Letzte Woche sagte Joe Wikert in guter alter O’Reilly-Tradition: Open is close to my heart.
Er sagte das auf der Tools of Change, einer Konferenz, die seit 2009 von der Frankfurter Buchmesse und O’Reilly Media, Inc. veranstaltet wird und sich mit aktuellen Fragen und Trends der Buch- und Verlagsbranche beschäftigt. Zu dritt haben wir (Elke, Inken und ich) die Konferenz besucht.
Hier ins Blog passen vielleicht am besten einige Thesen und Überlegungen, die in der Session zu „Open Publishing“ zur Sprache kamen. Zum Panel gehörten: Joe Wikert (O’Reilly Media), Adam Hyde (Sprecher auf der re:publica) und Fabienne Riener von Sourcefabric.
Der Begriff „open“ begegnet uns in der IT ja häufig, etwa in „offene Standards“ oder „Open Source Projekte“. In der Welt des Verlegens und Veröffentlichens kann sich offen vs. geschlossen auf Verschiedenstes — beispielsweise Tools, Arbeitsformen, Kooperationen — beziehen.
Leider ist „closed“ heutzutage die Realität. Woran liegt das? Wohl nicht zuletzt daran, dass E-Book-Anbieter wie etwa Amazon ihre Marktmacht durch geschlossene Systeme absichern wollen. Kindle-E-Books können nicht auf anderen E-Book-Readern gelesen werden und bislang fahren viele Anbieter gut mit solchen Modellen. Aber auch Verlage verstehen sich in der Regel noch als ziemlich geschlossene Systeme. Dabei bieten offenere Türen für die Mehrzahl der Beteiligten ganz neue Möglichkeiten.
Tools und offene Produktionssysteme
Joe berichtete eingangs, dass O’Reilly Media zwar ein produktives XML-basiertes Cross-Publishing System aufgebaut hat, aber die Phase der Manuskripterfassung auch bei O’Reilly noch nicht gut gelöst ist. Häufig genug kommt sogar Word mit Templates zum Einsatz. Ein Tool, das sicher nicht erfunden wurde, um das kollaborative Arbeiten zu unterstützen. :) Die O’Reilly-Kollegen in den USA entwickeln deshalb eine Github-basierte Plattform für Autoren, die das kollaborative und synchrone Schreiben unterstützt. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, welche Bereicherung es für alle Beteiligten sein kann, gemeinsam und ggf. synchron an Texten zu arbeiten: der Autor mit seinen Co-Autoren, seinem Lektor, den fachlichen Beratern / Reviewern und seinen Lesern. Real time editing — ganz neue Möglichkeiten und sicher auch Herausforderungen.
Book Sprints und agile Methoden
Panelteilnehmer Adam Hyde engagiert sich für eine bessere Dokumentation von Free Software Projekten. Er berichtete von seinen Erfahrungen mit Book Sprints. Für einen Book Sprint finden sich — beispielsweise während einer Konferenz — etwa 8-12 Interessierte zusammen. Sie arbeiten einige Tage intensiv an der Doku, bis hin zum fertigen EPUB. Wer es noch nicht ausprobiert hat, denkt, dass es nicht klappen kann. Die Erfahrung zeigt aber, dass in wenigen Tagen unglaublich viel möglich ist und die Teilnehmenden auch noch ihren Spaß dabei haben. Übertragen auf Verlagspublikationen könnte ein Book Sprint der Ausgangspunkt für ein Buch sein oder vielleicht eine erste Textversion, mit der dann weitergearbeitet wird.
Offener durch Schnittstellen
Verlage sind daran gewöhnt, ein fertiges Produkt auf den Markt zu bringen und alles, was mit diesem Produkt zu tun hat, zu kontrollieren. Seitdem Verlage digitale Produkte vertreiben, übergeben sie Produkt-Metadaten an ihre Vertriebspartner. Warum nicht einen Schritt weitergehen und die Metadaten und z.B. Teile der Texte über eine API öffentlich zugänglich machen und sehen, was Entwickler mit guten Ideen daraus machen?
Schon in dieser Session wurde deutlich, dass unter dem Schlagwort Open Publishing verschiedenste Ansätze denkbar sind und sich wirklich interessante Möglichkeiten bieten. Denkt man über offen und geschlossen nach, dürfen natürlich DRM und die Frage der Formate (anfangs erwähnt) nicht fehlen. Aber das ist Stoff für andere Blogbeiträge.
Zum Thema Publishing’s ‚open‘ future hat sich Joe hier ausführlichere Gedanken gemacht.