Für „Das Android-Smartphone-Buch“ hat sich der Apple-Fan und Autor Hans Dorsch alle wichtigen Android-Smartphones angesehen und sich ausführlich mit dem System beschäftigt. Was er inzwischen an Android schätzt und wie er die künftige Marktentwicklung sieht, verrät er in diesem Interview.
Kannst Du Dich kurz vorstellen – was machst Du beruflich, und vor allem: Welche Gadgets begleiten Dich dabei?
Mein Name ist Hans Dorsch. Ich lebe in Köln, arbeite als Texter und Konzepter vor allem für Online-Medien.
Viele Gadgets besitze ich gar nicht. Und ich muss auch gestehen, dass ich bei elektronischen Geräten komplett im Apple-Universum lebe. Also: MacBook Pro, iPhone 4 und iPad (1).
Du bist uns und vielen anderen Lesern als Mac-Fan bekannt, hast bereits einige Bücher und Artikel zu Apple-Geräten und Technologien verfasst. Wie ist es dazu gekommen, dass Du Dich mit Android beschäftigt hast?
Das iPhone hat die Welt der Mobiltelefone verändert – und die der Computer. Es war der erste Universalcomputer, den man immer dabei haben konnte. Es machte auf einen Schlag eine Menge elektronischer Geräte überflüssig und konnte durch die permanente Internetverbindung auf Dienste zugreifen, für die man vorher an einen großen Computer gehen musste.
Android hat ja eine lange Geschichte hinter sich. Andy Rubin, der Erfinder von Android, hatte vor vielen Jahren schon ein fantastisches Gerät entwickelt, das viele Dinge konnte, die jetzt selbstverständlich sind. Der Hiptop oder auch Sidekick kam mit einer Internetflatrate, hatte einen mobilen Webbrowser und ließ sich über eine Tastatur und ein Drehrad bedienen. Und er funktionierte schon damals trotz langsamer Internetverbindung erstaunlich schnell. Ich bin immer noch ein großer Fan dieses Geräts. Wenn also einer dieser Entwickler etwas neues macht, bin ich neugierig. Und die Entwicklung bei Android geht in Riesenschritten voran.
Android hat während der letzten Monate wahnsinnig schnell die Marktführerschaft im Smartphone-Bereich übernommen. Es gibt eine große Vielfalt an Geräten in unterschiedlichen Preissegmenten, und allein der stärkste iPhone Konkurrent, das Samsung Galaxy, hat gerade das 10-millionste Gerät verkauft. Hast Du das erwartet? Das erste iGadget, der iPod, ist schließlich bis heute Marktführer geblieben.
Das Samsung Galaxy verkauft sich zurecht sehr gut, denn es hat die schönste Bedienungsoberfläche von allen Android-Geräten. Mir gefällt es sehr gut, vielleicht, weil es am stärksten vom iPhone „inspiriert“ ist.
Und dann ist Samsung nur ein Hersteller von zur Zeit knapp 20, die Android-Geräte herstellen. Darunter sind bekannte Namen wie Motorola (ich hatte gehofft, die Telekom vergisst, dass ich das tolle wasserdichte Defy zum Test ausgeliehen hatte. Hat sie aber nicht) oder Sony-Ericsson (die inzwischen übrigens offiziell die Entwicklung „normaler“ Telefone eingestellt haben) und auch Hersteller wie HTC oder Huawei, die bis vor kurzem nur Insidern als Hersteller von Geräten für Markenhersteller oder Netzbetreiber bekannt waren.
Der Markt für Smartphones ist geradezu unvorstellbar groß. Die westlichen Industrieländer werden da in Zukunft nur einen winzigen Teil des Marktes ausmachen.
Der iPod, übrigens, ist zwar immer noch Marktführer bei den Musikplayern, aber die Verkäufe in dieser Gerätekategorie sind sogar bei Apple selbst im Vergleich zu Smartphones verschwindend gering.
Wo siehst Du die Gründe, die für Android als führendes System sprechen?
Für Gerätehersteller ist das System erstmal Klasse. Sie können es ohne Lizenzgebühren nutzen und sich darauf verlassen, dass alle wichtigen und technisch anspruchsvollen Funktionen (Telefon, Internet) zuverlässig funktionieren. Darauf können sie aufbauen und so ihr Angebot einzigartig machen.
Mit eleganten Oberflächen und eigenen Apps, wie Samsung oder HTC, mit spezieller Hardware, zum Beispiel bei den wasserdichten Geräten von Motorola oder ganz einfach über den Preis, wie bei Huawei. Ein Bekannter hat kürzlich bei Lidl ein richtig leistungsfähiges Android-Phone für 100 Euro gekauft. Für Konsumenten war es nie so einfach ein echtes Smartphone für wenig Geld zu bekommen.
