Nach Teil 1 und 2 folgt hier Teil 3 eines Interviews mit Adam Witwer, Director of Content and Publishing Operations bei O’Reilly. Adam beantwortet in diesem 3-teiligen Interview u.a. Fragen zu Branchentrends, der Produktion bei O’Reilly oder auch zur nächsten EPUB-Version. Das Bild zeigt Adam im O’Reilly-Büro in Cambridge, MA.
In eigener Sache können wir übrigens vermelden, dass es jetzt erste E-Book-Bundles – bestehend aus PDF und EPUB – von ausgewählten deutschsprachigen O’Reilly-Titeln gibt!
Der Hype um Apples iPad hält an. Was denkst Du persönlich über Tablet PCs? Werden sie die Art und Weise, wie wir lesen, stark verändern? Oder gibt es andere Geräte oder Trends, die aus Deiner Sicht wichtiger sind?
Ja, ich glaube, dass Tablet Devices sich halten werden und dass sie beeinflussen, wie wir lesen, insbesondere wenn die Geräte günstiger werden. Es gibt eine Reihe interessanter Android-basierter Tablets, die für ungefähr 150 US Dollar zu bekommen sind, und die man im Auge behalten sollte. Aus meiner Sicht: je mehr, je besser! Ich glaube ganz ehrlich nicht, dass für Verlage von all diesen Geräten eine Gefahr ausgeht – jedes neue Gerät, das auf den Markt kommt, birgt das Potenzial, auch neue Kundenkreise zu erschließen. Es zeigen sich jede Menge völlig neuer Möglichkeiten. Heutzutage kann ich ein E-Book aussuchen und kaufen, während ich beim Arzt warte oder in der U-Bahn sitze. Ich sage das sowohl als Leser, als auch als Mitarbeiter eines Verlags: Ich denke diese Möglichkeiten sind wirklich cool.
Im Februar/März 2010 hat O’Reilly Media seine Digital Distribution Services Division eingeführt. Was bietet Ihr an? Und was wünschen sich Verlage gerade am allermeisten?
Digital Distribution bei O’Reilly ist eine Initiative, bei der es darum geht, mit anderen Verlagen zu kooperieren, um die Inhalte dieser Verlag in verschiedenen Formaten über diverse Kanäle und Händler zu vertreiben. Wir nutzen unsere Infrastruktur und vorhandenen Automatisierungstools und bieten unseren Partner-Verlagen diese Tools und Service-Leistungen an.
Was Verlage sich gerade am dringendsten wünschen? Ich denke sie möchten den digitalen Markt betreten, ohne ihre Umsätze mit den traditionellen Print-Produkten zu kannibalisieren und/oder bestehende Geschäftsmodelle zu unterminieren. Meiner Meinung nach werden langfristig die erfolgreich sein, die bereit sind zu experimentieren und gewisse Risiken einzugehen, und die sich kopfüber ins Abenteuer der digitalen Märkte stürzen. Wir helfen ihnen dabei.
O’Reilly Media erhebt ja jede Menge Daten in Zusammenhang mit dem Verkauf von Print-Büchern und E-Books. Gibt es Zahlen, die Du besonders aufschlussreich findest? Lassen sich beispielsweise Trends ablesen, wie Menschen heutzutage lesen?
Es ist faszinierend gewesen, in den letzten Jahren die E-Commerce-Trends auf oreilly.com (unserer Website und unserem Vertriebskanal) zu beobachten.
Wir haben gesehen, wie die Verkaufszahlen der E-Book-Bundles mit denen der Print-Verkäufe gleichzogen, sie dann überholten haben und sich inzwischen stetig 3x so gut verkaufen wie die Print-Titel. Sicherlich, diese Zahlen gelten für einen einzelnen Kanal und sind nur ein Teil des Gesamtumsatzes, aber es sind signifikante Zahlen. Und natürlich ist es wichtig, im Hinterkopf zu haben, dass unsere Leser im Allgemeinen technisch versiert sind. In dieser Hinsicht sind wir gut dran. :-)
Es ist auch spannend zu beobachten, wie unsere Leser die verschiedenen Dateiformate, die wir über unsere E-Book-Bundles anbieten, nutzen – PDF, EPUB und Mobi. Im Dezember 2009 konnte man den Daten entnehmen, dass PDFs als bevorzugtes E-Book-Format von 89% auf 68% und zur selben Zeit ePub von 3% auf 22% anstieg. Und das vor der Einführung von iPad und iBooks.
Wie sehen momentan die fortgeschrittensten E-Book-Apps aus, die O’Reilly Media anbietet? Mir fallen der Geek Atlas Companion und die App zur „HTML and XHTML Pocket Reference“ (zum Zeitpunkt des Interviews noch eine Beta) ein.
Beide Apps wurden durch ihr Buch-Pendant inspiriert und führen die Intention der Bücher sozusagen weiter. Im Unterschied zu den Büchern, versuchen die Apps die fortgeschrittenen Features des iPhones zu nutzen. Beispielsweise verwendet die Geek Atlas Companion App Geolokation, um Leser auf die nächstgelegene „Geek“ Location, die von Interesse sein könnte, hinzuweisen und um Lesern nützliche Informationen über diese Einrichtung, diesen Ort zu mitzuteilen.
Was ist die Zielsetzung der EPUB 2.1 Arbeitsgruppe des IDPFs? Und was sind aus Deiner Sicht die wesentlichen Punkte, um sicherzustellen, dass sich ePUB als offener E-Book-Standard auch in Zukunft hält?
Ich verweise dann immer auf das Mission Statement unter http://www.idpf.org/idpf_groups/IDPF-EPUB-WG-Charter-4-6-2010.html
Wir haben uns bemüht, die Bereiche zu identifizieren, in denen es ganz offensichtlich Handlungsbedarf gibt (wie Video und Audio), und wir haben geplant, wie wir diese Anforderungen am besten in die Spezifikationen aufnehmen. Ich persönlich bin der Ansicht, dass die beste Strategie, um sicherzustellen, dass ePub seine Bedeutung behält, die ist, sich an Web Standards zu orientieren und gleichzeitig Verlagen und allen, die Content entwickeln, klare Vorgaben an die Hand zu geben. Als jemand, der E-Books erstellt (gerade auch ePubs) und damit kämpft, dass sie auf allen verschiedenen Geräten und Leseplattformen konsistent aussehen, verstehe ich sehr wohl die Schwierigkeiten, denen sich Verlage gegenübersehen. Ziel der Arbeitsgruppe ist, dass es für alle einfacher wird, qualitativ hochwertige digitale Produkte herzustellen.
Ende Teil 3/3