu werden von Scott Berkun.

Die erste schlechte Nachricht vorweg: Das, was Scott Berkun unter einem Redner versteht, das womit er sein Geld verdient, gibt es in Deutschland praktisch nicht: Er ist professioneller Key Note Speaker und wird dafür gebucht, bei Kongressen und Firmenveranstaltungen aufzutreten und dort möglichst mitreißend zu sprechen. Die nächste schlechte Nachricht gleich hinterher: Reden halten heißt für Scott Berkun eine PowerPoint-Präsentation zu halten.

Die gute Nachricht: Das war es auch schon mit schlechten Nachrichten. „Bekenntnisse eines Redners“ ist angenehm unprätentiös geschrieben und voll von trockenem Humor. Vor allem aber ist es wirklich nützlich.

Berkun strukturiert seine Kapitel nach bewährtem Muster: Eine (meistens persönlich erlebte) Anekdote setzt den Rahmen und schafft Wiedererkennenswert, in der anschließenden methodischen Einordnung leitet er daraus allgemeine Erkenntnis ab und führt über eine Reihe von konkreten Ratschlägen wieder zur abschließenden Anekdote. Das ist gerade für Lehrbücher aus dem angelsächsischen Raum nicht neu, was mich an „Bekenntnisse eines Redners“ aber fasziniert, ist, dass es dem Reiz widersteht, kokett zu sein. Berkun ist offensichtlich erfolgreich in seinem Beruf. Aber seine Ratschläge kreisen nicht um ihn, nicht einmal um Talent oder Mangel an Talent seines Lesers. Seine Ratschläge fokussieren das Publikum.

In einfachen Fragen und noch einfacheren Schritten geht er den aus meiner Sicht wichtigsten Leitgedanken beim Schreiben und Halten einer Rede nach:

  1. Was weiß mein Publikum bereits? Darauf kann ich aufbauen, damit kann ich schlimmstenfalls aber auch langweilen.
  2. Was weiß mein Publikum noch nicht, soll es aber wissen? Dahin muss ich es führen.
  3. Was weiß es nicht und braucht es auch nicht zu wissen? Das sollte ich vermeiden, selbst wenn ich darüber eine Menge zu erzählen weiß.

In meinen Augen gibt es wenig, das so sehr das Selbstbewusstsein aufbaut, wie die Fähigkeit gut vor beliebig großem Publikum zu reden. Das kann selbstverliebt und arrogant machen. Berkun rät in seinem Buch dazu, das Publikum in seinen Einzel- und Gruppeninteressen ernst zu nehmen. Er rät zur Bescheidenheit. Das gefällt mir.

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Frederik von Rumohr ist Consultant bei der von ihm mitgegründeten Kommunikationsberatung und -akademie Blum|Fischer|Rumohr sowie Vorstandsvorsitzender der gemeinnützigen Rumohr Gesellschaft. Der Kaufmann, Historiker und Politologe gewann 2002 die Deutsche Meisterschaft im Debattieren und wurde im selben Jahr zum besten Redner gekürt. Neben der freien Rede gilt sein professionelles Interesse auch Verhandlungsstrategien und Aufgaben des Projektmanagements.

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