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Virtuelle Einkaufswagen für alle – E-Commerce und Open-Source-Shopsysteme im Überblick

Der Online-Handel hat in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt. So stellte die BITKOM-Studie zur Netzgesellschaft 2011 fest, dass 85% aller deutschen Internetnutzer das Web auch zum Einkaufen nutzen, wobei Otto Normalverbraucher laut WebScope-Panel der GFK bereits 2009 seinen virutellen Einkaufswagen mit Waren im Wert von über 500 Euro füllte. Im gleichen Jahr verkündete der Bundesverband des Deutschen Versandhandels, dass seine Mitglieder mittlerweile den Großteil ihrer Umsätze nicht mehr per Papierkatalog, sondern im Web generieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen scheint der E-Commerce eine glänzende Zukunft zu haben: Markforscher wie Forrester Research gehen auch für die nächsten Jahre von einem Wachstum von ca. 7% per anno aus.

(c) Thommy Weiss / pixelio.de

Bei diesen Zahlen wundert es kaum, dass Anbieter für E-Shop-Software wie Pilze aus dem Boden schießen: 86 verschiedene Systeme listet z.B. das Portal eSales4u.de momentan auf. Ein – auch noch so kurzes – Porträt aller Lösungen zu präsentieren, würde den Rahmen sprengen, weshalb wir uns an dieser Stelle auf eine kleine Auswahl kostenloser quelloffenener Systeme beschränken möchten, die v.a. in Deutschland populär sind. Von  proprietären Produkten wie der Cloud-Lösung e.pages unterscheiden sie sich übrigens hauptsächlich darin, dass der Anwender einiges  technisches Vorwissen mitbringen muss, dafür jedoch mit viel Flexibilität, individuellem Design und dynamischer Entwicklung belohnt wird. Beim Vergleich mit der eigenen, gebührenpflichten Variante fällt hauptsächlich der fehlende Kundendienst ins Gewicht – Antworten und Tipps gibt es allerdings auch jederzeit in Foren.

Magento

Die auf PHP und MySQL basierende Open-Source-E-Commerce-Plattform Magento hat in weniger als vier Jahren ordentlich Karriere gemacht: Über 100.000 Online-Händler setzen das System mittlerweile ein, die Community zählt weit über eine halbe Million registrierte Mitglieder. Soviel Erfolg lockt Investoren an: Das Unternehmen wurde inzwischen komplett von eBay übernommen. Zu den großen Vorteilen von Magento zählt das bereits in der kostenfreien Community-Edition sensationelle Funktions- und Flexibilisierungspotential sowie der Erweiterungsmarktplatz Magento Connect, wo – z.T. kostenlos – diverse Plug-Ins heruntergeladen werden können. Zwei der Nachteile von Magento sind der Ressourcenhunger und die Komplexität des Systems.

OXID

Das ehemals proprietäre, ebenfalls auf PHP und MySQL fußende System OXID wurde Ende 2008 unter der GPL 3.0 freigegeben und ist seitdem als kostenfreie Community Edition verfügbar. In Deutschland ist es laut webselling-Magazin ähnlich populär wie Magento. Das Pendant zu Connect heißt bei OXID eXchange und liefert ebenfalls eine Vielzahl von Erweiterungen. Zu den großen Vorteilen von OXID zählen seine einfache Handhabung und der schlanke Code, dafür ist der Funktionsumfang etwas reduziert. So wird das System z.B. erst in der Enterprise-Edition mallfähig, d.h.: das Hosting mehrerer Shops auf einer Installation ist vorher nicht möglich.

