Kommentare 1

„Das Schlimmste was passieren kann, ist das niemand einschaltet.“ – Ein Interview mit Moritz“mo.“ Sauer

Wir haben Moritz »mo.« Sauer zu Veröffentlichung seines Buches „Weblogs, Podcasting & Online-Journalismus“ im Jahr 2006 interviewt – jetzt ist sein neues Buch Blogs, Video & Online-Journalismus erschienen und wir sprechen mit ihm über dieses, und darüber, was sich in der Zwischenzeit verändert hat.

Der Titel deines Buchs lautet „Blogs, Video & Online-Journalismus“.  An wen richtet sich das Buch? Was möchtest Du den Lesern mit diesem Buch vermitteln?

Eigentlich verfolge ich mit der vollkommen überarbeiteten zweiten Auflage das gleiche Ziel, das ich bereits beim ersten im Fokus hatte: Ich möchte Menschen zeigen, wie Sie eigene Gedanken im Internet ansprechend und professionell präsentieren. Eigentlich bin ich noch mehr als je zuvor davon begeistert, dass jeder zum Sender werden kann ohne großes Geld zu investieren. Die Werkzeuge warten darauf genutzt zu werden.

Moritz »mo.« Sauer

Der Vorgänger dieses Buches war ja sehr erfolgreich. Was hat Dich dazu bewogen, diesem Thema ein weiteres Buch zu widmen? Wird etwas nun abgedeckt, was früher nicht vorhanden war?

Ja und nein. Einerseits operieren wir jetzt im Nachrichtengeschäft in Echtzeit. Nichts ist mehr exklusiv. Wenn jeman d eine heiße Nachricht oder ein Bild twittert, dann verbreitet es sich in Sekunden und Minuten über den Erdball. Twitter ist seit dem letzten Buch als Phänomen neu dazugekommen. Aber auch die Möglichkeit Videos in Full HD auf YouTube zu veröffentlichen ist neu. YouTube ist damit in besserer Qualität empfangbar als reguläres Fernsehen. Und natürlich haben sich sämtliche Techniken weiterentwickelt.

Hat sich deiner Ansicht nach der Online-Journalismus seit dem Erscheinen deines Buchs „Weblogs, Podcasting & Online-Journalismus“ im Jahr 2006  geändert? Wenn ja, inwiefern?

Ich glaube, in den nächsten Jahren verschwindet womöglich der Begriff. Denn das Internet wird – oder ist vielleicht schon – das Leitmedium für Nachrichten, Kultur und Unterhaltung. In ein paar Jahren wird keiner mehr einen großen Unterschied machen. Zahlreiche Inhalte – z.B. die Tagesschau – werden ja mittlerweile in zahlreiche Formate fürs Web aufbereitet. Gute Journalisten bereiten Inhalte immer mit dem Gedanken im Hinterkopf auf, dass diese auch im Netz landen werden.

Im letzten Interview hast Du prognostiziert, das Kommunikation im Internet mittels Social Media in den dara uffolgenden Jahren weiter zunehmen wird. Welche Beobachtungen hast Du seitdem gemacht? Hat sich deine Vermutung bestätigt? Gibt es eine Entwicklung, die Dich überrascht hat?

Wenn wir uns facebook anschauen und die immensen Wachstumszahlen

…und dass ich mich auf facebook mit meinen Verwandten aus Australien und Freunden in Südamerika verdrahten kann, so habe ich scheinbar recht gehabt. Was mich überrascht, ist wie das alles funktioniert. Das Menschen mehr Zeit auf facebook als mit Google verbringen… facebook ist die digitale Kneipe, in welcher sich jeder mit seinen Freunden trifft, chattet, spielt un d Dinge teilt. In der Art hätte ich mir das nicht vorgestellt.

Nach Dan Gillmor, Pionier des Graswurzel-Journalismus‘ und O’Reilly-Autor gibt es 5 Pfeiler für guten Journalismus: Gründlichkeit,  Exaktheit, Fairness, Transparenz und Unabhängigkeit: Wie sieht es deiner Ansicht nach in der heutigen Zeit mit diesen Pfeilern aus? Gelten sie noch? Sind noch andere hinzu gekommen oder spielen sie heute keine Rolle mehr?

Unser Tipp: Blogs, Video & Online-Journalismus

Ich glaube, das werden immer Pfeiler bleiben. Glücklicherweise ändern sich manche Parameter nie.

Wenn wir darüber sprechen, was man für guten Online-Journalismus tun kann – gibt es auch absolute Todsünden? Was darf man auf keinen Fall tun?

Die Todsünde im Journalismus und noch mehr im Online-Zeitalter ist die: Verschwende keine Zeit Deiner Leser, Zuhörer und Zuschauer! Wer keine Qualität bietet – wobei Qualität auch Unterhaltungswert bedeuten kann – wird konsequent bestraft.

