In der ersten Etage eines Technikgebäudes in Bonn-Plittersdorf wird seit einigen Wochen fröhlich gelötet, gebastelt und gelernt – dort gibt es nämlich einen frisch eröffneten MakerSpace. Stefan Wolfrum gehört zu den Initiatoren und erzählt in diesem Interview mehr über seine Beweggründe, den Start eines MakerSpaces und das, was Ihr aktuell in Bonn machen könnt.
Es gibt Menschen, die haben einen Job, viele Interessen und Hobbys und trotzdem sind sie auf der Suche nach mehr und engagieren sich deshalb noch ehrenamtlich. Gehörst Du zu ihnen, Stefan? Was treibt Dich an?
Ich „fürchte“, ja – ich gehöre zu diesen Menschen. Zum Glück bin ich da nicht alleine, es gibt ja abertausende Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Um dahinter zu kommen, was mich antreibt, müsste man weit zurückgehen. Schon als Jugendlicher habe ich mich für die damals in den 80ern aufkommenden Homecomputer interessiert und meinem Vater beim Zusammenbau zweier Dr. Böhm-Heimorgeln zugeschaut und geholfen. Der „Duft“ des Colophoniums im Lötzinn ist mir seitdem vertraut. Die Computerei bestimmte dann auch meinen Berufsweg hier in Bonn. Und immer nur im Keller alleine sitzen und sich mit Elektronik beschäftigen ist auf Dauer auch langweilig. Zwar kann man viel aus dem Internet lernen, aber es geht letztlich doch nichts über den persönlichen Kontakt und Austausch. Einem YouTube-Video kann man schlecht die eine brennende Frage stellen, auf die man gerade die Antwort sucht. So habe ich hier Salim Deeb und seine Angebote „dorkbot“ und „Elektronikbasteln“ gefunden – und dort auch sehr viel Hilfe, neues Wissen und vor allem: nette Menschen!
Parallel blieb natürlich auch mir die aufstrebende Maker-Szene nicht verborgen (nicht zuletzt dank des MAKE Magazine) und Salim und ich waren schnell einer Meinung, dass es für Bonn Zeit ist, einen eigenen MakerSpace zu haben. Das war 2015.
Die Beratungsfirma PWC hatte 2015 eine Studie „Digitalste Städte Deutschlands“ durchgeführt – da kam Bonn immerhin auf Platz 4 – nach Köln, Hamburg und München (Berlin übrigens damals auf Platz 7!). Aber für eine richtig coole, digitale Stadt fehlte auf jeden Fall noch ein MakerSpace. Eine offene Werkstatt, die den Menschen aus Bonn und Umgebung offen steht, um selbst ihr Wissen und ihre Fertigkeiten weiterzugeben. Ein Raum zum Kreativsein, zum Basteln, Lernen, Austauschen. Ein Raum zur Förderung der MINT Fächer und zum Erlernen von Kernkompetenzen, die Menschen heute und in Zukunft nicht nur im Beruf brauchen werden wie beispielsweise Programmieren, Elektronik und so weiter.
Ich wollte einfach, dass „meine Stadt“ auch einen MakerSpace hat und somit noch zukunftsträchtiger wird.
Vorher hattest Du auch schon das OK Lab Bonn mit ins Leben gerufen. Und Salim, Dein Partner beim MakerSpace, das Bonner dorkbot.
Ja, stimmt. Das OK Lab Bonn („OK“ steht hier für „Open Knowledge“, da das ganze Teil des „Code for Germany“-Programms der Open Knowledge Foundation ist) habe ich zusammen mit Sven Hense von der Stadt Bonn ins Leben gerufen. Ich stolperte vor einigen Jahren über dieses coole Programm und fragte bei der OKFN ganz naiv an, was man denn tun muss, damit es so etwas auch in der eigenen Stadt gibt. „Einfach machen, mit Gleichgesinnten“ war (vereinfacht) die Antwort. Also suchte ich – und fand via Twitter Sven, der sich bereits sehr für OpenData und OpenGovernment engagierte. Und das ganz „offiziell“ bei der Stadt Bonn. Wir trafen uns, waren uns einig, stellten die Idee beim ersten Bonner BarCamp im Februar 2015 vor und im März machten wir das erste Treffen.
