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TINCON: „Wir haben gedacht, wir machen das mal“

Drei Tage, 1.000 Jugendliche, 70+ Speaker, 80+ Sessions: Mit der TINCON veranstalten Tanja Haeusler und Johnny Haeusler am nächsten Wochenende in Berlin das erste „Festival für digitale Jugendkultur“. Eine Konferenz, die sich ausschließlich an Jugendliche richtet und deren Themen bewusst in alle Sphären des Netzes reichen. Wir haben Johnny zur teenageinternetwork convention befragt … dann viele Stunden YouTube geguckt und ins Kissen geweint, dass wir die 21 längst überschritten haben …  

Lest mehr, klickt aufs Programm, erzählt eigenen und befreundeten Kids davon und gewinnt für sie Tickets :) 

Johnny, wir sind gerade von einer grandiosen #rpten zurück und umso mehr begeistert von der Idee TINCON. Es ist großartig, dass Teenager jetzt ihre eigene Netzkonferenz bekommen. Was war Euer Antrieb?

Die ganze (okay: die halbe) Welt spricht davon, dass wir Jugendlichen zu mehr Partizipation, Medienkompetenz und Zukunftsperspektiven verhelfen sollten. Aber nur wenige engagierte Menschen tun das auch. Und während der Arbeitsmarkt im Digitalen – was inzwischen ja alle Bereiche betrifft – über Mangel an Nachwuchs klagt, orientieren sich viele berufsvorbereitende Maßnahmen noch immer an einer Arbeitswelt von vor zehn, zwanzig Jahren. Zudem scheinen Eltern und Lehrer teilweise überfordert zu sein mit den Herausforderungen, die sich aus dem Wandel zu einer digitalen Gesellschaft ergeben. Und außerdem gibt es kaum Konferenz-Formate für Jugendliche, es wird zwar viel über sie, aber selten mit ihnen gesprochen.

Und da haben wir uns gedacht: Wir probieren das mal. Wir machen eine Art re:publica für Teenager. Mal sehen, wie die das finden.

Welchen Bezug habt Ihr persönlich zu digitaler Jugendkultur – und wie stellt Ihr sicher, dass Atmosphäre und Tonalität stimmen?

Unser persönlicher Bezug kommt durch unsere eigenen Teenager-Söhne, die uns immer wieder zeigen, dass es großartiges Zeug im Netz gibt, das an uns Erwachsenen vorbei geht. Und die beweisen, dass diese junge Generation ein völlig anderes Internet erfährt und nutzt als wir.

Damit wir aber nicht an der Zielgruppe vorbei arbeiten, lassen wir uns beraten. Von rund 20 Jugendlichen, die den etwas blöd betitelten „Jugendbeirat“ bilden, ein wilder Haufen, der sich irgendwie gefunden hat. Neben einiger gemeinsamer Workshops, die wir mit den Jungs und Mädchen zwischen 13 und 18 Jahren gemacht haben, läuft das aus zeitlichen Gründen oft über eine WhatsApp-Gruppe: „Wollt ihr diesen Speaker auf der TINCON haben?“; „Welche YouTube-Musikerinnen würdet ihr einladen?“.

TINCON, Johnny Haeusler

Johnny Haeusler, Spreeblick-Gründer und jetzt neben der der re:publica auch im TINCON-Team. Bild: re:publica / Gregor Fischer

Wie kann ich mir den Prozess der Programmgestaltung vorstellen, welche Rolle spielte der Jugendbeirat ganz konkret?

Im Herbst letzten Jahres gab es einen dreitägigen Workshop, bei dem u. a. Oberthemen von den Jugendlichen festgesetzt wurden. Wir wurden als Erwachsene aber auch mit klaren Aufträgen an die Arbeit geschickt, uns wurden Namen mitgegeben, die wir einladen sollten – manche konnten wir erfüllen (wir sind z. B. ganz stolz darauf, dass coldmirror dabei ist), andere leider nicht … vielleicht klappt das ja beim nächsten Mal.

Und: Es wurde der klare Wunsch geäußert, sich mit Politikern oder Politikerinnen unterhalten zu können. Wir sind daher sehr gespannt, welche Fragen die Jugendlichen an Familienministerin Manuela Schwesig stellen werden, die gleich zu Beginn der TINCON am Freitag um 15 Uhr dabei ist. Dass gleich danach Oguz Yilmaz von seinem Leben nach Y-Titty berichtet, der mit einer Milliarde Videoviews erfolgreichsten und inzwischen aufgelösten YouTuber-Truppe, ist eine der vielen TINCON-Kombinationen, die wir spannend finden.“

Auf welche Themen und Formate dürfen sich TINCON-Besucher nun freuen?

coldmirror macht eine ihrer grandiosen „kunsthistorischen Analysen“ zum ersten Mal live, ihre Fans haben dafür Bilder eingeschickt. Das DLR lässt uns durch Weltall fliegen. Einer der abgefahrensten Roboter der Welt ist zu Gast: Myon. Ralph Caspers macht die Cybercybercybershow. Clemantine Wamariya erzählt von ihrer Flucht aus Afrika in die USA. Fynn Kliemann erklärt, warum man Charakter statt Klicks auf YouTube braucht. Melissa alias Breeding Unicorns macht einen Workshop zum Thema „Fashion on a budget“. Die Datteltäter zeigen (auch) muslimische YouTube-Comedy mit Biss. Wir zeigen, wie man professionelle Musik mit einem Tablet produziert, 360-Grad-Videos erstellt, mit einem 3D-Drucker Sonnenbrillen druckt, Memes selbst bastelt oder Lego-Roboter baut. Es gibt einen Poetry Slam und einen Science Slam. Wir haben die neusten VR-Technologien zum Ausprobieren. Games auf riesiger Leinwand. Und … ach, guckt doch selbst: http://tincon.org/programm/ :)

Ich muss gestehen: Die allermeisten Vorträge der re:publica schaue ich später aus der Konserve. Vor Ort genieße ich vor allem die Möglichkeit des einfach-zusammen-Abhängens und Kennenlernens. Schafft Ihr dazu auch auf der TINCON Raum – außerhalb von Programm und Struktur durch Erwachsene?

