Ingo Dellwig, der Übersetzer unseres „iPhone Apps mit HTML, CSS und JavaScript“ konnte die Vorfreude auf das iPad nicht mehr ertragen und flog deshalb nach New York, um sich sein Exemplar direkt am ersten Verkaufstag zu sichern. Lesen Sie hier seinen Reisebericht:
Als vor zwei Monaten das iPad angekündigt wurde, war ich direkt begeistert und hatte sofort einige Ideen für Apps im Kopf. Bereits mit dem SDK konnte ich ein wenig ausprobieren, wie sich das neue Gerät anfühlen würde. Als dann aber klar war, dass wir in Deutschland deutlich länger auf den Verkaufsstart würden warten müssen als die Amerikaner, spielte ich als pflichtbewusster Entwickler meine Möglichkeiten durch, den Kunden so schnell wie möglich Apps zu liefern, die auf einem realen Gerät getestet wurden.
Die Bestellung in den Staaten mit einer Lieferadresse in Deutschland ist im Online-Store von Apple unterbunden. In der Vergangenheit hat Apple auch die bekannten Dienstleister ausgeschlossen, die Ware in den USA annehmen und dann nach Deutschland weitersenden. Jetzt müsste man einen Freund haben, der dort lebt und diesen Job übernimmt.
Ich hatte schon angefangen, mein geistiges Adressbuch zu durchstöbern, da schoss mir eine weitere Möglichkeit durch den Kopf: „Fahr doch einfach selbst hin!“ Spontan fing ich an zu lachen. Die Idee war so irre, dass ich nicht glauben wollte, dass ich sie ernsthaft in Erwägung zog. Ich spreche zwar Englisch, aber bis nach Amerika war ich noch nie gekommen.
Es kam der 12. März, und Apple stellte ein Formular online, in dem man ein iPad reservieren konnte. Spaßeshalber meldete ich mich mit meinen deutschen Zugangsdaten an und wählte ein 16GB-iPad zur Abholung am Apple Store an der 5th Avenue in New York aus. Ich schwor mir, dass ich wirklich hinfahren würde, wenn die deutsche Reservierung bestätigt würde. Mit einem Jucken im Finger schickte ich das Formular ab und überließ Apple die Entscheidung. Einen Wimpernschlag später zeigte mein Browser, dass ich die Koffer packen sollte. „OK, was braucht man alles?“, schoss es mir durch den Kopf. Hektisch kramte ich meine Geldbörse heraus und prüfte das Datum meines Personalausweises.
Der war noch lang genug gültig. Aber dann kam mir das Bild eines roten Reisedokuments in den Kopf, das ich zuletzt als Teenager besessen hatte: Der Reisepass! Noch hektischer suchte ich im Web nach der Antwort auf die Frage: „Braucht man für die Einreise in die USA einen Reisepass?“ Die harte Antwort: Aber sicher doch! Nach weiteren Recherchen stellte sich aber heraus, dass die Bundesdruckerei einen Reisepass innerhalb von 72 Stunden liefern kann, wenn man eine höhere Bearbeitungsgebühr in Kauf nimmt.
Ein weiterer Besuch im Web war nötig, um der Einwanderungsbehörde anzukündigen, dass ich komme, und einen Flug und ein Hotel zu buchen. Auf dem Papier war ich also startklar.