Dorkbots sind Treffen, bei denen die Teilnehmer ihre Bastelprojekte vorstellen, die unter der Überschrift people doing strange things with electricity stehen. Wobei Salim das immer schon eher etwas weiter gefasst hat. Da waren mal Zauberer dabei, die gewisse Technik einsetzten, aber auch mal Menschen, die einen Biomeiler gebaut haben. Ein weites Spektrum also. Während wir beide mit der Gründung und dem Aufbau des MakerSpace befasst waren, pausierte das Bonner dorkbot. Aber am 11. April 2018 fand es erstmals wieder statt – natürlich im MakerSpace, der am 3. März seine Eröffnungsfeier hatte. ;-)
Salim und mich treibt ein Kerngedanke an: „einfach mal machen!“. So haben wir das auch beim Projekt MakerSpace gemacht. Wir haben einfach angefangen, auch wenn wir zu dem Zeitpunkt der Idee und der Vereinsgründung noch keine Sponsoren oder Gerätschaften hatten und auch nicht viel darüber wussten, was alles zu einer Vereinsgründung gehört. Aber es braucht halt eine Rechtsform, und viele FabLabs, HackerSpaces, MakerSpaces sind Vereine.
Wir haben uns da auf eine recht unsichere Reise eingelassen und learning by doing praktiziert. Am schwierigsten erwies sich dabei die Raumfindung. Es ist wirklich nicht einfach, als gemeinnütziger Verein, der frisch gestartet ist und noch keine finanziellen Mittel hat, eine adäquate Räumlichkeit zu finden. Eine normale Gewerbefläche kam aus finanziellen Gründen nicht in Frage, wir mussten einen Sponsor finden. Das hat dann schließlich auch geklappt: unsere Räume, etwa 220 Quadratmeter, werden uns freundlicherweise von der Telekom zur Verfügung gestellt, wofür wir extrem dankbar sind. Ohne Sponsoren erscheint es uns kaum möglich, so etwas aufzuziehen.
Verrate mir mal ein paar Eckdaten: Was erwartet die Bonnerinnen und Bonner im MakerSpace? Was kann man bei Euch alles machen?
Wir stehen ja noch sehr am Anfang! Wir haben aber schon allerlei PCs, drei Elektronik-Arbeitsplätze, mehrere 3D-Drucker, normales Werkzeug, zwei große Bildschirme, Beamer, Leinwand, Internet zur Verfügung. Wir arbeiten gerade an einer CNC-Fräse und an einem gespendeten Lasercutter. Wir haben Platz für Vorträge, Workshops, Seminare. Tische und Stühle gibt es reichlich. Dazu schon eine beachtliche kleine Bibliothek mit Fachbüchern rund um die Maker-Themen dank großzügiger Spenden verschiedener Verlage (darunter natürlich auch dpunkt/O’Reilly).
Viel früher als von Salim und mir erwartet konnten wir schon gleich nach unserer Eröffnung Anfang März regelmäßige Öffnungszeiten anbieten – und das sogar an mehreren Tagen in der Woche, dank einiger freiwilliger Helfer, die so extrem wichtig sind und ohne die es nicht laufen würde. Die aktuellen Daten dazu gibt es auf unserer Homepage.
Wovon habt Ihr die Maschinen bezahlt und wie finanziert Ihr den Betrieb des MakerSpace?
Das ermöglichen vor allem Sponsoren. Unsere Elektronik-Erstausstattung wurde freundlicherweise von der Firma Conrad bezahlt, die sich unserer MakerSpace Idee sehr offen gegenüber zeigten und mit denen wir auch weiterhin zusammenarbeiten. Dazu kommen weitere Sachspenden von fischertechnik, Texas Instruments, Rohde & Schwarz und anderen. Aber auch Softwarelizenzen von Ableton oder mal ein dicker Einkaufsgutschein von unserem Bonner Freizeitmarkt Knauber. Wir arbeiten permanent daran, mit möglichen Sponsoren ins Gespräch zu kommen. Es ist viel „Klinkenputzen“, so einen MakerSpace-Verein am Laufen zu halten.
Aber es gibt auch Geldspenden von Privatpersonen oder kleineren Firmen, die uns immens helfen. Aktuell sind wir noch dabei, den letzten Feinschliff an unseren Mitgliedschaftsregularien zu machen, danach werden wir als Verein natürlich auch Mitgliedsbeiträge zur Finanzierung zur Verfügung haben.
Euer MakerSpace steht grundsätzlich allen offen, richtig?
