Vielleicht haben Sie noch einen MS-DOS-Rechner besessen, der Sie mit weiß blinkendem Cursor auf schwarzem Hintergrund begrüßte und nur auf klar eingetippte Befehle wie „cd“ für „change directory“ oder „format c:“ für „formatiere die Festplatte“ reagierte. Wenn ja, dann haben Sie den Vorteil, gut nachvollziehen zu können, wie man über die Kommandozeile mit einem Unix-System in Kontakt tritt. Wenn nein, sind Sie wahrscheinlich nach 1985 geboren oder hatten das (nicht immer gleich große) Vergnügen, die Arbeit mit Computern erst kennen gelernt zu haben, als es bereits grafische Benutzeroberflächen gab: Fenster, Menüleisten, einen Pfeil, der sich per Maus verschieben lässt, und Schaltflächen, auf die ma mit ihm klicken kann.
Nun gibt es jedoch nach wie vor Anwendungsfälle, in denen man ein Betriebssystem per Kommandozeile bedient. Unixoide Systeme wie Linux, BSD, Solaris (Oracle) oder AIX (IBM) beispielsweise sind gängige Wahl für den Betrieb von Servern. Die Gründe: Unix läuft sehr stabil, ist seit seiner ersten Version netzwerkfähig und aufgrund seiner vielen kleinen Module wenig fehleranfällig.
Eingerichtet und bedient werden die Unixe üblicherweise durch eine sogenannte Shell – die Schnittstelle zwischen Nutzer und Kern des Betriebssystems. Es existieren verschiedene Ausprägungen, am bekanntesten sind Bourne-Again-, Korn-, und TC-Shell. Bei jeder Shell tippt der Sysadmin über eine einfache Textzeile Kommandos ein und bestätigt per Enter. Die Shell sorgt umgehend für die Ausführung, denn sie kann die sprachbasierten Eingaben des Nutzers in Maschinenbefehle übersetzen.
System- und Netzwerkadministratoren müssen daher auch heute sicher mit Shells und Kommandozeilen umgehen können. Es gilt, Netzwerke und Dateisysteme zu überblicken, häufige Aufgaben zu automatisieren, Sicherheitslücken zu entdecken und für eine stets hohe Verfügbarkeit des Systems zu sorgen.
Für Anfänger ist Unix jedoch oftmals schwer zu durchschauen und noch schwerer zu erlernen. Außerdem gibt es Fehler, die einfach nie ausgemerzt worden sind: „So verfügt Unix z.B. heute (noch) nicht über ein einheitliches Treibermodell, um Drucker unabhängig von Anwendungssoftware anzusprechen“, bestätigt O’Reilly-Autor Martin Dietze. „In der Parodie ‚Real Programmers don’t use Pascal‘ heißt es nicht umsonst: ‚Der typische UNIX-Hacker weiß nie, wie das PRINT-Kommando diese Woche heißt.'“
Dietze, seit vielen Jahren Systemingenieur und Admin bei namhaften IT-Unternehmen, empfiehlt Unix-Neulingen daher, die Kommandozeile auszuprobieren und viele Anwendungsfälle einmal durchzuspielen, um Routine zu bekommen. Mit seinem „Praxiskurs Unix-Shell“ legt er ein äußerst anschauliches Arbeitsbuch vor, das viele Übungsaufgaben bietet und damit von seiner Erfahrung als Dozent profitiert. Und er appelliert an seine Leser: „Nehmen Sie sich Zeit, auszuprobieren, und lassen Sie sich gern dazu inspirieren, tiefer zu graben oder Beispiele abzuändern. Probieren Sie ruhig manche Dinge erst einmal aus, bevor Sie nachschlagen, wie es denn ‚richtig‘ geht.“
Dabei ist das Buch nicht nur praxisnah, sondern auch sehr unterhaltsam. Dietze versteht es, für den Unix-Kernel zu begeistern. Er berichtet aus frühen Usenet-Zeiten, zeigt witzige Serverantworten auf bestimmte Befehle und erklärt das hochtechnische Thema Unix-Shell in einer sehr anschaulichen und motivierenden Sprache.
Der „Praxiskurs Unix-Shell“ von Martin Dietze ist soeben in der basics-Reihe erschienen und richtet sich an Unix-Einsteiger, Studenten und Azubis der IT.