Fast überall müssen Buchhandlungen wegen des Shutdowns zur Eindämmung der Corona-Pandemie geschlossen bleiben. Ein Überblick über mögliche Wege, wie ihr dennoch an Lesestoff kommt. (Und: Schickt uns gerne eure Fragen und Ergänzungen!)
Seit ich denken kann, wünsche ich mir und bekomme ich zu Weihnachten Bücher. Eines davon picke ich mir traditionell bereits an Heiligabend heraus, warte, bis die Familienfeierlichkeiten (endlich) beendet sind und ziehe mich dann mit dem Buch (und dem Weihnachts-Schokoladen-Teller, so viel Ehrlichkeit muss sein) zurück. Ebenso traditionell lese ich es dann in einem Rutsch durch, die ganze Nacht.
Mit acht war es Huckleberry Finn, der mich begeisterte, mit elf, zwölf, dreizehn waren es die orangefarbenen Bücher aus dem Beltz & Gelberg-Verlag, mit 16 musste es dann, ganz sophisticated, irgendwas von Suhrkamp sein. Freund*innen, die sich direkt nach der Familienfeier noch an Heiligabend in „unserer Kneipe“ treffen wollten, bekamen ausnahmslos Absagen – mit 18 genau wie mit 28 wie mit 38. (Sorry, Leute. Auch für die vielen fadenscheinigen Ausreden!) Heiligabend ist mir, Achtung – wenig originelles Sprachspielchen incoming – heilig.
Bücher als Weihnachtsgeschenke
Inzwischen sorge ich übrigens selbst dafür, dass ich am 24. Dezember einen adäquaten Pageturner zuhause habe. Und völlig klar ist auch: Ich bin die, die konsequent Bücher verschenkt. Wanderführer, Regionalkrimis, Romane, Kochbücher – ja: auch Fachbücher. In diesem Jahr schwante mir, es könnte eng werden mit dem üblichen Bummel durch die sehr vielseitigen Buchhandlungen meiner Stadt. Also fischte ich schon im November alle Buchtipps zusammen und mailte sie „meinem Buchhändler“. Check!
Und da wären wir schon an der ersten von vielen Anlaufstellen, die ihr auch jetzt noch – trotz Shutdown – nutzen könnt: stationäre Buchhandlungen.
In eurer Nähe: der Sortimentsbuchhandel
Einige Tausend Buchhandlungen gibt es in Deutschland, rund 27.000 Beschäftigte arbeiten dort. Ihr kennt die Buchhandlungen als winzige, vollgepackte Kleinstadtgeschäfte, als Filialen großer Ketten in Einkaufszentren, als Buchhandlung mit Spezialsortiment oder als großes Buchkaufhaus, als Fachbuch- oder Uni-Buchhandlung. Außer in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt sind diese stationären Buchhandlungen nach aktueller Regelung zum Shutdown bis einschließlich 10. Januar 2021 geschlossen. (Wie es in eurem Bundesland aussieht, könnt ihr hier nachschauen.)
Nun begeisterte mich ja bereits im Frühjahr, wie engagiert und findig Buchhändler*innen landauf, landab Lösungen suchten, ihre Bücher zu den Menschen zu bringen. Auch jetzt bieten viele Buchhandlungen einen Abholservice, manche liefern höchstpersönlich aus, wieder andere haben Abholpunkte in ihrer Nähe vereinbart. (Der Buchladen Nippes in Köln etwa hinterlegt Buchbestellungen schon seit Jahren beispielsweise im Veedelskiosk, sodass eine Abholung auch für jene möglich ist, die erst nach Ladenschluss Feierabend haben.)
Pauschal lässt sich leider nicht sagen, wie es eure Buchhandlung um die Ecke handhabt. Deshalb: Ruft am besten in eurer Buchhandlung an und fragt nach. Und dann könnt ihr gleich noch eure Bestellung durchgeben oder per Mail senden, denn:
- wegen der Buchpreisbindung kostet jedes in Deutschland erschienene Buch in jeder Buchhandlung hierzulande gleich viel;
- der Buchhandel hat ein eigenes Logistiksystem, über das nahezu jede Buchhandlung an Großhändler (Barsortimenter) angeschlossen ist. So kann euer gewünschtes Buch über Nacht beschafft werden;
- die Bücher werden nicht in Pappkartons, sondern in wiederverwendbaren Behältnissen – Wannen – an die Buchhandlungen versandt und somit wird jede Menge Verpackungsmaterial gespart (gut für die Umwelt);
- die Lieferung ist für euch kostenlos und sehr zuverlässig, denn die Lieferwege sind „weihnachtserprobt“;
- ihr sichert mit eurer Bestellung die Infrastruktur in eurer Hood. Denn mal ehrlich, klar können wir als mittelalte, mittelverdienende und wahrscheinlich gesunde Menschen unsere Bücher überall bestellen, wo wir wollen. Kinder aber finden es super, wenn sie eine Buchhandlung fußläufig und selbstständig erreichen können, genau wie alle anderen Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt(er) sind. Schon deshalb ist es klug, die Weihnachtseinkäufe vor Ort zu tätigen.
Wenn ihr ganz sicher gehen wollt, ob euer Buch zügig lieferbar ist: Checkt vorher buchkatalog.de oder genialokal.de (siehe unten) und löst erst dann eure Bestellung per Mail, Shop oder Telefon aus. Die allermeisten Buchhändler*innen können die Lieferbarkeit zum nächsten Tag aber auch ad hoc überprüfen und euch gleich am Telefon mitteilen.
Schnell geklickt: Online-Shops
Müssen wir nicht erklären: Neben Amazon gibt es dutzende weitere Online-Shops für Bücher. Darunter die von Verlagen selbst, wie unseren frisch herausgeputzten. Wenn ihr bei uns bis zum 18. Dezember um 12 Uhr mittags bestellt, schafft es das Buch innerhalb Deutschlands mit hoher Wahrscheinlichkeit bis zum 24. Dezember zu euch, danach – wegen des hohen Paketaufkommens vor Weihnachten – nur noch mit Glück. (Aber es gibt ja noch E-Books!)
Bekannt sind zudem die Shops der großen Buchhandelsketten, Nadelöhr sind auch hier die Lieferwege: Ein Versand per Post kann bis Weihnachten knapp werden. Wählt ihr als Versandweg die Option „Click & Collect“, wird das Buch an eine Filiale eurer Wahl zugestellt. Dort könnt ihr (vielerorts) euer Buch – auch während des Shutdowns – abholen.
Hier erneut der Hinweis auf den lokalen Buchhandel: Über die Plattform genialokal.de (siehe oben) könnt ihr eure Buchbestellung ebenfalls online zusammenklicken und über Nacht an die Buchhandlung in eurer Nachbarschaft liefern lassen. Spielt auch keine Rolle, ob diese Buchhandlung groß oder klein ist, oder ob sie Bücher dieser Art sonst führt.
Sonstiges: Von Supermärkten bis Bahnhofsbuchhandlung
Bücher werden auch bei Warenhäusern, Elektronikmärkten, in Drogerieketten und Supermärkten verkauft. Viele dieser Geschäfte sind ebenfalls aktuell geschlossen, „für den allgemeinen Bedarf“ bleiben euch aber natürlich die größeren Supermärkte als Anlaufstelle. Ehrliche Meinung? Kann man machen, wenn man Samstagabend vor Geschäftsschluss noch schnell einkaufen geht und dabei auch gleich noch was zum Lesen mitnehmen will. Die Auswahl ist schlichtweg begrenzt.
Einige Bahnhofsbuchhandlungen aber sind wahre Perlen, in Köln beispielsweise die Buchhandlung Ludwig im Bahnhof. Im süddeutschen Raum wiederum sind vor allem die Filialen von Schmitt & Hahn bekannt. Weil im laufenden Jahr deutlich weniger Fahrgäste die Bahnhöfe passierten, leiden die Bahnhofsbuchhandlungen an hohen Umsatzeinbußen. Einen Vorteil hat die Lage aber: Sie dürfen aktuell geöffnet bleiben, sofern ihr Fokus auf Zeitungen und Zeitschriften liegt – natürlich unter den gewohnten Sicherheitsvorkehrungen (MNS, Abstand, nicht zu lange verweilen etc.).
Und: Bibliotheken
Auch die Bibliotheken müssen aktuell geschlossen bleiben. Aufatmen dürfen Studierende, die noch dringend ein Lehrbuch zur Prüfungsvorbereitung benötigen: Hochschulbibliotheken bieten vielerorts die Möglichkeit, nach Terminvergabe einzelne Bücher abzuholen. In Hamburg beispielsweise ist die kontaktlose Rückgabe und Ausleihe möglich. Öffentliche Bibliotheken sind dagegen geschlossen, Leihfristen werden automatisch verlängert. Glücklich ist, wer einen gültigen Bibliotheksausweis hat und über die Onleihe E-Books ausleihen kann.
Aber: gesund bleiben
Wege zum Buch gibt es, so viel dürfte nun feststehen. Aber, bitte: gebt auf euch und andere acht. Auch wenn es in eurer Stadt eine geöffnete Buchhandlung gibt, überlegt euch, ob ihr den Weg dorthin wirklich antreten müsst. Wenn ja, haltet euren Besuch kurz. Denn der aktuelle Shutdown hat ein übergeordnetes und sehr wichtiges Ziel – die Infektionszahlen zu verringern, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Schützt daher euch und schützt andere. Kein Buch dieser Welt ist so wichtig wie eure Gesundheit. Sagen wir Verlagsmenschen. Und sage ich trotz meiner sturköpfigen zu-Heiligabend-muss-ein-Buch-her-Marotte. Bleibt gesund!
Haben wir etwas vergessen? Habt Ihr Anmerkungen oder Fragen? Schreibt uns gerne! (Absichtlich nicht weiter erwähnt haben wir englischsprachige/fremdsprachige Bücher, da ist der Bezug etwas komplexer und muss deshalb mal extra verbloggt werden ;))
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