Im letzten Interview hast Du davon gesprochen, dass ein Blog vor allen Dingen Persönlichkeit bieten muss. Nun gibt es genügend Firmenblogs, mit denen sich die Unternehmen auch mit Social Media nach außen darstellen wollen. Gilt für Corporate Blogs dasselbe wie für Privat-Blogs, oder können hier auch andere Maßstäbe angewendet werden?

Das kommt auf die Firma an. Die Google-Blogs zu den verschiedenen Produkten angefangen von Mail, YouTube bis hin zu Text & Tabellen kommen sehr kumpelhaft rüber. Besonders das YouTube Blog. Man kann ein Firmenblog aber auch als reinen Informationskanal für Neuerungen benutzen. Ein sympathisches Corporate Blog ist zum Beispiel das Blog der Screencast-Software Screenflow. Das gibt den Benutzern der Software Tipps, fragt Sie aber auch was man besser machen könnte. Das wirkt sympathisch und dahinter steht Persönlichkeit und der Wille den Kunden ernst zu nehmen und einzubinden.

Viele Firmen machen den großen Fehler, dass Sie auf ihren sozialen Profilen und Blogs, die Kommentarfunktion abschalten. Das nehmen die meisten Leser sicherlich übel. Wer eine Persönlichkeit hat, verträgt auch negative Kommentare und nutzt Sie als Chance. Ich finde nach wie vor, dass ein Firmenblog Persönlichkeit braucht. Es arbeiten ja auch ganz normale Menschen bei dieser Firma.

Wir haben zuvor darüber gesprochen, dass Persönlichkeit in einem Blog ein wichtiges Erfolgskriterium ist. Gilt das auch für Podcasts?

In dem schönen Blog-Beitrag “25 things journalists can do to future-proof their careers” von Chris Lake, schreibt er: “Objectivity is overrated. Subjectivity kicks ass.” Dem schließe ich mich an, für alle Medien.

Welche Regeln muss man bei der inhaltlichen Gestaltung eines Podcasts beachten? Um seine Hörer zufrieden zu stellen – was sollte man auf jeden Fall vermeiden?

Erstens einen großen Bogen um die oben genannte Todsünde machen ;) Dann braucht ein Podcast, wie auch andere Beiträge, Struktur und einfach gute Inhalte, die mit Persönlichkeit vorgetragen werden.

Werden digitale Inhalte und Online-Journalismus in der Zukunft deiner Ansicht nach noch mehr an Bedeutung gewinnen? Falls ja, siehst Du darin eher eine Gefahr oder einen Vorteil? Was muss vom Nutzer dabei beachtet werden?

Digitale Inhalte sind die Zukunft und werden alle anderen Medien ablösen, nicht auslöschen. Aber digitale Inhalte haben einen Vorteil: Sie nehmen so gut wie keinen Platz weg. Und mit immer schnelleren Datenleitungen und immer billigeren Speichermedien sind digitale Inhalte am ökonomischsten und viele Geräte wie mobile Geräte und eReader werden immer besser, billiger und handlicher. Und man kann die Inhalte unkompliziert aktualisieren.

Warum zehn Bücher mit in den Urlaub schleppen, wenn ich meine Bibliothek auf meinem dünnen handlichen eReader mitnehmen kann? Das was MP3-Player mit Musik vorgemacht haben, steht auch – glaube ich – den Büchern bevor. Und das Fernsehen löst sich ja bereits auch im Internet auf… Und stellen wir uns mal vor, was demnächst passiert, wenn wir alle eine DSL-Flat in der Hosentasche mit uns herumtragen.

Hast du noch einen tollen Tipp für Einsteiger, die bloggen, podcasten oder sich generell aktiv im Online-Geschehen betätigen wollen?

Probiert einfach aus! Das ist das tolle am heutigen Web: Ob Twitter, WordPress.com, YouTube, Vimeo, Mailchimp, Flickr, Soundcloud und was es alles da so gibt: Es kostet nichts außer Zeit, die Services zu nutzen. Das Schlimmste was passieren kann, ist das niemand einschaltet. Aber Übung macht den Meister und der ist noch nie vom Himmel gefallen. Alte Sprüche, aber immer noch wahr.

Moritz »mo.« Sauer ist Journalist, Buchautor, Dozent und Webdesigner. Als versierter Spezialist beschäftigt sich der Kölner hauptsächlich mit den Themen Internet, Kommunikation, (Online) Journalismus, Marketing, Musik und Netzkultur.

Die Fragen stellten Viviane Kramer und Nathalie Pelz.

Sag's weiter:

1 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert