Grundsätzlich bin ich Fan der Metaebene. Deswegen habe ich auch keinen Augenblick gezögert, als ich von den Kollegen gebeten wurde, doch in unserem Corporate Blog ein kleines Gespräch über Corporate Blogs zu führen, und zwar mit Meike Leopold. Die kennt sich von Berufs wegen bestens aus, wurde von t3n neulich zu einer der wichtigsten zehn Kommunkations-/PR-/Soc-Med-Profis im deutschsprachigen Raum gekürt – und hat praktischerweise auch noch ein Standardbuch zum Thema verfasst, nämlich >Corporate Blogs<.
Liebe Meike, beginnen wir direkt mit dem „Eingemachten“: Was sind die schlimmsten Fehler, die man als Corporate-Blogger bzw. Corporate-Blog-Team in einer Firma oder Organisation machen kann?
Wer ein Blog-Projekt auf die leichte Schulter nimmt, der fällt höchstwahrscheinlich auf die Nase. Es geht beim Aufbau eines Corporate Blogs nicht in erster Linie um das Erstellen einer Website. Vielmehr geht es um den Einstieg in den Online-Dialog mit den Stakeholdern des Unternehmens und natürlich um ein professionelles, zeitgemäßes Content Marketing. Häufig fangen die Probleme mit einer fehlenden oder dünnen Kommunikationsstrategie für das Blog an. Es sollte von Anfang an klar sein, was und wen das Unternehmen mit dem Blog erreichen möchte – und wie man nachweisen kann, ob die gesetzten Zeile erreicht wurden. Ein Blog live zu schalten, ohne Management und Mitarbeiter an Bord zu holen, ist kurzsichtig. Zumindest, wenn interne Fürsprecher und Autoren zum Konzept gehören. Ohne ihre Akzeptanz und Mitarbeit kommt ein Blog nicht zum Laufen. Blog-Projekte scheitern außerdem häufig daran, dass der Arbeitsaufwand für die Redaktion schlicht unterschätzt wird – ein Corporate Blog lässt sich nicht nebenbei vom Praktikanten oder vom Webadmin aufbauen, geschweige denn betreiben. Hier müssen Profis ran, die etwas von Kommunikation, von Redaktion und Content Marketing verstehen. Und das kostet nun einmal Zeit und damit Geld.
Wir könnten jetzt auf ein paar Negativbeispiele verlinken, aber das wäre ziemlich unhöflich. Lass uns also lieber ein paar attraktive Corporate Blogs nennen, an denen sich unsere Leser, Kollegen & Partner orientieren können. Welche Seiten fallen dir spontan ein, und was zeichnet sie aus?
Ich finde, es gibt mittlerweile eine ganze Reihe professioneller und gut gemanagter Corporate Blogs in Deutschland – und es werden immer mehr. Das ist sehr erfreulich und auch bitter notwendig in Zeiten, in denen die großen sozialen Netzwerke zunehmend darauf setzen, sich von den Unternehmen für Reichweite teuer bezahlen zu lassen. Ich nenne einfach mal drei Corporate Blogs, deren Manager so freundlich waren, in meinem Buch aus ihrer täglichen Praxis zu berichten. Das ist zum einen das DATEV Blog, das von meinem geschätzten Kollegen Christian Buggisch gestartet wurde; DATEV betreibt übrigens insgesamt drei Firmen-Blogs. Sehr gut gefällt mir auch das Zimpel Blog, das von Stefanie Weyrauch und Jasmin Collet gemanagt wird. Zu den erfolgreichen Pionieren unter den deutschen Corporate Blogs gehört außerdem das Scout24 Corporate Blog, das Jan-Paul Schmidt betreut. Alle drei Blogs zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie den Lesern einen Blick hinter die Kulissen des jeweiligen Unternehmens ermöglichen.
Was hältst du denn vom oreillyblog? Du darfst gerne kritisch sein.
Also – da muss ich aber weit ausholen! Nein, im Ernst: Ich lese das oreillyblog gerne. Zu den Pluspunkten gehören für mich leserfreundlich gehaltene Beiträge, das übersichtliche Layout, die Einbindung des Blogs in die Website und das süße kleine oreilly-Maskottchen mit hohem Wiedererkennungswert. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass ihr gerne noch ein paar zusätzliche Autoren hättet, Alexander? ;-)
Tatsächlich konnten wir schon öfters Gastautoren an Bord holen bzw. Kollegen aus anderen Abteilungen zum Bloggen bewegen. Mit der Regelmäßigkeit dieser „externen“ Beiträge hapert’s manchmal ein bisschen, das gebe ich natürlich zu. ;-) Kurz zu einem anderen Thema: Sehr viele Leute (inkl. O’Reilly Deutschland) setzen ja auf das versatile, mächtige WordPress – trotz einiger Sicherheitsmängel und Bloatware-Tendenzen. Dann gibt’s als große Player noch Joomla! und TYPO3, kleinere, aber durchaus attraktive Systeme wie Plone (auf Python-Basis) und Hipster-Markdown-Initiativen à la Ghost. Einige Blogger basteln sogar ihr eigenes System. Welche Software würdest du denn empfehlen – und warum?
