Die webcon2012 in Aachen tritt in diesem Herbst erstmalig an, den Kalender für Webcitizens Nordrhein-Westfalens (und mehr) um einen spannenden Termin zu erweitern. Was sich genau hinter der webcon verbirgt, habe ich Michael Keukert vom Orgateam der webcon2012 gefragt.
Michael, bevor wir über die webcon2012 sprechen: Kannst Du kurz etwas über Dich und Deine Kollegen im Orgateam erzählen?
Wir sind ein Team aus vier Leuten, die eine gefühlte Ewigkeit mit dem Internet zu tun haben. Rebekka (@queenofwhatever) ist studierte Grafikdesignerin und seit den Anfängen in Sachen Social Media unterwegs. Community Management hat sie von der Pike auf gelernt, noch zu Zeiten als es vornehmlich Foren und Diskussionsboards gab. Volker (@volkergoebbels) ist von Haus aus promovierter Chemiker, aber schon zu Studienzeiten hat es ihn in die IT gezogen. Derzeit arbeitet er als Projektmanager für Software- und Webapplikationen und berät als Trendscout IT-Firmen. Tobias (@tobiaskollewe) entwickelt mit seiner Agentur AIXhibit AG seit 14 Jahren Websites und Online-Shops und berät auf diesem Sektor. Ich selbst (@technozid) bin seit 1989 im Internet unterwegs – damals noch ohne WWW. Ich bin seit 1993 im IT-Marketing tätig und habe da schon sehr früh aufs Web gesetzt. Meine erste eigene Website ist von 1996 und immer noch online. Seit September letzten Jahres arbeite ich auch bei der AIXhibit AG und bin da für Marketing und die AIXhibit Akademie zuständig.
Es gibt inzwischen sehr viele Barcamps im deutschsprachigen Raum – in großen und kleinen Städten, themenoffen oder spezialisiert. Wie kamt Ihr auf die Idee, dem Terminkalender der Webszene ein weiteres Barcamp in Aachen hinzuzufügen?
Oh, ja, das ist eine interessante Geschichte. Die Planungen für die AIXhibit Akademie haben sich über Monate hingezogen und für mich war immer klar, dass nach dem ersten Vortragsjahr eine ein- bis zweitägige Abschlussveranstaltung kommen müsse. Dabei habe ich aber mehr an eine Art Intensivtraining gedacht. Rebekka und Volker fingen dann an, den Twittwoch in Aachen zu organisieren. Bekki und Volker kennen wir schon lange und so haben wir uns an einen Tisch gesetzt und in gemeinsamen Gesprächen verschiedene Modelle diskutiert, variiert, verworfen, wiederbelebt, auseinandergenommen und vom Kopf auf die Füße gestellt.
Dabei war es für uns nie eine Frage, dass Aachen eine solche Veranstaltung gut zu Gesicht stehen würde. Aachen ist eine der ältesten Internet-Städte in Deutschland. Egal ob es öffentliche Webcams, Internet-Cafés, Netzzugang für Studierende oder Stadtnetzbetreiber waren – Aachen war immer bei den ersten Städten in Deutschland, in denen diese „neuen“ Angebote zu finden waren. Im Gegensatz zu Berlin, Hamburg oder sogar München hat Aachen aber keine richtige Internetszene – und das obwohl wir die RWTH, diverse Startups und nicht zuletzt die ein- oder andere Agentur von überregionalem Rang haben. Das wollen wir mit der webcon ändern. Unser sicherlich ambitioniertes Ziel ist es, Aachen überregional wieder auf die Internet-Landkarte zu setzen und ein deutliches Signal in die Community – auch nach Belgien und in die Niederlande – zu senden.
Die Fakten zur Webcon Aachen:
Termin: Samstag, 20. Oktober 2012
Ort: Aachen – die westlichste Großstadt Deutschlands liegt am Dreiländereck zwischen Belgien, Deutschland und den Niederlanden.
Tickets: 10,- Euro
Mehr Infos unter: webcon.de oder auf Facebook und Twitter
Konferenzen, Barcamps, Twittwoche und Webmontage, Twittagessen und Meetups: Ich habe manchmal den Eindruck, in keiner anderen Branche gibt es so viele Möglichkeiten, sich nicht nur zu vernetzen, sondern auch persönlich kennenzulernen.
(lacht) Ach ja, die alten Klischees der pickeligen, käsegesichtigen Nerds die im elterlichen Keller World of Warcraft spielen und ansonsten sozial verkümmert sind…
Oh, die Klischees sind uns bei O’Reilly natürlich bestens bekannt ;-) Aber im Ernst: Ihr seid häufig auf anderen Barcamps unterwegs, Volker und Rebekka engagieren sich für den Aachener Twittwoch … Was reizt Deiner Meinung nach Onliner, sich so häufig offline zu treffen?
Der britische Psychologe Robin Dunbar hat Anfang der 90er Jahre einige Untersuchungen gemacht, wie viele soziale Beziehungen Säugetiere im Allgemeinen und der Mensch im Besonderen unterhalten kann. Diese sogenannte Dunbar-Zahl liegt für unsereiner bei 150 Kontakten, die man sinnvoll „verarbeiten kann“. Noch vor 30 Jahren haben wir diese 150 Leute primär im Verwandten- und Freundeskreis und in der unmittelbaren Nachbarschaft gefunden. Im Vergleich allein schon zur Generation unserer Eltern schrumpfen aber die typischen Familiengrößen. Dafür steigen die Möglichkeiten der Kommunikation an. Nicht nur Studenten lernen den internationalen Austausch – auch für nicht-Wissenschaftler ist es normal, z.B. über Facebook mit Leuten aus anderen Städten in intensiven Austausch zu treten. Es ist doch so, der Mensch IST ein Herdentier und lebt vom sozialen Austausch mit anderen. Das ist beim Nerd genauso, wie beim nicht-Nerd. Die Internet-affinen Menschen haben schlicht die größere, landes- oder weltweite Auswahl. Jemand, der mit dem Netz nichts am Hut hat, findet seine Kontakte halt im Sportverein.
Einen Unterschied gibt es dabei aber doch. Meine Spuren im Netz, meine Blogposts und Tweets und Facebook-Einträge sind auch verfügbar, während ich schlafe oder im Urlaub bin. Netzaffine Menschen können sich also jederzeit ein Bild vom Kommunikationspartner machen. Wir befinden uns daher in einer Meritokratie, in der das Ansehen der Netzteilnehmer durch deren Beiträge definiert wird. Dass man da neugierig auf Andere wird und sich auch einmal persönlich – face-to-face wie es auf Neudeutsch heißt – austauschen möchte, ist eigentlich klar.
Ihr habt Euch für eine Mischform aus Konferenz und Barcamp entschieden. Kannst Du uns den Ablauf der webcon erklären?
Wir haben bewusst eine Mischform aus den derzeit verfügbaren Veranstaltungsmodellen gewählt. Das Modell Barcamp ist sehr charmant, in der Größe, die uns für die webcon vorschwebt, aber kaum zu realisieren. Schlimm wäre es gewesen wenn wir die 16 Slots dann am Veranstaltungstag füllen wollen und es mit den Vorschlägen und dem Feedback nicht hinhauen würde. Das Programm komplett durchzuplanen wurde diskutiert, dann aber wieder verworfen, da wir nicht so vermessen sind und unsere Interessen und Vorlieben den Gästen überstülpen wollen.
Der Kompromiss ist, dass wir einige Vorträge vorab vergeben haben und die restlichen Slots dann über ein Call-for-Papers-Verfahren, also einen Aufruf für Vortragsthemen, vergeben. Wir haben das große Glück, dass wir von sechs Wunschkandidaten tatsächlich vier Zusagen bekommen haben. Über diese vier Vortragsthemen, die so unterschiedliche Bereiche wie E-Commerce, Online-Bewerbungen und QR-Codes behandeln, stecken wir das Themenfeld quasi ab und geben eine Vorgabe, was für Vortragsthemen erhofft sind.
