Die meisten Menschen, die beruflich mit modernen Medien und Computern zu tun haben, dürfen die Situation kennen: Man verbringt Weihnachten ein paar Tage bei den Altvorderen – und wundert sich ganz schön über deren Mediennutzungsverhalten und Technikverständnis. Manchmal ist man auch ein bisschen davon genervt. Und dann kommt es unterm Weihnachtsbaum womöglich zu unschönen Szenen. Die sind natürlich absolut vermeidbar!
Dieser Beitrag soll helfen, die IT-Kompetenz der Eltern behutsam zu fördern sowie das Nervenkostüm der Kinder nachhaltig zu schonen. Wir haben im Bekannten- und Freundeskreis typische Wünsche, Fragen, Kuriositäten gesammelt und passende Antworten dazu überlegt.
„Ich hätte gerne zu Weihnachten das neue iPhone. Und das neue MacBook. Der Klaus-Jürgen hat das auch. Voll schick!“
„Wozu brauchst du die Geräte denn?“
„Na, zum Telefonieren. Und zum Surfen!“
„Vielleicht geht’s dann auch eine Nummer kleiner? Wenn du das Smartphone hauptsächlich für Telefongespräche (und Whatsapp) nutzt und vielleicht drei Mal pro Jahr den Kleenen auf dem Spielplatz knipst, dann brauchst du nicht unbedingt ein teures Flagschiff mit massig Rechenpower und unzähligen Features. Du kaufst dir ja auch keinen Porsche, um zum Supermarkt oder in den Stadtwald zu fahren. Grundsolide Mittelklasse-Handys gibt’s inzwischen neu für 200-250 Euro, gute 2nd-Hand-Modelle sind oft noch günstiger zu haben. Und was den hochgezüchteten Laptop angeht: Wenn du nicht plötzlich großes Interesse an digitalem Videoschnitt, Software-Entwicklung oder Hardcore-Gaming entwickelst, ist der total überflüssig. Wir können die alte, wahrscheinlich nur zugemüllte „Gurke“ aber gerne mal von Windows, Viren und Malware befreien und anschließend mit Lubuntu bespielen. Das ist ein luftiges, von der Community entwickeltes Betriebssystem, das für deine Zwecke perfekt ist. Kostenlos, ziemlich sicher und leicht zu bedienen: Office, Surfen, E-Mails, Musik & Co. – alles kein Problem.“
„Ich habe keine Lust, mich an diese neuen Geräte und Programme zu gewöhnen. Früher konnte ich einfach 2x links oben und 3x rechts unten klicken.“
„Das Gerät war aber Schrott. Und das Programm wird nicht mehr aktualisiert. Außerdem ist das kein wirklich guter Ansatz.
„Wieso?“
„Ist es nicht nachhaltiger und sinnvoller, ein paar Prinzipien von Benutzeroberflächen bzw. Betriebssystemen zu verstehen? Souverän tippen, klicken, scrollen, wischen, Kontextmenüs aufrufen, diese und jene Einstellungen ändern – die *immer* ähnlich konzipiert sind, auch wenn sie ein bisschen anders heißen? Es ist ein total gutes Gefühl, die „Basics“ zu kennen und praktisch jedes Gerät nach ein bisschen Gefrickel vernünftig bedienen zu können. Um noch mal auf das Beispiel mit dem Auto zurückzukommen: Für den Führerschein musstet du dir damals auch Grundlagenwissen aneignen. Jetzt kannst du dafür verschiedene Fahrzeuge fahren: ein kleines Motorrad, einen großen PKW, einen Lieferwagen. Und nicht nur den ollen Golf II.“
„Um 20:15 Uhr müssen wir mit dem Essen fertig sein. Dann fängt der neue Tatort an.
„Kannst du den nicht später gucken? Wir plaudern doch gerade so schön.“
„Wie soll das gehen? Unser Videorekorder ist doch schon seit Jahren kaputt.“
„Macht nix. Die meisten Sender haben inzwischen nämlich tolle Mediatheken. Das sind große, leicht durchsuchbare Online-Datenbanken, in denen das Programm häppchenweise abgelegt wird. Das heißt: Man kann sich den Krimi auch mehrere Stunden oder Tage nach der offiziellen Ausstrahlung noch angucken. Und manchmal sogar davor. Auf quasi jedem Gerät mit Browser oder passender App. Und wenn man die Sendung dauerhaft konservieren will, kann man sie mit Programmen wie MediathekView auch einfach runterladen.“
„Die Urlaubsfotos vom letzten Jahr sind schon wieder alle futsch.“
„Machst du keine Backups?“
„Diese Aufbackbrötchen von Aldi? Verstehe ich nicht.“
„Also: Ein Backup ist eine Sicherung deiner Daten – und total wichtig, wenn du keine bösen Überaschungen erleben willst. Backups sichern dein System mit allen Einstellungen – und eben auch lokal gespeicherte Bilder, Filme, Songs, E-Books. Keine Sorge, die meisten Backup-Programme sind inzwischen kinderleicht zu bedienen und bereits ins Betriebssystem eingebaut. Vernünftige Backup-Medien (z.b. externe USB-Festplatten) kriegt man quasi nachgeschmissen. Die Sicherung selbst dauert nach dem ersten, längeren Durchgang auch nur noch wenige Minuten. Ich mache inzwischen täglich automatische Backups. Und die Fotos habe ich natürlich noch als Kopie.“
„Einige Daten sind aber trotzdem für immer weg.“
„Warum das denn?“
„Weil ich von diesem Dropbox-Konto das Passwort und den Nutzernamen vergessen bzw. verloren habe. Ich hatte das alles im Umschlag von einem Roman notiert, den wir aus Versehen beim Weihnachtsbasar verkauft haben.“
„Hm. Da würde ich empfehlen, in Zukunft einen Passwortmanager zu nutzen. Oder wenn du das zu kompliziert findest: Einfach die Zugangsdaten für die wichtigsten Konten im Netz auf einen Zettel schreiben – und den anschließend in ein Schließfach legen. Da kommt er nicht so leicht so leicht weg.“
„Das WLAN im Haus ist übrigens nicht so toll.“
„Warum? Das läuft bei mir wie am Schnürchen.“
„Ja, hier schon. Aber oben bei uns im Schlafzimmer fliegt man immer raus.“
„Das liegt wohl daran, dass Modem und Router im Erdgeschoss stehen. Aber: Das Signal lässt sich ganz leicht mit einem Repeater verstärken. Dann kannst du auch oben auf dem Dachboden surfen. Super, was?
„Da fällt mir ein: Nimmst du bitte die Sachen von oben mit, bevor du wieder fährst?“ Da sind noch richtige Schätze dabei.“
„Och nö. Der alte Kram?“
„Der ist toll. Und der war damals nicht billig!“
„Jo, kann schon sein. Allerdings habe ich da echt keine Verwendung für. Die alten Krimis habe ich alle als EPUBs. Das Filmlexikon ist ja ganz nett, aber die IMDB ist irgendwie umfangreicher und aktueller. Und diese Kompaktkamera – die hat einen schlechteren Bildsensor als mein Telefon, das – wie du vielleicht weißt – auch meine Uhr, mein Wecker, mein Radio und meine Taschenlampe ist. Also: Die Kiste kann weg. Das Lametta packe ich aber mal ein. Kann ich vielleicht noch zum Löten verwenden. :-)“
„Irgendwie vermisse ich ja die gute alte Zeit.“
„Na, so toll war die auch nicht. Aber es stimmt schon: Das digitale Zeitalter hat auch seine Schattenseiten.
„Sag ich doch.“
„Die Probleme liegen allerdings nicht unbedingt da, wo du sie vermutest. Würde ich jetzt mal vermuten. Falls du Zeit und Muße hast, kannst du ja mal reinlesen bei netzpolitik.org, irights.info & Co. Und Ostern erkläre ich dir dann, wie man anonym surft und seine Mails verschlüsselt.“
Damit wünschen wir Euch schon jetzt eine gute Fahrt zur Familie und entspannte Feiertage!
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