Ende November haben wir unser erstes Kinderbuch veröffentlicht: „Ada und Zangemann – Ein Märchen über Software, Skateboards und Himbeereis“. Eine zauberhafte Geschichte, die Lust aufs Tüfteln macht. Und eine außergewöhnliche Erfahrung für unser Team.
Anfang Juni diesen Jahres meldete sich Matthias Kirschner, Präsident der Free Software Foundation Europe (FSFE) mit einer Buchidee. Von einem Mädchen sollte das Buch handeln, das mit seiner Mutter und seinem Bruder am Rande eines Schrottplatzes lebt. Das beginnt, Geräte auseinander- und wieder zusammenzubauen. Das irgendwann ins Programmieren einsteigt. Ganz unbedarft und auf eigene Faust. Und dabei letztlich ihren Gegenspieler, den erfolgreichen Entwickler (proprietärer) Hard- und Software Zangemann, „bezwingt“.
Ein Kinderbuch, im Fachbuchverlag?
Nun stoßen außergewöhnliche Projekte, und gerade auch Buchideen, die sich auf eine gute Sache, wie die Verbreitung Freier Software beziehen, (bei uns) erst einmal auf besonders viel Gegenliebe. „Klar, das machen wir!“, war sicherlich bei jedem und jeder von uns die erste Reaktion. Dennoch übte zumindest ich mich im Bremsen jeglicher Vorfreude.
Würde uns als Fachbuchverlag gelingen, ein Kinderbuch an die Leser:innen zu bringen? Schließlich richten sich die allermeisten unserer Bücher an erwachsene Menschen: die konkrete Probleme lösen wollen, Codeschnipsel suchen, Best Practices mitnehmen, ihre Skills so verbessern möchten, dass sie beruflich vorankommen und so weiter. Wie erreichen wir die Kinder, wie gelangen wir in die Kinderbuchabteilung der Buchhandlungen? Und überhaupt: Gibt es nicht schon genügend tolle, spannende, aufwendig gestaltete und illustrierte Kinderbücher? To be honest: Ein klein wenig hielt ich also die Luft an, als ich mein „Mega Projekt, absolut dafür“ durchs Telefon gab.
Ein fachlich korrektes und mitreißendes Märchen
Im Herbst erhielt ich dann das Manuskript mit den ersten Zeichnungen – und war sofort und ohne Übertreibung hingerissen. Matthias Kirschner ist es gelungen, eine tolle und empowernde Geschichte zu schreiben, die gänzlich ohne erhobenen Zeigefinger auskommt. Bei der (natürlich) alle technischen Details korrekt sind, und die gleichzeitig superleicht verständlich ist. Deren Aussage sich auch kleineren Kindern offenbart, die nicht alle Begriffe verstehen, und die für größere oder neugierige Kinder zahlreiche Anlässe bietet, tiefer einzusteigen.
Über Matthias Kirschner
Matthias Kirschner ist Präsident der FSFE. 1999 begann er, GNU/Linux zu nutzen und realisierte, dass Software tief in allen Bereichen unseres Lebens verwurzelt ist. Er ist davon überzeugt, dass diese Technik unsere Gesellschaft nicht einschränken, sondern sie befähigen muss. Die Geschichte „Ada und Zangemann“ hat Matthias ehrenamtlich für die FSFE geschrieben. (Mehr dazu.)
Wer regelmäßig Geschichten für Kinder vorliest, wird einen weiteren Aspekt sehr zu schätzen wissen: Der Text kommt mit einem guten, entspannten Flow, im richtigen Rhythmus, in dem sich prima anschaulich und stolperfrei vortragen lässt. Der die Aufmerksamkeit des Kindes nicht verliert, und der auch Vorlesende selbst erfreut.
