Ein Interview mit Alison & Dan Zarrella, den Autoren von „Das Facebook Marketing-Buch“ über die Potenziale von Facebook-Seiten für Unternehmen, über Organisation und Zeitaufwand und die nächsten großen Herausforderungen im digitalen Marketing-Mix.
KH: Dan, Alison: Euer “Facebook Marketing-Buch” ist eine kompakte Einführung in Marketing-Strategien und -Chancen auf Facebook. Aber wieso brauchen Unternehmen überhaupt Fans? Welche Marketing-Ziele erfordern Fans?
D&AZ: Die meisten Unternehmen haben bereits Fans. Und diese Leute kommunizieren über Marken, sei es per Email, am Telefon, auf einer Dinner-Party oder auf Twitter. Bei über 700 Millionen Facebook-Nutzern ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich diese Fans bereits auf Facebook befinden. Warum sollte man nicht versuchen, sie dort zu erreichen und sie zu motivieren, positive Botschaften noch intensiver zu verbreiten?
Facebook-Seiten von Unternehmen bieten sowohl bestehenden als auch potenziellen Fans Anlaufstellen für die Marken, die sie mögen. Das Anklicken eines „Gefällt mir“-Buttons stellt eine engere Verbindung her als der Besuch einer Website. Diese Fans erlauben dem Unternehmen damit, in einem Raum mit ihnen zu kommunizieren, in dem sie sonst hauptsächlich mit Freunden interagieren. Das ist eine ausgesprochen klare Aussage, und zwar dass sie ein Unternehmen mögen. Jede Person, die ihre Sympathie für das Unternehmen so deutlich zum Ausdruck bringt, ist wertvoll.
Um Fan-Marketing zu betreiben, braucht man Leute, die die Botschaften aufnehmen und weitertragen, damit sie auch ankommen. Es geht nicht unbedingt darum, möglichst viele Leute zu erreichen. Die Leute, die aus eigener Initiative ohne irgendein Incentive eine Seite aufsuchen und „Gefällt-mir“ klicken, sind möglicherweise die besten Markenbotschafter. Eine kleine Gruppe engagierter Nutzer ist wirksamer als eine große Anzahl uninteressierter User.
KH: Eine der am häufigsten gestellten Fragen ist die nach dem Zeitaufwand für Social-Media-Marketing-Aktivitäten. Könnt Ihr uns Faustregeln geben, wie man den Zeit- bzw. Personalaufwand kalkulieren kann?
D&AZ: Der Zeitaufwand für das Management einer Facebook-Seite hängt von vielen Faktoren ab. Die Anzahl der Fans und ihr Engagement auf der Seite haben natürlich Einfluss darauf. Aber der wichtigste Faktor ist die eigene Erfahrung im Umgang mit der Plattform. Als Admin muss man mit Facebook vertraut sein, sowohl aus der Perspektive des Users als auch der des Unternehmens. Wir empfehlen, zuerst ein persönliches Profil zu erstellen und selbst Fan einiger Seiten zu werden, um zu verstehen, wie eine Fanseite in Facebook aus der User-Perspektive sein sollte.
Das Weitere ist eine Frage vorausschauender Planung. Wir empfehlen die Entwicklung einer Content-Strategie und die Planung der Beiträge mit mindestens einwöchigem Vorlauf. Wir schreiben die aktuellen Posts eine Woche vorher, wobei die Themenplanung oft bereits einen Monat weiter reicht. Man sollte sich vornehmen, einmal täglich zu posten und unbedingt auf jeden Beitrag reagieren, der eine Antwort erfordert. Das kann zum Beispiel Kommentare oder Fotos betreffen, die von Usern beigesteuert werden, außerdem allgemeine Fragen oder Pinnwand-Einträge. Alles in allem würden wir mindestens 30 Minuten pro Tag für das Facebook-Monitoring einplanen. Wenn man allerdings sehr viele Fans hat oder eine Promotion durchführt, kann das auch wesentlich mehr Zeit erfordern.