osCommerce

Das Urgestein der quelloffenen, kostenlosen Shopsysteme hat schon mehr als 10 Jahre auf dem Buckel, ist aber noch erstaunlich vital und liegt dank des Engagements eines kleinen Entwicklerteams mitterweile in Version 3.0.2 vor. Technische Grundlage sind auch hier PHP und MySQL. Die Größe der osCommerce-Community ist beachtlich: Laut Wikipedia waren Anfang 2009 über 200.000 Mitglieder registriert – die Zahl der tatsächlichen Nutzer dürfte noch weitaus höher liegen. Design- und funktionstechnisch lässt sich mit osCommerce noch immer eine Menge anstellen, v.a. unter Zuhilfenahme der ca. 3000 frei verfügbaren Module, von denen allerdings viele nur mit dem 2.x-Strang kompatibel sind. osCommerce ist v.a. für kleine Händler interessant, Installation und Konfiguration sind einfach gehalten. Potentielle User sollten überlegen, ob sie mit osCommerce 2.3.1 auf eine populäre, aber veraltete Version setzen wollen oder lieber zum neuen Framework (3.0.2) greifen, um noch in den Genuss von Updates zu kommen. Für größere Firmen ist osCommerce in jedem Fall eher ungeeignet, da es ausschließlich eine Community Edition gibt und somit kein professioneller bzw. komfortabler Support eingekauft werden kann. osCommerce war und ist Grundlage für diverse andere, mitunter kommerzielle Shopsysteme.

Shopware

Als OpenSource-Projekte gibt es dieses E-Commerce-System erste seit 3 Monaten. In dieser Zeit wurden allerdings bereits stolze 6000 Installationen vorgenommen, 200 Partner zertifiziert und 200 Plug-ins entwickelt. Dem Newcomer könnte in Zukunft also ein größeres Stück des Onlineshop-Kuchens zufallen. Der Hersteller wirbt mit der Leistungsfähigkeit der kostenlosen Edition, großer Benutzerfreundlichkeit, einer hochmotivierten Community, viel Transparenz sowie einem Feature, das bislang kein anderes Shopsysteme vorweisen kann: Shopware Connect sieht einen “dezentralen Marktplatz” vor – ein vernetztes Shopsystem, bei dem Händler ihre Produktpalette teilweise oder komplett anderen Händlern zur Verfügung stellen können.

Weitere Anbieter und Fazit

Auch wenn man tiefer ins Thema einsteigt und den Fokus nur auf Open-Source-Anbieter richtet, fällt es schwer, einen Universalfavoriten zu küren. Denn – so Roman Zenner, O’Reilly-Autor und Fachmann für Online-Shops – “die Auswahl der Software hängt immer von der Komplexität der Produktpalette sowie den persönlichen Vorstellungen und Fähigkeiten ab”.  Einsteigern mit kleiner Warenpalette und wenig Zeit mag schon A-Shop oder Quick.Cart genügen. Wer hingegen  eine hochskalierbare, mandantenfähige Softwarelösung sucht, also hunderttausende Artikel verwalten und obendrein verschiedenen Dienstleistern getrennt voneinander Zugriff auf ein ausgetüfteltes System gewähren möchte, der muss nicht nur einen großen Hersteller in den Blick nehmen, sondern auch zu dessen Enterpriseversion greifen – und evtl. die eigene IT-Abteilung vorwarnen.

Im O’Reilly Verlag sind zum Thema das Grundlagenbuch Online-Shops mit Magento sowie – druckfrisch – der ebenfalls an Einsteiger gerichtete Titel Online-Shops mit OXID eShop erschienen. Fortgeschrittene mit Coding-Ambitionen sollten sich Magento – das Handbuch für Entwickler anschauen. Weitere Artikel, Tipps und Anmerkungen zu diversen Shopsystemen sind kostenfrei auf der Website von Roman Zenner zu finden.

Zur ausführlichen Recherche im Netz abschließend eine Liste aller noch nicht genannten und weiterhin aktiven Shop-Projekte, von denen es mindestens eine offene Version gibt:

123JavaShop
Contao webShop
DashCommerce
Drupal Commerce
FWP Shop
H.H.G. Multistore
Interchange
nopCommerce
OpenCart
PhPepperShop
PHPMass Cart
PrestaShop
Self-Commerce
simpleCart(js)
Spree
Substruct
TomatoCart
VirtueMart
xt:Commerce

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