Ja, das ist richtig. Natürlich gibt es dabei ein paar Regeln zu beachten: Minderjährige sollten mit einem Erziehungsberechtigten kommen, der auch dabei bleibt, solange gewerkelt wird. Und: wir sind im ersten Stock und haben keinen Aufzug. Sprich: Rollstuhlfahrer tragen wir hoch. ;-)
Wir legen auch Wert darauf, dass wir nicht nur als „Bude für IT-Nerds“ gesehen werden. Wir werden immer daran arbeiten, ein breit gefächertes Angebot zu bieten. Dazu zählen wir Fahrradreparaturen, Repair-Cafés, wir werden ein Näh-Café einrichten und wollen auch Nähkurse anbieten, hatten bereits einen sehr gut angenommenen Papier-Workshop, können uns auch Themen wie Upcycling, Ernährung oder Bio-Hacking vorstellen. Wir sind offen.
Das ist ja überhaupt die Idee, die Salim und ich immer predigen: Wir bieten den Raum und die Rahmenbedingungen, die Community gestaltet ihn und bringt ihre Themen ein. Das Beste, was „passieren“ kann, ist, wenn jemand anklopft und anbietet, etwas über sein Hobby zu erzählen, sein Wissen mit Gleichgesinnten zu teilen, seine Fertigkeiten weiterzugeben. Kürzlich hatten wir sozusagen den „Bastel-Part“ des OK Labs zu Gast, da ging es auch wieder um Freifunk und das Bonner LoRaWAN-Netz für IoT.
Erzähl doch mal, welche Produkte oder Projekte haben den MakerSpace während der ersten Monate schon verlassen? Wie ist der MakerSpace angelaufen?
Dafür ist es vielleicht noch etwas zu früh, von Produkten oder Projekten zu sprechen. Allerdings haben wir seit unserer Eröffnung jeden Mittwoch Abend Arduino-/Mikrocontroller-/Elektronik-Workshops veranstaltet, die immer sehr gut besucht waren und zu denen wir durchweg sehr positive Rückmeldungen bekommen. Hier lernen die Teilnehmer die Grundlagen, die sie dann selbst zuhause etwa zum Thema Smart Home vertiefen.
Ich selbst habe bei unserem ersten Papierworkshop begeistert meine ersten Origami-Gehversuche gemacht und war sofort infiziert, musste in den folgenden Tagen ständig etwas aus Papier basteln und im Bekanntenkreis davon erzählen. [lacht]
Aber zum Anlaufen gehört ja auch mehr. Wir freuen uns über unglaublich viel positives Feedback und vor allem über die Offenheit auch von Bonner (Bildungs-)Institutionen. Wir haben schon sehr gute Kontakte mit dem Deutschen Museum Bonn, dem Haus der Bildung Bonn, der Bonn International School, der Telekom Stiftung aufgenommen, um nur ein paar zu nennen. Hier arbeiten wir also an einer Zusammenarbeit. Und nicht zuletzt sollte auch Ranga Yogeshwar genannt werden, der ja hier in der Region wohnt und der uns häufig aufmunternden und motivierenden Zuspruch hat zukommen lassen, für die Sache weiter zu arbeiten. Moralische Unterstützung ist eben auch sehr wichtig.
Ihr bietet auch Veranstaltungen an, bei denen man beispielsweise handwerkliche Skills erlernen kann.
Ja, da gibt es schon erste Anfänge: Erste Schritte in Origami, im Programmieren von Mikrocontrollern (wir arbeiten da auch mit dem bei Schulen allseits beliebten Calliope, aber auch mit Arduinos und anderen) und im Löten-Lernen sind gemacht und werden weiter ausgebaut.
Im Sommer steht dann auch ein Workshop zum Thema Amateurfunk und Software Defined Radio an. Einführungen in den 3D-Druck hatten wir noch nicht, aber werden wir ebenfalls anbieten. Via Twitter-Umfrage wurde ein Workshop zum Selbst-Tausch des iPhone Akkus gewünscht, den wir noch terminieren müssen, wir versuchen gerade auch, einen ersten Nähworkshop zu organisieren und die Papier-Werkstatt wird weitergehen. Es lohnt sich immer, auf unsere Homepage zu schauen, wo wir alle Termine in einem Kalender auflisten, den man auch abonnieren kann.
Für das ganz grobe Handwerk (wie z.B. Schweißen oder Siebdruck o.ä.) sind wir bis auf weiteres erstmal nicht aufgestellt. Das hat auch mit unseren Räumlichkeiten in einem Telekom Technik Gebäude zu tun, da gibt es ein paar Einschränkungen.
Stefan, ich danke Dir für das Gespräch und wünsche weiterhin gutes Gelingen!
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