Hier nun, wie versprochen, ein erster Artikel von Renée Bäcker. Als langjähriger Perl-Programmierer und aktives Mitglied der Perl-Szene stellt er vor, wer in der Perl-Community eigentlich was macht:
Auf dem diesjährigen Deutschen Perl-Workshop gab es auch Gäste, die nicht viel mit Programmieren zu tun haben. Bei dem Wort „Perl“ waren dann die Fragezeichen über den Köpfen zu sehen und die Frage kam auf, was „Perl“ ist und von welcher Firma „Perl“ das Produkt ist.
Hinter Perl gibt es kein Unternehmen, das die Entwicklung der Sprache oder das Marketing an- bzw. betreibt. Das ist ein Unterschied zu manch anderen Sprachen (Sun bei Java, Zend bei PHP…). Das bringt Vorteile, hat aber auch gewisse Schwächen. So ist das – meiner persönlichen Meinung nach – ein Grund, dass Perl in der Öffentlichkeit nicht mehr das „taufrische“ Image hat. Es bekommt nämlich kaum einer mit, was sich bei Perl so tut – und dabei ist das eine Ganze Menge.
Ich möchte jetzt mal ein paar „Gruppierungen“ bei Perl 5 vorstellen, die neben Larry Wall etwas zu melden haben.
Die *Perl Foundation* (TPF) ist eine Stiftung, die sich rein aus Spenden und den Teilnahmegebühren der YAPC::NA finanziert. Diese Institution vertritt die Rechte von Perl (Namensrechte, Artistic License…).
Weiterhin vergibt TPF quartalsweise sogenannte Grants. Das sind Geld-Förderungen für bestimmte Projekte, die Perl und der Allgemeinheit zu Gute kommen. In der Vergangenheit waren das z.B.: „Improving Perl 5.8“ für Nicholas Clark.
Die *Perl 5 Porters* ist ein Zusammenschluss von Programmierern, die die Sprache Perl 5 weiterentwickeln. Dazu zählt auch, bestimmte Features, die viele bei Perl 6 schätzen, nach Perl 5 zu übersetzen (z.B. given-when, smartmatch…). Als Kommunikationsmittel werden hauptsächlich Mailinglisten und das IRC benutzt.
Für die Releases von Perl 5 ist der sogenannte Pumpking zuständig. Das ist eine einzelne Person, die auch darüber entscheidet, ob ein neues Feature wirklich in ein Release einfließt oder noch etwas aufgeschoben wird. Für Perl 5.8.x ist Nicholas Clark der Pumpking, für Perl 5.10.1 ist es Dave Mitchell.
*CPAN* wird von vielen als *die* Killer-Applikation von Perl angesehen. Hier findet man eigentlich für jede Aufgabe ein Modul, so dass man sich viel Zeit sparen kann. Mittlerweile gibt es rund 15.000 Module auf CPAN. Nicht schlecht, oder? Die Bandbreite der Module geht von einfachen Templating-Engines, über Datenbank-Verbindungen und PDF-Generierung bis zu Modulen für 3D-Programmierung mit OpenGL.
Bei so vielen Modulen gibt es natürlich auch immer wieder die Frage „Welches dieser x Module für Aufgabe y ist das beste?“ Hier hilft das Phalanx100-Projekt, dass die besten Module ausweist.
Im Prinzip kann jeder seinen Perl-Code auf CPAN laden, es gibt keine Qualitätskontrolle in dem Sinn, dass sich jemand hinsetzt und schaut, ob der Code wirklich so gut ist. Allerdings darf man gewisse Projekte nicht vergessen:
*CPANTS* ist die Qualitätsoffensive für CPAN. Unter http://cpants.perl.org kann man sich anschauen, ob Module bestimmte Kriterien erfüllen. Das sagt nur wenig über den Code an sich aus, aber da wird z.B. überprüft, ob man die Module dokumentiert hat und ob das „vollständig“ ist. Oder ob die „Inhaltsangabe“ (die MANIFEST-Datei) zu dem hochgeladenen Code passt. Und es gibt noch einige weitere Prüfungen. Diese Kontrollergebnisse werden automatisch aktualisiert.
Die *CPANTester* ist eine große Gruppe von Personen, die regelmäßig alle neuen Module auf CPAN bei sich installieren und testen. Allein seit Ende 2006 gibt es 2.000.000 Testreports. Was ist so toll daran? Die CPANTester sind total heterogen. D.h. mit den Tests dieser Personen werden sehr viele Kombinationen von Perl und Betriebssystem (z.B. WinXP + Perl 5.8, Linux + Perl 5.10, HP-UX + Perl 5.005,…) abgedeckt. Man kann seine eigenen Module gar nicht so umfassend testen. Denn wer hat die Zeit und wer hat alle Betriebssysteme und alle Perl-Versionen zu Hause zur Verfügung? So kann man schnell sehen, wo das eigene Modul funktioniert und wo nicht und kann das Modul ggf. patchen. Alle Testreports werden auf einer Mailingliste gesammelt und jeder Modulautor bekommt eine Zusammenfassung des Tages, sobald ein FAIL auftaucht.
Vor rund 10 Jahren haben sich ein paar Perl-Programmierer auf der YAPC getroffen und waren der Meinung, dass es User-Gruppen für Perl geben sollte. Das war die Geburtsstunde der *Perlmongers*. Auf http://pm.org gibt es eine Weltkarte, auf der ersichtlich ist, dass es die Perlmonger-Gruppen wirklich über die ganze Welt verteilt gibt. Manche Perlmonger-Gruppen haben sogenannte „Tech-Meets“, bei denen auch Vorträge gehalten werden, andere wiederum haben nur „Social-Meets“ also eine Art Stammtisch, bei dem über alles Mögliche und Perl geredet wird.
Das Tolle an den PM-Gruppen ist, dass man überall anfragen kann, ob es ein „Emergency Meeting“ gibt, wenn man mal in der Stadt ist. Ich selbst habe während meines Australien-Aufenthaltes eine Zeitlang bei einem Perlmonger aus Sydney gewohnt.
Vorstellungen einiger deutschsprachiger PM-Gruppen gab es im Perl-Magazin. Unter http://downloads.foo-magazin.de sind die PDFs zu finden.
Diese Gruppen sind keine hermetisch abgeriegelten Grüppchen, sondern stehen jedem offen. Wer mit der Perl-Community in Kontakt kommen will, kann sich einer der lokalen Perlmonger-Gruppen anschließen. Neue Gäste sind immer gern gesehen.
Über den Autor: Renée Bäcker ist seit 2002 begeisterter Perl-Programmierer und seit 2003 selbständig. Auf der Suche nach einem Perl-Magazin ist er nicht fündig geworden und hat selbst das Perl-Magazin „$foo“ gestartet. In der Perl-Community ist Renée recht aktiv – als Moderator bei Perl-Community.de, Organisator des kleinen Frankfurt Perl-Community Workshop und Mitglied im Orga-Team des deutschen Perl-Workshops.
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