Neuer Mitarbeiter, neue Blogreihe. In dieser Rubrik stellt Alexander Plaum fortan ausgewählte Filme vor, die sich – auf unterschiedlichste Art und Weise – mit Techheads und Nerds, Rechnern und Robotern, virtueller Realität und weltweiter Vernetzung beschäftigen.
Den Anfang macht Primer von Shane Carruth aus dem Jahr 2004.
Ich werde nicht den Fehler machen, detailliert auf den Plot einzugehen. Primer ist DER Hard Sci Fi-Film schlechthin, es gibt neun Zeitebenen und Tech Talk bis zum Umfallen. Das ist auch kein Wunder, schließlich ist der Regisseur von Hause aus Software-Ingenieur und Mathematiker. Wo’s bei den meisten Mainstream-Streifen albern und oberflächlich wird, bleibt Primer ernstzunehmen und geht ins Detail.
Das wird schon zu Beginn des Films klar: Vier befreundete IT-Bastler sitzen in einer Vorstadt-Garage (hallo Steve Jobs!), wo sie JTAG-Karten bauen und verkaufen, um mit dem Erlös größere Erfinderprojekte stemmen und schlussendlich ordentlich Risikokapital anziehen zu können.
Bei einer dieser Basteleien handelt es sich um eine Maschine, die der Gravitation entgegenwirken und dadurch das Gewicht eines Objekts verringern soll. In diesem Zusammenhang wird auch unbeschwert über den für Laien praktisch unverständlichen Meißner-Ochsenfeld-Effekt schwadroniert.
Kommen wir zum Punkt: Das Gerät macht Objekte nicht nur leichter, sondern lässt sie auch in der Zeit reisen. Da ein größerer, für Personen geeigneter Nachbau relativ leicht zu realisieren ist, und die Protagonisten schon immer mal ordentlich an der Börse spekulieren wollten, sind wir bald mitten drin im vierdimensionalen Tech-Crime-Streifen, der – wie eingangs erwähnt – außerordentlich komplex und nerdy ist. Dabei werden grundlegende “menschliche” Themen wie Freundschaft und Verrat jedoch nicht aus dem Auge verloren.
Primer ist nicht nur inhaltlich anspruchsvoll, auch formal kann sich der Film sehen lassen – v.a. wenn man bedenkt, dass Multitalent Carruth, der neben Regie, Kamera, Schnitt, Produtkionsdesign und Score auch eine der Hauptrollen übernommen hat, ihn für magere 7000$ realisiert hat.
Das Geheimnis dürfte in den nüchternen, reduzierten Sets, dem effektiven Schnitt, den sorgfältig gewählten Farbschemata und der packenden, realistischen Gesamtatmosphäre liegen.
In Sachen ROI (immerhin 400.000$ Einspielergebnis) und Kritikerresonanz (Großer Preis der Jury beim Sundance Festival) konnte Carruth seinerzeit Achtungserfolge verbuchen. Trotzdem fristet seine Produktion bis heute ein Nischendasein, v.a. in Deutschland. Primer ist und bleibt, um Roger Ebert zu zitieren, “a film for nerds, geeks, brainiacs, Academic Decathlon winners, programmers, philosophers and the kinds of people who have made it this far into the review”. Doch gerade das macht ihn so reizvoll.
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