Am 31. März ging es dann los. Früh morgens machte ich mich per Zug auf den Weg nach Frankfurt. Im Vorbeifahren habe ich noch in Köln zum O’Reilly-Verlag herüber gewunken. Mittags flog ich dann nach Washington D.C., um dort so lang bei der Einwanderungskontrolle zu warten, dass ich meinen Anschlussflug schon abgehakt hatte. Als ich den Beamten endlich passiert hatte, machte mir ein Mitarbeiter von United Airlines Mut, indem er mir sagte, dass mein Anschlussflieger „etwas verspätet“ sei. Ich hetzte wie wild von einem Terminal zum anderen und kam tatsächlich noch eine Minute vor dem geplanten Abflug am Gate an, um dort nassgeschwitzt festzustellen, dass „etwas verspätet“ bei Amerikanern durchaus für „eine Stunde später“ stehen kann. Noch „etwas später“ lag ich dann endlich im Hotel im Bett und habe die sechs Stunden verschlafen, die ich durch die Zeitverschiebung gewonnen hatte. In den nächsten beiden Tagen erkundete ich New York und spionierte schon den Apple Store aus. Die New Yorker waren begeistert von dem schönen Wetter, das sich zufällig genau mit meiner Ankunft eingestellt hatte. Auch die Fernsehteams, die schon vor dem Apple Store eingetroffen waren, nutzten die Sonne, um Passanten zu interviewen. Ein Nachrichtenteam hatte sogar schon ein echtes iPad dabei.
Am dritten April kam ich gegen 7:45 Uhr am Apple Store an, um mich in die Schlange für Käufer mit einer Reservierung anzustellen. Vor mir hatten schon etwa 250 Leute die gleiche Idee. Bis zur Öffnung der Ladentüren verdoppelte sich die Schar der Wartenden fast noch einmal. Ein Kamerateam vom Wall Street Journal bat um eine Stellungnahme. Als andere Reporter mitbekamen, dass ich wohl aus Deutschland angereist war, stellten sich auch CNN und irgendein anderer Sender für ein Interview an. Pünktlich um 9:00 Uhr gab es nach einem Countdown tosenden Beifall. Die ersten Wartenden stürmten den Laden. Etwa eine halbe Stunde später bahnte auch ich mir den Weg durch eine gemischte Menge aus Kameraleuten, Reportern und applaudierenden Menschen mit blauen Apple-T-Shirts, in den Apple Store.
Dort angekommen, wurde ich gleich mit meinem iPad und optionalem Zubehör versorgt, das teilweise online noch gar nicht zu bestellen war. Neben den Stapeln von iPads fand man auch eine neue Ausstellungsfläche, an der man diese begehrten Geräte ausprobieren konnte. Ich zog es allerdings vor, mir meinen Weg ins Freie zu bahnen, und mir im Central Park eine ruhige Bank zu suchen und dort die Verpackung zu öffnen. Ich hatte die iPad-Schachtel noch nicht ganz aus der Apple-Tasche gezogen, da blieben schon die ersten Passanten stehen und baten um Fotos. In kurzer Zeit bildete sich eine kleine Menschentraube, die alle mit mir das neuartige Gerät bestaunten.
Was für ein Tag: Interviews, Applaus, Posieren für Fotos – einzig Autogrammwünsche blieben mir erspart. Nach drei weiteren Tagen, einer Polizeikontrolle, vielen Blasen unter den Füßen, einem Chip voller Fotos und einer Menge Erlebnisse, fand ich mich dann in Frankfurt beim Zoll wieder. Hier ging ich direkt in den „ich habe etwas zu verzollen“-Bereich und verkündete, dass ich wohl etwas über der Freigrenze liegen dürfte. Erst wollte ein Zöllner mich allein abfertigen, doch als klar war, was ich da im Handgepäck hatte, kamen auch seine beiden anderen Kollegen dazu und nahmen mehr das iPad als mein Gepäck unter die Lupe.
Mein Fazit: Freut Euch auf das iPad. Alle, die es bisher in den Händen hatten, waren begeistert. Und wenn ihr mal Zeit habt: New York ist eine Reise wert, ob mit oder ohne Apple-Produktstart!
Ingo Dellwig ist seit 1993 selbstständiger Unternehmer im Bereich Webentwicklung und mobile Apps (www.web-n-apps.de). Er hat inzwischen an rund zwei Dutzend Büchern als Autor oder Übersetzer mitgewirkt (www.dellwig.de). Darüber hinaus schreibt er Artikel für Fachzeitschriften und spricht auf Konferenzen meist zu Themen rund um das iPhone.
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