Nachdem ich das Manuskript im privaten Umfeld – mit wenigen und noch nicht kolorierten Illustrationen – erstmals vorlas, wurde mir endgültig klar: Dieses Buch ist wirklich, wirklich großartig. So völlig „ada-isiert“, wie es beispielsweise „mein Testkind“ hinterließ, wollte ich fast für einen Warnhinweis auf dem Cover plädieren: „Achtung, nicht abends vorlesen. Kind will dann nicht mehr schlafen gehen, sondern sofort programmieren lernen!“ – Mit dieser Erfahrung blieb ich nicht allein. Das Buch nimmt jede:n sofort in den Bann.
„Ich war auch als Nicht-Kind von der ersten bis zur letzten Seite von der Geschichte gefesselt. Hut ab für den Autor, schwierige Themen wie Monopole, Lobbyismus, Digital Divide, Softwarefreiheit, digitale Autonomie, IoT, Verbrauchergängelung, Elektroschrott und vieles mehr in kindgerechter Form leicht verständlich in eine spannende Handlung zu verpacken.“
Jörg Luther, Chefredakteur | Brand / Editorial Director Linux Linux-Magazin, LinuxUser, Raspberry Pi Geek
Was gehört eigentlich alles zu einem guten Kinderbuch?
Zurück zum Vorlesen: Von „da sind mir zu wenig Bilder drin, das les ich nicht“ bis „die Bilder sehen zu dunkel aus, voll gruselig“ dürften Eltern so ziemlich alle Gründe kennen, warum Kinder selbst die spannendsten Bücher einfach liegenlassen. (Meine Tochter rührte über Jahre keine Bücher an, in denen auch nur kleinste Krabben oder Spinnen abgebildet waren. Von da an suchte ich jedes Kinderbuch gründlich nach Spinnenbeinen und Meerestieren ab, bevor ich es kaufte. Und betrauerte all die schönen Geschichten, die ihr entgingen.)
Als die ersten Seiten von „Ada und Zangemann“ durch den Verlag wanderten, hörte man aber überall nur „ahhhs“ und „ohhhhs“. Denn Sandra Brandstätter, die das Buch illustrierte, gab mit ihren Zeichnungen nicht nur Ada ein Gesicht, sie gestaltete eine detailreiche und fröhliche Welt um die beiden Protagonisten des Buchs herum. Es macht Freude, in diese Welt einzutauchen und all die witzigen Details zu entdecken.
Die Gestaltung des Buchs war für Lektorat und Herstellung unseres Verlags sicherlich ein ganz besonderes Glanzlicht des Jahres. Einerseits war natürlich vieles neu – Illustrationen bedeuten bei uns in der Regel Flussdiagramme und Screenshots, selten aber „richtige“ Zeichnungen auf jeder Seite – und andererseits bot das Projekt die tolle Chance, einfach mal aus dem Vollen zu schöpfen: Hardcover, Lesebändchen, und viel, viel Farbe.
Vom Manuskript zum Buch, von uns zu euch
Während des Herstellungsprozesses tauschten wir bereits Zahlen: Wie viele Exemplare wollen wir drucken? Wie viele Vorbestellungen könnten wir bereits vorab sammeln, wie viel Interesse würde das Buch hervorrufen? Vom Fachbuch sind wir die Herausforderung gewöhnt, Absatzzahlen zu schätzen und Auflagen sinnvoll anzusetzen. Manchmal beispielsweise sind Frameworks oder Anwendungen so neu, dass sich während des Schreibprozesses nicht sagen lässt, wie viele Menschen ein deutschsprachiges Buch dazu kaufen werden – sei es auch noch so hilfreich. Wir sind da nicht feige und geben neuen Themen immer wieder eine Chance. Und wir wussten, dass Matthias Kirschner einen wesentlichen Grundstein zur Finanzierung des Projekts gleich mitbrachte: Er hatte das Linuxhotel für eine fixe Abnahmemenge gewonnen. (An dieser Stelle auch von Verlagsseite unser großer Dank!)
Die ersten Rückmeldungen von Testleser:innen, allen Kolleg:innen sowie aus dem Buchhandel zum Manuskript klangen sehr begeistert, es gingen Vorbestellungen ein, und wir beauftragten also unsere Druckerei, rund doppelt so viele Exemplare wie üblich zu produzieren. Während die Maschinen schon liefen, erhöhten wir die erste Druckauflage noch einmal.
