Mit dieser Frage beschäftigt sich heute in einem weiteren Social Media-Gastbeitrag der Berliner Rechtsanwalt und Webprogrammierer Thomas Schwenke. Ende Februar ist bei O’Reilly sein Buch Social Media Marketing & Recht erschienen.
Social Media Manager und alle anderen, die sich mit Social Media Marketing beschäftigen, müssen einiges leisten: Neben ihren Fähigkeiten in Marketing und PR müssen sie auch Kenntnisse über die Gepflogenheiten der sozialen Netze und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen mitbringen. Während die erstgenannten Eigenschaften als selbstverständlich gelten, wird die Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen in Social Media oft unterschätzt. Dabei sind hier mehr Dinge zu beachten als im klassischen Marketing- und PR-Business.
Marketing in Echtzeit
Im klassischen Marketing werden Werbemaßnahmen von langer Hand vorbereitet, oft durch mehrere Personen kontrolliert und/oder vom Hausjuristen geprüft. Die Kommunikation mit dem Kunden findet in der Regel von Angesicht zu Angesicht statt, so dass wettbewerbswidrige Aussagen nicht so leicht auffallen.
Ganz anders ist es bei den Social Media. Das Marketing findet hier nicht punktuell, sondern fießend statt. Wer jeden Tweet, Facebook- oder Blogbeitrag erst gegenlesen lässt, schafft es nicht mehr, mit den Kunden Schritt zu halten. Zudem sind die Ergebnisse einer solchen Prüfung oft glattes, unpersönliches „Marketingsprech“. Und das ist in einem auf Authentizität und Persönlichkeit bedachten Kundendialog natürlich fehl am Platz. Ein weiteres wichtiges Merkmal der Social Media ist, dass die Kommunikation in aller Öffentlichkeit stattfindet. Anders als früher kann jeder Kunde – und vor allem jeder Konkurrent – alles mitlesen und auf rechtliche Zulässigkeit überprüfen.
Keine Narrenfreiheit
Obwohl im Social Web viel schneller und häufiger publiziert wird als in klassischen (Werbe-)Medien, gibt es für Social Media-Marketing keinen rechtlichen Bonus. Es gelten dieselben Vorgaben des Wettbewerbs-, Urheber-, Marken- und Datenschutzrechts (um einige der relevanten Gesetze zu nennen) wie im traditionellen Marketing. Ein unlauterer Vergleich mit Mitbewerbern à la „Wir sind die besten“ kann in einem Tweet genauso abgemahnt werden wie in einem Werbeprospekt. Und neben den gesetzlichen Vorgaben müssen auch noch die hauseigenen Regeln der Social Media-Plattformen beachtet werden. Diese können, wie im Fall von Facebook, einem kompletten Gesetzeswerk gleichen.
Theorie und Praxis
Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, dass die gesetzlichen Vorgaben und die gelebte Wirklichkeit auseinanderdriften. Zum Beispiel ist es für Nutzer selbstverständlich, dass man fremde Bilder auf dem eigenem Facebook-Profil veröffentlichen oder ganze Texte unter Angabe einer Quelle übernehmen darf. Hier müssen Social Media Marketing-Treibende wissen, wie weit sie diesen Trends folgen können. Denn es macht zum Beispiel einen Unterschied, ob Privatpersonen urheberrechtlich geschützte Inhalte ohne Einwilligung der Rechteinhaber teilen, oder ob Unternehmen dies tun. Der Feierabendsurfer kann auf eine Deckelung der Abmahnkosten von 100 Euro und das Verständnis anderer Nutzer hoffen, der Verwalter eines gewerblichen Accounts riskiert dagegen ein paar hundert bis tausend Euro teure Abmahnungen – und einen Imageschaden für die Firma.
Juristisches Grundgespür
Was ist also die Lösung? Kein Social Media Marketing betreiben? Nur Juristen als Social Media-Verantwortliche einstellen? Das sind wohl keine Optionen. Eine echte Alternative ist es dagegen, Menschen, die Social Media Marketing betreiben, im Recht zu schulen. Dabei ist es nicht notwendig, dass diese alle Paragraphen und Gerichtsentscheidungen auswendig kennen. Wenn ich auf die Fehler blicke, die ich aus meiner Beratungspraxis kenne, dann hätten die meisten davon alleine durch ein Bewusstsein für die rechtlichen Problemfelder vermieden werden können. So wird bei Fotos oft gar nicht erst an den Urheberschutz gedacht, das Impressum wird außer Acht gelassen und Abmahnungen werden schlicht ignoriert.
Aus diesem Grund vermittle ich in meinen Workshops und Büchern keine Gesetzestexte, sondern ein Gefühl dafür, was richtig und was falsch ist. Denn wer das Problem erst einmal erkannt hat, kann auf eine Vielzahl von Wissensquellen im Netz zugreifen, um zu schauen wie es zu lösen ist. Und wie ich aus dem Feedback der Teilnehmer und Leser erfahre, hilft ihnen diese Methode, Social Media Marketing sicher zu betreiben – und mit gutem Gefühl.
Zuletzt schrieb an dieser Stelle Rebecca Belvederesi-Kochs über Netnographie
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