SOPA, PIPA, ACTA, Leistungsschutz – Rechte von Urhebern und Verlegern wurden selten intensiver und kontroverser diskutiert als im vergangenen Jahr. Von Ansgar Heveling bis Sven Regener wurden zahlreiche Kritiker der freien (bzw. illegalen) Medienzirkulation mit digitalen Tomaten beworfen. Sie fanden aber auch eine Menge Zuspruch, v.a. bei Vertretern der klassischen Printbranche oder Tonträgerindustrie. Ausgetragen wurde die Diskussion quer durch die Medienlandschaft: Nicht nur die üblichen Verdächtigen wie netzpolitik.org, irights.info oder de:bug meldeten sich regelmäßig zu Wort, auch Mainstreampresse wie der Spiegel und die Zeit räumten der Copyright-Debatte massig Platz ein. Nun ist das Thema zu groß und zu komplex, um es in unserem Corporate Blog ausführlich zu bewerten. Allerdings wollen und können auch wir einen kleinen Beitrag leisten – und zwar, indem wir nochmals einen Blick auf einen Essay werfen, den Oberguru Tim vor mehr als zehn Jahren (!) veröffentlicht hat.
Der Text heißt „Piracy is progressive taxation“, steht hier in voller Länge zur Verfügung und beinhaltet ingesamt sieben Thesen bzw. Lektionen rund um die Online-Distribution. Das Interessante daran: Sämtliche von Tims Überlegungen sind weiterhin aktuell bzw. relevant – auch wenn einige Zahlen natürlich überholt sind, und sich die Landschaft der Webdienste deutlich verändert hat (übrigens eindeutig positiv in Bezug auf die Kundenfreundlichkeit).
Bevor wir die Lektionen zusammenfassend auflisten und kommentieren, noch eine Bemerkung zum Begriff Piraterie: Sowohl Tim als auch wir verstehen darunter in erster Linie den Verkauf bzw. kommerziellen Vertrieb eines illegitimen Produkts – weniger die (mitunter ärgerliche, aber vergleichsweise harmlose) kostenlose Verbreitung von Inhalten, die man sich sonst nicht leisten könnte/würde – oder die lokal gar nicht verfügbar sind (s. dazu u.a. Lektion 3).
Und nun: Butter bei die Fische!
1) Obscurity is a far greater threat to authors and creative artists than piracy.
Will sagen: Auch eine „illegale“ Verbreitung kann dazu beitragen, dass ein Buch/Album/Film entdeckt wird.
2) Piracy is progressive taxation.
Will sagen: Top-Akteure mögen u.U. ein wenig Umsatz verlieren – dafür werden viele kleine / nischige / exotische Produkte entdeckt, wovon letztlich alle möglichen Leute profitieren können.
3) Customers want to do the right thing, if they can.
Will sagen: Der beste Schutz vor „Piraten“ ist ein preiswertes legales Angebot.
4) Shoplifting is a bigger threat than piracy.
Will sagen: ein geklautes physisches Medium liest/hört/sieht nur noch der Dieb, ein geklautes E-Medium geht nicht verloren – und kann aus „Abgreifern“ zukünftige Käufer machen.
5) File sharing networks don’t threaten book, music or film publishing. They threaten existing publishers.
Will sagen: im digitalen Zeitalter braucht man neue Geschäftsmodelle.
6) Free is eventually replaced by a higher-quality paid service.
Will sagen: Qualität, Service, einfache Nutzung – es gibt immer gute Gründe, das offizielle Angebot oder Produkt zu nutzen.
7) There’s more than one way to do it.
Will sagen: Let the wookie choose what works best for him. ;-)
Mit diesen Lektionen im Hinterkopf produzieren wir seit geraumer Zeit digitale Ausgaben unserer Bücher (PDF und/oder EPUB), die wir 20% günstiger als die Printversion anbieten. Dabei verzichten wir auf jegliches DRM. Unsere eBooks lassen sich auf beliebig viele Endgeräte kopieren; es gibt keine Timestamps, keine Beschränkungen – und damit höchstes Lesevergnügen.
Natürlich freuen wir freuen uns, wenn Sie unsere eBooks legal über unseren Webshop oder unsere Distributionspartner beziehen. Darauf sind wir nämlich angewiesen.
Bilder: Malika Zacek / pixelio.de und defectivebydesign.org
Pingback: »Wer Bücher schreibt, geht ein Risiko ein.« - Lars Sobiraj, Online-Journalist