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Google+ ist nicht Facebook

Die O’Reilly-Autorin Annette Schwindt hat in den vergangenen drei Jahren allein drei Auflagen des enorm erfolgreichen Facebook-Buchs veröffentlicht. Auf diese beeindruckende Bilanz hat sie nun mit einem Google+Buch noch eins draufgelegt. Zu diesem Anlass habe ich mit Annette gesprochen.  

Nicht nur kompetente Ansprechpartnerin für alle Fragen zu Facebook, sondern inzwischen auch zu Google+: Annette Schwindt

Annette, kennengelernt haben wir Dich über Dein unerschöpfliches Facebook-Knowhow, das Du vor ein paar Jahren als eBook und in vielen Blogbeiträgen geteilt hast. Wie kam es, dass Du nun auch ein Google+Buch geschrieben hast?

Ich arbeite ja nicht nur mit Facebook, sondern mit allen möglichen Kommunikationstools im Web. Also habe ich mich beim Start von Google+ im Sommer 2011 auch dort eingebracht und meine Erfahrungen mit anderen geteilt. Dabei wurde schnell der Wunsch meiner Leser und Kollegen laut, ich möge doch ein Äquivalent zum Facebook-Buch für Google+ schreiben. Nachdem ich meiner Lektorin davon erzählt hatte, wurde dann auch der Wunsch seitens des Verlags an mich herangetragen.

Auf den ersten Blick ähnelt Google+ anderen Netzwerken – insbesondere Facebook. Was bietet Google+ über Statusmeldungen und Kontakteknüpfen hinaus?

Google+ ist nicht Facebook und auch – laut Google – nicht als Konkurrenz gedacht. Fakt ist jedoch, dass seit Gründung von Google+ ein Wettrüsten in den Funktionen der beiden Netzwerke begonnen hat.

Die Ähnlichkeit zu Facebook besteht eher im Aussehen. In der Funktionsweise würde ich es mehr als eine Art erweitertes Twitter beschreiben. So kann man in Google+ z.B. nicht ins Profil/auf die Seite von jemand anderem schreiben wie auf Facebook. Man kann nur Beiträge oder Kommentare via +Name an ihn richten, so wie man das von Twitter kennt. Hinzu kommt das Vergeben von +1 (vergleichbar dem Gefällt mir auf Facebook). Das ist die Währung von Google+. Es kommt also nicht wie bei Facebook auf den Interaktionsgrad an, sondern auf die Anzahl der +1s.

Dann gibt es natürlich noch interessante Features wie Hangouts und Sparks und jetzt neu Local und Events:

  • Hangouts sind kostenlose Videokonferenzen ähnlich Skype, aber für bis zu 10 Teilnehmer und mit der Möglichkeit, allerlei Apps dabei zu verwenden.
  • Sparks sind individuelle Feeds, die man sich in Google+ über die Suche anlegen kann.
  • Local ist die Integration von ortsbasiertem Kommunizieren (wer oder was ist gerade in der Nähe relevant).
  • Events ist die Veranstaltungsfunktion von Google+ (ähnlich der auf Facebook).

Du beschreibst in Deinem Buch sehr anschaulich, wie User sich ein Profil anlegen. Woher bekommst Du Deine Informationen, wie Facebook ändert auch Google+ häufig Features, ohne dies vorher anzukündigen …

Ich kann nur beschreiben, was ich selbst ausprobiert und worüber ich mit anderen diskutiert habe. Das bedeutet, ich experimentiere selbst und stelle dann meine Erfahrungen auf der jeweiligen Präsenz oder im Blog zur Diskussion. Außerdem höre ich meinen Lesern zu, wenn sie Fragen an mich richten und habe natürlich die relevanten Blogs von Google selbst und über Google+ im Blick.

Du gehst im Buch auch auf die Privatsphäre-Einstellungen ein. Etwas, was mich sehr überrascht hat, ist der Umstand, dass Beiträge für mehr als diejenigen zugänglich gemacht werden können, für die etwas ursprünglich sichtbar war. Kannst Du uns dies kurz erläutern?

Google+ ist wie gesagt nicht Facebook, sondern eher wie Twitter zu betrachten. Die Kreise sind demnach nicht zwangsläufig für Privatsphäre gedacht, sondern zum Bestimmen der Zielgruppe (Targeting). Ich kann zwar einen Beitrag so einrichten, dass er nicht weitergesagt (sperren) und niemand sonst mit in die Sichtbarkeit hinein geholt werden kann (Kommentare deaktivieren), aber damit mache ich jegliches Gespräch zunichte. Einen Beitrag für einen bestimmten Kreis sichtbar zu machen, bedeutet in Google+ nicht: „nur diese Personen dürfen das sehen“, sondern „Ich denke, das ist für diese Personen relevant“.