KH: Wie würde Euer ideales Social-Media-Marketing-Team aussehen? Welche Aufgaben, Regeln und Qualifikationen würdet Ihr grob definieren?
D&AZ: Man muss in der Lage zum Multitasking sein. Das ist wirklich der Schlüssel: Facebook sollte nicht die gesamte Arbeitszeit vereinnahmen. Intuitiv zu wissen, wann man mal wieder ein prüfendes Auge auf Facebook werfen sollte, ist keine Fähigkeit, die man sich beibringen lassen kann; sie stellt sich über die Jahre mit der Erfahrung ein. So spielt auch hier die Vertrautheit mit Facebook, sowohl als User als auch als Admin, eine wichtige Rolle.
Dann benötigt man eine Art Regelwerk für das Verfassen von Beiträgen und Antworten sowie das Monitoring. Diese Policy kann je nach Unternehmen verschieden sein. Es ist jedoch wichtig, einige Basis-Regeln über die Inhalte von Beiträgen, die Art zu antworten und – falls dies ein Thema ist –zu löschende Inhalte festzulegen.
Schließlich braucht man jemanden, der wirklich in der Welt der sozialen Medien zuhause ist. Leute, die den Nutzen sozialer Medien nicht verstehen, werden auch nicht auf gute Inhalte oder auf die Lösung von Kunden-Problemen kommen.
Für die meisten Marken ist eine Facebook-Seite mehr als ein Marketing-Vehikel. Es ist ein Forum für Feedback, eine Community und ein Kundenservice-Kanal. Da passiert ziemlich viel gleichzeitig, und man muss alle Aspekte einer Facebook-Seite verstehen und ausblancieren.
KH: Alison, was würdest Du jemandem raten, der behauptet: “Ich kann nicht schreiben”?
AZ: Facebook ist eigentlich ein idealer Ort zum Üben. Man schreibt keine langen, ehrfurchtsgebietenden Texte, aber auch keine Mikro-Texte wie bei Twitter, die eine eigene Herausforderung darstellen. Der ideale Facebook-Beitrag umfasst nicht mehr als 50 Wörter und vielleicht einen Link. Facebook-Nutzer wollen prägnante, gut verdauliche Inhalte, die sich gut mit anderen teilen lassen.
Darüber hinaus ist Facebook weniger formal als eine Website oder Broschüre. Das macht das Schreiben von Texten oft viel einfacher. Bei Facebook geht es um die Interaktion zwischen Menschen, also schadet ein Schuss Persönlichkeit in den Beiträgen nicht. Außerdem: Wenn die Leute auf etwas nicht positiv reagieren, merkt man das sofort und kann schon am nächsten Tag den Gang wechseln.
KH: Zur Zeit lernen Firmen ihre Facebook-Lektionen recht schnell. Was denkt Ihr: was werden die nächsten großen Herausforderungen sein, die den digitalen Marketing-Mix ergänzen werden?
D&AZ: Jeder redet davon, und es stimmt auch: Location Based Services sind die nächste große Sache. Das bedeutet, dass größere Unternehmen sowohl eine nationale Strategie für die Marke als auch lokale Promotionen und Services entwickeln müssen. Das Wissen darüber, wo sich die Kunden befinden, ist nicht zu unterschätzen. Marken können diese Information zu ihrem Vorteil nutzen.
Auch der Kundenservice wird in den sozialen Medien weiterhin eine große Rolle spielen. Zu viele Unternehmen stellen sich noch auf den Standpunkt: „dies ist kein Kundenservice-Kanal“, und gehen davon aus, dass Facebook-Nutzer diese Botschaft beherzigen. Dem ist aber nicht so. Wenn man eine Seite launcht, öffnet man eine neue Möglichkeit zum Dialog, und man kann nicht kontrollieren, was dort gesagt wird. Also muss man auch bereit sein, Fragen zu beantworten und Probleme online zu lösen, und zwar so schnell wie möglich.
Interview: Karen Heidl
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