Neulich fragten mich die Organisatoren eines Bar Camp in einer mittelgroßen deutschen Stadt, ob wir evtl. Zeit und Lust hätten, ihre Veranstaltung mit ein wenig Werbung, Social Love und der ein oder anderen Sachspende zu unterstützen. Hatten wir natürlich. Sie schlossen ihre Mail mit einem Satz, der ungefähr so ging: „Falls ihr das Konzept Bar Camp/Unkonferenz noch nicht kennt, schicken wir gerne weitere Informationen“. Da musste ich dann doch ein bisschen grinsen.
Nicht, weil hier jemand ORLY-Eulen nach Mem-Athen tragen wollte, sondern weil eine absolut tolle Idee mittlerweile dermaßen selbständig die internationale Technik- und Kulturlandschaft durchdringt, das ihre Wurzeln kaum noch zurückverfolgt werden.
Dabei ist es gerade einmal 10 Jahre her, dass Tim O’Reilly und Sara Winge im kalifornischen Hauptsitz von O’Reilly die erste Unkonferenz für professionelle Computer-Nerds einberiefen, bei der es durch besonders lockere Atmosphäre zu besonders effektiven Austausch von Fachwissen kommen sollte. Titel der damaligen Veranstaltung: Foo Camp.
„Foo“, das ist einerseits ein Akronym für „Friends of O’Reilly“, geht andererseits aber auch auf die Begriffe „foo“ und „bar“ zurück, die von ITlern gerne als Metasyntaktische Variablen (für Normalsterbliche: Platzhalter und Beispielnamen) verwendet werden. „Foo“ und „bar“ wiederum haben ihren Ursprung höchstwahrscheinlich im Akronym „fubar“, das aus dem Militärbereich kommt und für „fucked up beyond recognition“ steht – womit es dann auch noch einen Bezug zum Anfang der Nuller Jahre eher unerfreulichen Zustand der nordamerikanischen IT-Industrie gäbe; man erinnere sich hier v.a. an die geplatzte Dotcom-Blase. Tatsächlich ging es Tim O’Reilly & Co. beim ersten Camp neben der Diskussion wichtiger Technikthemen auch darum, gemeinsam mit den versammelten Alpha-Geeks über Status quo und Zukunft der Branche zu sprechen.
Das Treffen, zu dem vom 10. bis 12. Oktober 2003 ca. 200 bunt zusammengewürfelte Besucher in Sebastopol erschienen, war ein voller Erfolg – und besaß bereits viele der heute selbstverständlichen Merkmale einer „Unkonferenz“: kein offizielles Programm, stattdessen spontan-kreativ-demokratische Planung der Vorträge/Diskussionen/Workshops vor Ort, und natürlich relaxte Stimmung in Kombination mit Austausch auf Augenhöhe (hier übrigens ein paar lustige Google-Earth-Screenshots vom 5. Treffen 2007). Einen wichtigen Unterschied zum heutigen Standardformat gab’s dann aber doch: Das Foo Camp war (und ist) eine „invitation only“-Veranstaltung.
Um dieses „Manko“ auszubügeln, entstand schließlich gut 1 1/2 Jahre später die Idee zum Bar Camp, das ethymologisch wie konzeptionell in dieselbe Kerbe schlägt und als gänzlich offene Veranstaltung zum ersten Mal im August 2005 bei Socialtext in Palo Alto / Kalifornien über die Bühne ging.
Seitdem sprießen weltweit Camps zu allen möglichen Themen (TYPO3 – Twitter – Tomatensuppe) wie Pilze aus dem Boden, was natürlich wunderbar bzw. foondamental für den technisch-kulturellen Austausch ist. Pun intended – und: Wir sehen uns beim nächsten Camp!