Ist einer derjenigen, an die sich der Beitrag richtet, der Meinung, dass er auch andere interessieren könnte, kann er ihn an andere weitersagen. Dabei kann er bis zu „Kreise meiner Kreise“ gehen. Nur öffentliches Weitersagen ist nicht möglich, wenn ein Beitrag nicht von Anfang an öffentlich war.

Ist es demnach überhaupt möglich, wirklich privaten Austausch über Google+ zu pflegen?

Google+ ist eigentlich nicht zum privaten Austausch, sondern zum offenen Austausch nach Interessen gedacht. Google+ ist das Element, das alle Google-Dienste zusammenführen und „social“ machen soll. Und bei Google denkt man natürlich zuerst an die Suchmaschine. Nicht umsonst werden Beiträge aus Google+ bevorzugt in der Suchmaschine behandelt. Gerade wenn man gleichzeitig eingeloggt ist, denn dann werden auch passende Beiträge aus meinen Kreisen einbezogen.

Verlassen wir den Privatanwender und kommen wir zu Unternehmen – warum sollten diese Google+ nutzen?

Zu allererst wegen dem gerade genannten Suchschema von Google. Gerade Unternehmen, die noch nicht so gut platziert sind, können damit ihre Auffindbarkeit verbessern. Google+ stellt dazu auch Tools zur Verfügung, wie man seine Website/sein Blog richtig mit Google+ verknüpft und so für die Suchmaschine eindeutig zuordnet.

Google+ Seiten können außerdem diejenigen, die sie eingekreist haben, zurück einkreisen und dafür thematische oder sonstwie definierte Kreise anlegen. Damit kann man bestimmte Informationen oder Angebote ganz leicht nur für Fans oder bestimmte Gruppen darin zugänglich machen. Auf Facebook geht das nach individuellen Gesichtspunkten nicht so einfach.

Kürzlich jährte sich der Start von Google+ zum ersten Mal. Die Medien gratulierten jedoch nicht, sondern kritisierten: Der Interaktionsgrad sei zu gering, die Nutzerzahl schöngerechnet. Was sind Deine persönlichen Eindrücke: Ist Google+ tatsächlich die Geisterstadt, die das „Wall Street Journal“ vorfand?

Nein, Google+ ist keine Geisterstadt, sondern hat nur bislang eine eigene Art von Anhängerschaft.  Da sind zum einen die professionellen Nutzer (so wie ich), dann die Facebookflüchter und dann natürlich die Nerds. Dadurch unterscheidet sich die Diskussionskultur (noch) von anderen Plattformen wie z.B. Facebook, das ja mittlerweile im Mainstream angekommen ist.

Und während sich auf anderen Plattformen bereits bestimmte Rezepte für die Interaktion etabliert haben, befinden sich die Nutzer von Google+ noch im Experimentierstadium.

Für Facebook warst Du in den letzten Jahren ständig für Deine Leser da. Du beantwortest Fragen und stellst tagesaktuell neue Funktionen vor. Können sich auch die Leser des  Google+Buches an Dich wenden, wenn sie in den Weiten des Netzwerks stranden?

Ja sicher. Interessanterweise tun sie das bislang hauptsächlich via Facebook oder per Mail, da viele nicht begreifen, wie das Ansprechen auf Google+ funktioniert: Einfach einen eigenen Beitrag schreiben und diesen an +schwindt-pr richten, siehe: http://.schwindt-pr.com/2012/02/20/andere-auf-googleplus-kontaktieren/

Über meine Seite bin ich für jeden ansprechbar und freue mich natürlich über weitere +1s. ;-)

Darüber hinaus stehen die Updates einer Google+ Seite auch per Reader oder Mail zum Abo zur Verfügung.

Nach Deinen Erfahrungen in beiden Netzwerken: Wofür nutzt Du Google+, wofür Facebook?

Meine Nutzung ist eher untypisch, da es bei mir ja genau um diese Netzwerke geht. Das heißt ich poste auf der Facebook-Seite von schwindt-pr  über Facebook und auf der Google+ Seite über Google+. Viele andere duplizieren auf Google+ nur das, was sie woanders schon genauso posten, um das Suchmaschinenranking zu beeinflussen. Privat nutze ich derzeit noch stärker Facebook, da sich die meisten meiner Freunde nicht auf Google+ befinden. Das sind dann eher die Kollegen. Ich nutze Sparks zum Monitoring und bin ein großer Hangout-Fan!

Annette, ich danke für das Gespräch.

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