Im sechsten Schuljahr hatte ich Informatikunterricht. Wir spielten ein Euro-Quiz an 286er PCs, an mehr erinnere ich mich nicht. Den nächsten Informatikunterricht gab es wieder in der Oberstufe, diesmal programmierten wir mit Turbo Pascal. Wenn wir darüber heute reden, dann fallen uns nur noch Details zum nerdigen, kettenrauchenden Lehrer ein. Schon damals™, vor etwa zwanzig Jahren, schimpften wir, dass es eigentlich viel mehr und viel zeitgemäßeren Informatikunterricht geben müsse. Schließlich recherchierten wir gleichzeitig bereits online Hausarbeiten (über Netscape und Hausaufgaben.de, nix Google), und das ganze Land befand sich unmittelbar vor der New Economy-Welle.
Sehr viel getan hat sich dennoch nicht in der Schullandschaft. Noch immer gibt es viel zu viele PC-Kabinette mit veralteter Technik, noch immer gibt es nur fragmentierten (sic!) Informatikunterricht. Immerhin aber gibt es Menschen, die sich für Informatik an den Schulen einsetzen – und dabei besonders die Mädchen ans Programmieren bringen wollen. Eine davon ist Andera Gadeib, die zum Ende März anstehenden Girls Day gemeinsam mit anderen Akteuren aus Aachen und Umgebung 100 Mädchen zum Programmieren mit Calliope einlädt. Ich habe Andera getroffen und über den „Kreativen Girls Day in der Digital Church“ ausgefragt.
Liebe Andera, wir kennen uns ja unter anderem schon vom CoderDojo in Aachen, das ich vor einigen Jahren mal mit dem oreillyblog besucht habe. Jetzt planst Du gemeinsam mit anderen ein Event für 100 Mädchen. Mein erster Gedanke war: crazy. Mein zweiter: mega! Was habt Ihr Euch denn dabei gedacht? :-)
Ich finde das auch crazy. Die Idee, einen Girls Day mit 100 Mädchen zu veranstalten, ging vom tollen Team im digitalHUB aus. Sie fragten mich, ob das mit dem Mini-Computer geht, den ich vor einigen Jahren mit angestoßen habe und so wurde daraus ein riesiger Programmier-Tag, den wir uns vorgenommen haben. Und das an diesem magischen Ort – gleich mehr dazu – in der Kirche.
In den vergangenen Jahren habe ich am Girls Day oft Mädchen zu mir ins Unternehmen eingeladen, um einen Tag in der Programmierung zu verbringen. Auch wenn ich ehrlich sagen muss, dass die Vorbereitung für dieses große Event gerade nicht perfekt in meinen Zeitplan passt, macht es einen Riesenspaß. Den Rest der Zeit bin ich in meinen Unternehmen eingespannt und schreibe gleichzeitig mein erstes Buch, das im Herbst erscheint. Aber alles passt wunderbar zusammen, denn auch im Buch geht es darum, wie wir die Zukunft gestalten. Und da ist digitale Bildung ein wichtiger Baustein.
Ihr ladet die Kinder in die Digital Church Aachen ein. Kannst Du uns kurz erzählen, was sich hinter diesem Ort verbirgt?
Die Digital Church ist die alte Kirche St. Elisabeth in Aachen. Sie wurde vor einigen Jahren entweiht und dann ein Jahr lang von einem kreativen Team in ein Hotel umgewandelt. Sie wurde Treffpunkt für ganz verschiedene Zielgruppen und war Ort der Integration. Das war gerade in Zeiten der Flüchtlingskrise eine tolle Möglichkeit der Nutzung.
Als das Hotel-Projekt vorbei war, zog der digitalHUB ein – eine Initiative, die vom Wirtschaftsministerium des Landes NRW unterstützt wird und die Digitalisierung fördern will. Aber auch hier findet ganz viel Austausch statt, beispielsweise zwischen jungen und alteingesessenen Unternehmen. Und das ist so wichtig bei dem Thema Digitalisierung, das ja inzwischen wirklich jeden beschäftigt. Mir persönlich ist es sehr wichtig, dass wir wirklich jeden mitnehmen und keinen zurücklassen, der meint, das Digitale nicht mehr verstehen zu können.
Die Türen der Kirche sind täglich offen, nicht nur für die Startups, die dort inzwischen arbeiten. Auch wir sind beispielsweise mit meiner Firma Dialego Mitglied im digitalHUB und haben dort einen Arbeitsplatz sowie die Möglichkeit, den kreativen und besonderen Ort der Kirche für Meetings und Veranstaltungen zu nutzen. Das tun wir regelmäßig und erfreuen uns am neugierigen Blick unserer Kunden oder Interessenten, wenn sie hinter der Kirchentür einen neuen Ort der Inspiration entdecken. So stelle ich mir das auch mit den 100 Mädchen vor. Es wird einfach wunderbar.
100 Kinder zu koordinieren, zu beschäftigen und zu begeistern ist keine leichte Aufgabe. Wie gestaltet Ihr den Tag, wie viele Helfer habt Ihr zur Verfügung?
Oh Mann, da sagst Du was. Ich habe auch echt Respekt davor. Zum Glück haben wir eine ganz tolle Mannschaft an der Seite, die die wesentlichen Teile des Programms vorbereiten: IT4Kids ist eine studentische Initiative mit wunderbaren jungen Menschen aus verschiedensten Fachbereichen, die schon einiges an Erfahrung mitbringen. Sie haben eigens für den Girls Day ein unglaublich vielseitiges Programm entworfen, in das ich mich in der Vorbereitung gerne einbringe. So planen wir eine Mischung an kreativen Aufgaben, die ich in der Vergangenheit schon probeweise selber in einer Schule unterrichten durfte, kombiniert mit spannenden Programmier-Experimenten. Da ist für jede etwas dabei. Ich freue mich schon sehr auf das Abschlussbild am Ende des Tages, an dem uns 100 Mädchen zeigen werden, woran sie den ganzen Tag gebastelt haben. Und ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass da auch selbst programmierte Autos fahren werden. Quasi die Vorstufe zum autonomen Auto der Zukunft ;) Da stelle ich mir heute schon bildhaft vor, wie ganz viele junge Frauen diese Technologie entwickeln werden, weil sie Feuer gefangen haben.
Der Girls Day richtet sich an Mädchen ab dem 5. Schuljahr. Gibt es darüber hinaus irgendwelche Anforderungen? Müssen die Interessentinnen bereits Erfahrung mit IT oder Elektronik mitbringen?
Die Klassen 5 bis 9 sind vom Girls Day besonders angesprochen. Vorkenntnisse sind nicht nötig. Nur Spaß und Lust auf einen Tag, an dem man einfach mal probieren kann, was sich digital mit den eigenen Händen entwickeln lässt. Falls jemand die Möglichkeit hat, wäre ein aufgeladener Laptop toll, ist aber keine Pflicht. Es wird in Gruppen gearbeitet. Alles nötige Material haben wir vor Ort.
Und jetzt das Wichtigste: Wo können sich Interessierte anmelden?
Einfach über die Seite des Girls Day: https://www.girls-day.de/@/Show/digitalhub-e-v/kreativ-mit-mini-computern-in-der-digital-church. Dort sieht man auch sofort, ob noch Plätze verfügbar sind.
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