Ach ja, für Programmierer ist der unbeschränkte Zugang zu Googles Market ein wichtiger Grund für Android. Denn wer lange an einem Programm arbeitet, möchte nicht, dass der Chef des einzigen Ladens, in dem er es verkaufen kann, sagt: „Du kommst hier nicht rein!“.
Übertragen wir dies auf andere Geräte, insbesondere Tablets. Zwar gibt es für den stärksten iPad-Konkurrenten, das Samsung Galaxy Tab, momentan Patentstreitereien und ein Verkaufsverbot, dennoch werden künftig neue Tablets mit Android auf den Markt kommen. Hältst Du diese schon für konkurrenzfähig?
Bei Tablets zählt das Komplettpaket. Da muss einfach alles zusammenpassen und alles stimmen. Sie eignen sich hervorragend zum Medienkonsum und zum Spielen. Das muss kinderleicht gehen. Da hat Apple mit seinem Komplettangebot an Musik, Filmen und natürlich Apps bisher das beste Angebot, an das kein Konkurrent herankam. Aber das ändert sich.
Demnächst bringt Amazon in den USA ein Tablett heraus, den Kindle Fire. Es läuft mit Android, ist aber von Amazon konsequent auf die Benutzung als Unterhaltungsgerät bearbeitet worden. Denn Amazon bietet Inhalte an: Ebooks, Musik, Filme. Mit dem Fire lassen sich all diese Medien ganz einfach über ein Benutzerkonto kaufen und verwalten. Sogar den Android Market hat Amazon durch einen eigenen Store ersetzt. Damit setzt Amazon auf das gleiche erfolgreiche Konzept wie Apple. Alles aus einer Hand. Alles mit einem Konto. Das wird ganz sicher ein richtig großer Erfolg.
Auch Samsung versucht, diesen Weg zu gehen: mit eigenem App Store und sogenannten Hubs für alle möglichen Medien. Das Angebot ist zur Zeit noch nicht ganz rund (teilweise nur englischsprachig, irritierende Einkaufsmöglichkeiten), wenn sie daran weiter arbeiten, kann das aber durchaus noch was werden. Wer dazu noch einen Fernseher vom gleichen Hersteller besitzt, kann Filme und Fotos vom Smartphone auch besonders einfach darauf ansehen.
Alle Apple-Geräten werden insbesondere wegen hoher Benutzerfreundlichkeit außerordentlich gelobt. Siehst Du hier Schwächen bei Android? An welcher Stelle hilft hier Dein Buch?
Man muss ganz klar sehen, dass Apple einen Vorsprung von gut zwei Jahren hatte. Doch Android reift und ist, meiner Meinung nach, seit diesem Jahr wirklich konkurrenzfähig. Manchmal gibt es noch Ungereimtheiten, die jedoch nicht zu schwer ins Gewicht fallen.
Ein Punkt, der häufig Schwierigkeiten macht, ist das Einkäufen von Apps. Ohne Kreditkarte geht erst mal nichts. Und das Entdecken interessanter Anwendungen ist manchmal gar nicht so einfach. Das Buch hat deshalb ein eigenes Kapitel zu Erweitern des Smartphones mit Apps Kapitel 4)
Solange man sich mit den installierten Anwendungen zufrieden gibt, ist eigentlich alles in Ordnung, nutzt man allerdings die Freiheiten, die das System bietet und installiert einen anderen Musikplayer, eine andere Kamera oder ein anderes Fotoprogramm, melden sich zum Beispiel beim Tipp auf eine Bilddatei gleich mehrere Anwendungen, um sie zu öffnen. Das Buch zeigt, wie man mit einem Häkchen an der richtigen Stelle eine App zum Standard macht und in Zukunft Ruhe hat.
Und dann gibt es noch diese genialen Funktionen, mit denen man ein wenig spiele muss, bevor man ihren wahren Wert erkennt: Widgets, zum Beispiel, die manchmal schwierig zu finden sind, aber ungemein praktisch. Das Buch zeigt, wie man den Home-Bildschirm zum Armaturenbrett für den Altag macht.
Und dann gibt es noch meine absolute Lieblingsfunktion (die es beim iPhone so wohl niemals geben wird): Sie heißt „Weitergeben“ (S. 67). Mit Ihr lässt sich jeder Inhalt einer App an jede andere App weitergeben. Das Buch zeigt, wie es geht und inspiriert, die Funktion zu nutzen.
Hans, ich danke Dir für das informative Gespräch!