Na klar. Neben den Bühnen gibt es ja die tollen Foyers des Festspielhauses, dort passiert auch viel, es ist aber auch Platz zum Plaudern und Chillen.

Kürzlich sprach ich mit einer Usergroup, die sich sehr für die Vermittlung von Programmierskills an Kinder engagiert. Ihr Tenor: Es kommen immer nur die, die ohnehin schon an Informatik interessiert sind und/oder über die Eltern bereits an IT herangeführt wurden. Die Herausforderung ist aber, auch die Teenager zu erreichen, deren Elternhaus und/oder Schule nicht netzaffin sind. Wie seid Ihr das angegangen?

Ist doch klar, dass sich nur manche fürs Programmieren begeistern lassen. Es mag ja auch nicht jeder Mathe oder Kunst. Ich verstehe auch nicht, wieso „digitale Berufsfelder“ immer aufs Coden beschränkt werden, wir brauchen doch auch Kommunikationsexpertinnen, Designer, Konzepter, Geschichtenerzählerinnen … wir versuchen, mit der großen inhaltlichen Bandbreite auch die anzusprechen, die mit IT direkt vielleicht nichts anzufangen wissen. Denen wollen wir zeigen: Die digitale Welt bietet dir trotzdem jede Menge spannender Möglichkeiten!

Kooperiert Ihr mit Schulen, Lehrern oder Bildungsorganisationen, gibt es da einen inhaltlichen Austausch? (Ist der überhaupt gewünscht?)

Wir haben rund 300 Berliner Schulen mit Anschreiben, Postern und Infos versorgt und sie gezielt eingeladen, mit vielen natürlich auch direkt gesprochen. Das Feedback war etwas enttäuschend, ehrlich gesagt. Vielleicht ist das ein Berliner Phänomen, vielleicht sind die Schulleiterinnen und Schulleiter überfordert. Die TINCON ist zudem ein neues Format und bei manchen Leuten ist es halt so: Was ich nicht kenne, esse ich auch nicht. ;)

Die Fakten zur TINCON
Was? TEENAGEINTERNETWORK Convention
Wann? 27.-29. Mai 2016
Wo? Berlin, Festspielhaus
Tickets: Das 3-Tages-Ticket kostet 25 € (Gruppenermäßigung möglich).

Achtung, liebe Eltern: Ihr müsst draußen bleiben. Zutritt haben nur 13 bis 21-jährige. Ausnahme ist Sonntagnachmittag ab 14 Uhr, dann gilt „open doors für alle“.

TINCON

 

Ihr denkt darüber nach, nach dem Debut auch in anderen deutschen Städten mit der TINCON zu gastieren. Sind diese Pläne schon konkret?

Jein. Es gibt Anfragen und unseren Wunsch, in andere Städte zu gehen. Aber jetzt bringen wir erstmal den Erstling in Berlin gut über die Bühne.

 Vor einigen Jahren war ich eine der staunenden Erwachsenen, als Ihr auf der re:publica-Bühne junge YouTube-Stars vorstelltet. Ich – wir alle – hatten ja kaum eine Vorstellung davon, wie kreativ diese Digital Natives vor ihrer Webcam agierten, und wie viele Altersgenossen sie bereits damit erreichten. Ich fuhr also heim und berichtete umgehend befreundeten Kindern von LeFloid & Co. Auch für sie eine Offenbarung – leider (?) jedoch mit dem Ergebnis, dass sie ihre Vlogs inzwischen auch einfach bloß konsumieren. Und jetzt bin ich ratlos: War das nicht ganz anders gemeint? Und darf ich das überhaupt werten?

Auch das Internet wird (leider) nicht dafür sorgen, dass plötzlich alle zu Produzenten werden. Und sich vor eine Kamera zu stellen braucht ja auch ganz schön Mut – Talent kann auch nicht schaden. Ich glaube aber, dass die Inspiration, etwas eigenes machen zu können, durch das Netz viel größer ist als bspw. durchs Fernsehen. Die Hürden zur eigenen Produktion sind kleiner geworden. Und wenn nicht gleich jede und jeder Coderin oder YouTuber wird: Vielleicht werden sie mit dem Fachwissen durchs YouTube-Schauen später mal Managerinnen oder Berater! :)

Wie steht Ihr zur Forderung, man müsse „den Jugendlichen“ doch irgendwie diese vielzitierte Medienkompetenz nahebringen?

Ich glaube, Jugendliche gehen zwar selbstverständlicher und ohne Ängste mit den „neuen“ Medien um, das bedeutet aber nicht, dass sie wissen, was da genau passiert – woher auch? Wir sollten aber zunächst mal für eine hohe Medienkompetenz bei Erwachsenen sorgen, damit diese sie überhaupt weitergeben können. Meiner Erfahrung nach hören Teenager schon sehr gut zu, man muss ihnen aber auch etwas spannendes erzählen können.

Johnny, vielen lieben Dank für das Gespräch. 

Und jetzt seid Ihr an der Reihe: wir verlosen zwei Tickets zur TINCON. Wenn Ihr also Euren Nachwuchs (oder Euch selbst) plus Freund*in zur TINCON schicken wollt, mailt uns an blog@oreilly.de oder kommentiert hier. Einsendeschluss ist Dienstag, der 24. Mai 2016 um 24 Uhr. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, es entscheidet das Los.

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