Vorab: Ich bin Kommunikationsexpertin und kein Technik-Freak. Gerade deswegen favorisiere ich persönlich momentan ganz klar WordPress. Das System ist leicht zu verstehen und zu bedienen. Es bietet den Nutzern sehr viele Möglichkeiten. So sehen es meines Wissens die meisten bloggenden Unternehmen in Deutschland. Klar, es gibt bei WordPress Sicherheitsthemen. Aber ich denke, dass der Anbieter stetig daran arbeitet, die Lage zu verbessern. Letztlich kommt es im Unternehmen darauf an, vor dem Start des Blogs zu untersuchen, welches System in die IT-Landschaft passt oder welche bereits vorhandenen Systeme sich auch fürs Bloggen eignen. Deshalb rate ich dazu, die IT beziehungsweise die Web-Experten von Anfang an in ein solches Projekt mit einzubeziehen. Sie leisten bei der Auswahl bzw. Anpassung wertvolle Hilfe.
Als Blogger braucht man bekanntlich einen langen Atem. Auch gut geschriebene, optimierte und breit gestreute Beiträge stoßen nicht immer auf Interesse, erzeugen schlimmstenfalls gar kein Feedback. Wie motivierst du dich nach einem solchen „Fehlschlag“? Und vor allem: Wie motivierst du Gastautoren und Kollegen?
Blogbeiträge werden erfahrungsgemäß in erster Linie gelesen (-> Nielsen-Regel). Deshalb ist es wichtig, nicht wie gebannt auf die Kommentare oder Shares zu schauen. Gerade in der Anfangsphase können Blog-Verantwortliche und Autoren sich mit diesem Wissen unnötigen Frust sparen. Bloggen ist in der Tat eine Langstreckendisziplin. Ausdauer wird belohnt: Nach meiner Erfahrung erhöht sich die Zahl der Kommentare, Shares und auch der Visits über die Zeit von selbst. Vorausgesetzt, das Corporate Blog bietet regelmäßig informative, relevante und unterhaltsame Inhalte. Damit erobert sich das Blog eine treue Leserschaft. Gastautoren und Kollegen motiviere ich damit, dass sie sich mit ihren Beiträgen langfristig als Experten positionieren, Themen setzen und Wissen mit anderen austauschen können. Damit sie entsprechendes Feedback aus dem Social Web bekommen, ermutige ich sie dazu, die Beiträge auch in ihren Netzwerken zu teilen. Hilfreich für die laufende Motivation sind regelmäßige interne Werbeaktionen und Incentives wie beispielsweise kleinere Geschenke als Anerkennung für regelmäßige Beiträge zum Blog.
Hast du auch schon mal jemandem geraten, kein Blog einzurichten? Wenn ja, warum?
Ein Blog lebt davon, laufend neuen Content zu publizieren – am besten täglich. Unternehmen, die nicht in die dafür notwendigen Ressourcen investieren können oder wollen, würde ich grundsätzlich nicht dazu raten, ein Blog aus der Taufe zu heben. Sie könnten dann sehr schnell vor einer Blog-Ruine mit uralten Einträgen stehen, und das ist schädlich für das Unternehmensimage. Zu einem erfolgreichen Blog-Projekt gehört außerdem die Einsicht, dass in der Unternehmenskommunikation die Zeiten der einseitigen Beschallung der „Zielgruppen“ mit Hochglanzbotschaften vorbei sind – gefragt ist der Dialog, der Austausch im Web. Unternehmen, die sich nicht auf diesen Lernprozess einlassen möchten, tun sich mit einem Blog und generell mit Social-Media-Auftritten schwer.
Gibt’s noch einen Pro-Tipp, den du loswerden möchtest?
Ich hätte eine Reihe von nützlichen Ratschlägen zum Dauerthema Schreibblockade im Angebot. Zum einen wäre da ein Beitrag auf meinem Blog Start Talking, zum anderen ein E-Book von Kerstin Hoffmann, an dem ich mitwirken durfte. Da gibt’s übrigens tolle Tipps und Betrachtungen von mehr als 80 Profi-Bloggern.
Liebe Meike, vielen Dank für das Gespräch.