Das heißt, man kann noch einen Sessionvorschlag einreichen?
Ja, selbstverständlich! Wir haben schon einige tolle Vorschläge bekommen. Das Call-for-Papers ist aber noch bis mindestens Ende Mai offen. Insofern: immer her damit!
Gibt es thematische Schwerpunkte oder Vorgaben?
Es gibt ein paar formelle Vorgaben, thematisch ist noch alles offen. Einen klaren Vorteil haben „unverbrauchte“ Themen. Ein komplett neuer, noch niemals gehaltener Vortrag ist uns dabei lieber, als ein Thema, das schon zigmal auf Konferenz durchgekaut wurde. Gerne auch provokante Themen, wenn sie denn vernünftig ausgearbeitet und mit Hand und Fuß präsentiert werden. Wir haben den Zeitplan extra sehr großzügig gestaltet und lange Pausen eingeplant, damit Diskussionen und Austausch untereinander stattfinden.
Ich fände es schön, wenn wir mit den Themen die Besucher beflügeln können und zum nachdenken und WEITERdenken anregen. Das kann ein toller Vortrag mit technischem Schwerpunkt ebenso, wie eine kontroverse Zukunftsprognose oder eine kritische Gegenüberstellung von Plattformen.
Die Webcon findet im Jugendgästehaus statt, ein Ticket kostet nur 10 Euro – eine bewusste Entscheidung gegen prunkvolles Catering, für Teilnehmer unterschiedlicher Einkommensklassen?
(nachdenkliches Kopfnicken) Das war vermutlich eine der schwersten Entscheidungen. Klar muss sowas ökonomisch sinnvoll geplant werden. Unser Agenturhund ist leider kein Dukatenesel und eine solche Veranstaltung zieht schon handfeste Kosten nach sich. Beim Twittwoch ist der Eintritt traditionell frei, dafür treten Firmen-Sponsoren mehr oder weniger deutlich auf. Würde man es wie einen Kongress über die Eintrittsgelder finanzieren, dann wäre man schnell bei 70-80 EUR pro Ticket und würde so die Schwelle für viele Interessierte sehr hoch setzen.
Wir machen jetzt den Kompromiss und nehmen ein geringes Eintrittsgeld, können dafür aber den Sponsoringbedarf gering halten. So wird es keine Verkaufsveranstaltung, die Sponsoren sind aber gleichzeitig sehr exponiert. Gleichzeitig verzichten wir auf Studenten-, Presse- oder Early-Bird Tickets. Den Zehner wird sich jeder Interessierte leisten können. Und, ja, keine Lachshäppchen, sondern Mittagessen – das ist aber im Preis mit drin.
Zum Abschluss: Braucht Ihr noch Hilfe bei der Organisation, der Betreuung der Speaker oder zur Moderation? An wen können sich Interessierte wenden?
Wir vier werden die Tage vorher und am Tag selbst kräftigst durchackern und vermutlich mit am wenigsten von der Veranstaltung mitbekommen. Wir können auf Kollegen von AIXhibit zurückgreifen, aber darüber hinaus sind helfende Hände gerne willkommen. Kurze Mail an info@webcon.de mit den Kontaktdaten, das reicht. Aber potentielle Helfer sollten sich im Klaren sein, dass sie recht wenig von der webcon mitbekommen werden.
Ich freue mich wahnsinnig auf den 20. Oktober und hoffe, dass wir viele von den Lesern hier begrüssen können!
Michael, ich danke Dir sehr für das Gespräch & wünsche Euch schon jetzt viel Erfolg mit der webcon!
P.S. In einem der vorab gesetzten Sessions steckt O’Reilly Know-how: Mein Kollege Volker Bombien und ich werden 10 bzw. 11 Regeln zum richtigen Social Media Marketing vorstellen. Schon deshalb freuen wir uns ganz besonders auf die Webcon!
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