Und jetzt kommen wir zur schlechten Nachricht: Es waren zu wenige. Mehr Exemplare als üblich, aber eben trotzdem zu wenige. Dies zeichnete sich bereits vor dem Erscheinungstermin ab, denn immer mehr von euch bestellten teilweise stapelweise „Ada und Zangemann“. Unsere Vormerkerliste erreichte Zahlen, da kommt manches O’Reilly-Buch nicht mal im gesamten Lebenszyklus hin (schluchz). Wir haben das natürlich bemerkt und sofort einen zweiten Druck beauftragt. Doch da schickte uns der allgemeine Papiermangel – siehe hier, hier oder hier – zurück auf Los. Der Nachdruck wird voraussichtlich leider erst ab dem 22. Dezember lieferbar sein. Das heißt konkret: Den Postweg eingerechnet ist es sehr unwahrscheinlich, dass ihr das Buch noch vor Heiligabend erhaltet. (Das tut uns wirklich sehr, sehr leid.)
Wie kommt ihr jetzt ans Buch?
Zunächst: Aus dem ersten Druck könnt ihr noch einzelne Exemplare ergattern. Edit 21.12.: Das Buch ist nun nachgedruckt und kann wieder bestellt werden.
- Für die frühzeitige Unterstützung danken wir Digitalcourage e.V., die das Buch sofort in ihren Shop aufgenommen haben.
Leider auch schon ausverkauft.Edit: Inzwischen gibt es dort neue Exemplare, und ihr kauft bei einem Verein, der sich für Grundrechte und Datenschutz einsetzt. - Bei Amazon erhaltet ihr das Buch ebenfalls.
- Schaut doch mal bei genialokal, ob es in eurer Nähe eine Buchhandlung gibt, die es noch im Bestand habt.
- Fragt direkt in einer Buchhandlung in eurer Nähe nach.
- Behaltet den Status bei den großen Online-Shops und Filialisten (Thalia, Dussmann, Lehmanns, Heise) im Auge: Gerade in den Buchhandlungen vor Ort kann es sein, dass noch gar nicht alle Exemplare der Erstauslieferung im Regal liegen.
- Dies gilt auch für größere Buchhandlungen in eurer Stadt: bei Bültmann & Gerriets in Oldenburg findet ihr das Buch aktuell noch vor Ort, auch bei Pustet in Augsburg gibt es noch Exemplare.
, und vielleicht auch bei Wenner in Osnabrück?Ruft am besten vorher an, wir kennen die Bestände vor Ort natürlich nicht. - Bei Segor scheint es auch noch Exemplare zu geben.
Und auch wenn ihr jetzt in der ersten Runde leer ausgeht: Nachschub folgt, und bestimmt freut sich das eine oder andere Kind auch noch, wenn ihr das Buch nach Weihnachten verschenkt. Wer die Geschichte sofort lesen will: Natürlich gibt es ein E-Book, und das verkauft sich definitiv nicht aus.
Alle Infos zum Buch
Ada und Zangemann
Ein Märchen über Software, Skateboards und Himbeereis
56 Seiten, komplett in Farbe, Festeinband
Print: 16,90 € (D), E-Book: 13,99 € (D)
ISBN 978-3-96009-190-5
Leseprobe unter oreilly.de
Der Inhalt des Buchs steht unter CC-Lizenz, und was es damit genau auf sich hat, und wie der Autor auf die Idee des Buchs kam, wie die Zeichnungen entstanden sind, und vieles andere mehr erzählen wir euch in einem weiteren Blogbeitrag.
An dieser Stelle danken wir herzlich allen, die an diesem Projekt beteiligt waren. Die sich früh begeistern ließen und anderen von dem Buch erzählt haben. Die einen kleinen oder großen Beitrag geleistet haben, sodass unser erstes Kinderbuch wirklich heute gedruckt vor uns liegt.
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